Vignettenpflicht & Ausnahmen
Kommt zu Martini die Verkehrsentlastung für Kufstein ins Rollen?

Am 11. November soll der Budgetausschuss im Nationalrat über den VP-Antrag zur Mautausnahme für Kufstein und weitere Regionen entscheiden. | Foto: BB Archiv
  • Am 11. November soll der Budgetausschuss im Nationalrat über den VP-Antrag zur Mautausnahme für Kufstein und weitere Regionen entscheiden.
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Kufsteins Bürgermeister plädiert für eine rasche Entscheidung im Nationalrat; Transitforum-Vorstand um Fritz Gurgiser kritisiert Ministeriums- und VP-Pläne, bringt neuerlich eigene Vorschläge und fordert Nationalräte zum raschen Handeln vor dem Winter auf. SPÖ will Landeshauptleute entscheiden lassen, ob bestimmte Bundesstraßen vignettenpflichtig sein sollen. Grüne wollen "jetzt pragmatische Lösung" und später kilometerabhängige Maut statt Vignette.

BEZIRK KUFSTEIN (nos/red). Nachdem die ÖVP ihren Antrag zur Vignettenbefreiung im Parlament eingebracht hat, der neben der Region um Kufstein auch weitere Ausnahmefälle in Österreich umfasst, ist Verkehrsminister Reichhardt diesem mit einigen Vorschlägen entgegengetreten. Darin sieht Kufsteins Bürgermeister Martin Krumschnabel aber "eine erhebliche Gefahr, dass es gerade dadurch in absehbarer Zeit wiederum zu keiner Mautbefreiung kommen könnte", wie er in einer Presseausendung festhielt. Währenddessen pochen auch die VP-Landeshauptleute von Tirol, Vorarlberg und Salzburg, Günther Platter, Markus Wallner und Wilfried Haslauer, "auf die Umsetzung des im Nationalrat einbrachten Antrags der Volkspartei zur Mautbefreiung von Autobahnabschnitten in Kufstein, Bregenz und Salzburg". „Die Zeit, verschiedene Varianten zu beraten, ist vorbei. Wir brauchen keine Diskussionen mehr, sondern endlich eine Lösung“, zeigten sich die drei Landeshauptleute einig.
Am 11. November wird der Antrag auf Mautbefreiung im Budgetausschuss des Nationalrats behandelt. Ein Beschluss sei somit bereits bei der nächsten Parlamentssitzung am 13. und 14. November möglich, ein Inkrafttreten mit 15. Dezember, meint die VP.

„Unabhängig davon, wie sinnvoll solche Alternativvorschläge sein könnten, Tatsache ist, dass in den nächsten Jahren damit eine Mautbefreiung für Kufstein wieder in weiter Ferne wäre. Wichtig ist, dass insbesondere die ÖVP und die Grünen als möglichen Koalitionspartner jetzt bei ihren Zusicherungen bleiben und der Gesetzesvorschlag damit nicht verwässert wird. Jede andere Variante als im derzeitigen Gesetzesvorschlag führt unweigerlich dazu, dass die Angelegenheit wiederum auf die lange Bank geschoben wird!“

Martin Krumschnabel, Bürgermeister der Stadt Kufstein

"Kann ja jederzeit nachgebessert werden"

Für den Stadtchef ist es nicht zuvorderst wichtig, ob einer der Alternativvorschläge in Zukunft umgesetzt werden könne. Es gelte "im Hinblick auf die politischen Versprechen jetzt eine rasche Umsetzung schon im Plenum des Nationalrates am 13. November zu beschließen". Jahrelang habe der Bund Zeit gehabt, sich Alternativen einfallen zu lassen, um nicht wenige Tage vor einer Entscheidung neue Diskussionen aufkommen zu lassen, so Krumschnabel.

„Mein Gegenvorschlag wäre, dass man die Änderung für Kufstein und allenfalls auch andere Gemeinden jetzt rasch beschließt, sodass sie bereits im Dezember 2019 in Kraft treten können und dann eine politische Diskussion darüber führt, ob es allenfalls in Zukunft noch bessere Lösungen gibt. Es kann dann ja jederzeit das Bundesstraßenmautgesetz zugunsten einer vielleicht wirklich besseren Lösung abgeändert werden. Derzeit klingen die Vorschläge aber nach einer reinen Verzögerung, was Kufstein und seine Nachbargemeinden so nicht hinnehmen können.“

Für Kufsteins Bürgermeister stehe in diesen Tagen "die Glaubwürdigkeit der Politik einmal mehr auf dem Prüfstand". Die "Versprechungen aller Parteien könnten wieder daran scheitern, dass man im letzten Moment 'neue Lösunge'“ aus dem Hut zaubere und damit eine faktische Lösung wieder auf Jahre verhindere".

Krumschnabel fordert daher alle Parlamentsparteien auf, dem Gesetzesantrag der ÖVP zuzustimmen und sich bei Bedarf danach Gedanken über eine vielleicht noch bessere Lösung zu machen. Auch das "Transitforum Austria Tirol" (TfA) plädiert für rasches Handeln vor dem Winter.

Gurgiser: "Situation in Kufstein ist mit keinem anderen Grenzort in Österreich vergleichbar"

In einem Schreiben an alle Parlamentsklubs fordert der Vorstand des Transtiforum Austria (TfA) –  Fritz Gurgiser, Clemens Franceschinel, Sylvia Grünbichler und Hannes Oberhofer – eine rasche Ausnahme der Region um die Festungsstadt vom Bundesstraßen-Mautgesetz. Den Antrag der VP hält er für wenig zielführend bis rechtlich nicht haltbar, denn: "Da werden Straßen als Ausnahmen angeführt, die erst in Jahren gebaut werden sollen."

"Wir machen noch einmal den Vorschlag, Kufstein von der Vignettenpflicht auszunehmen, da die Ist-Situation um Kufstein mit keinem anderen Grenzeintritt oder –austritt in Österreich vergleichbar ist. Auch die Winter-Saison 2019/2020 steht unmittelbar vor der Tür", so Gurgiser gegenüber den BEZIRKSBLÄTTERN. "Wir verweisen aber auch darauf, dass es zusätzliche Maßnahmen braucht, wo es zwar keine Freude bei einer Minderheit geben wird, die aber in der Gesamtbetrachtung notwendig sind", so der Transitkritiker mit Blick auf die Schiliftbetreiber.

"Minimale Änderung" hätte für TfA schon Erfolg versprochen

Am 24. August 2019 sandte das TfA einen Vorschlag "aus unserer langjährigen Kenntnis der mittlerweile unzumutbaren und de facto gesetzwidrigen Ist-Situation“ an die im Parlament vertretenen Parteien, und forderte darin "mit einer verfassungsgemäßen Mehrheit eine in der Gesamtbetrachtung des Bundesstraßenmautgesetzes minimale Änderung vorzunehmen“. Diese hätte eine Ergänzung der Ausnahmen im § 10 des Bundesstraßenmautgesetzes vorgesehen, wo die Ausnahmen "von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut" aufgelistet sind. Das TfA wollte einen sechsten Punkt hinzugefügt sehen: "A12 Inntalautobahn Staatsgrenze Kufstein bis Ab- und Auffahrt Kufstein-Süd".

Die Ausnahmen von der Vignettenpflicht

  • 1. A 9 Pyhrn Autobahn in den Abschnitten zwischen der Anschlussstelle Spital/Pyhrn und derAnschlussstelle Ardning und zwischen der Anschlussstelle St. Michael und Anschlussstelle Übelbach 
  • 2. A 10 Tauern Autobahn im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle Flachau und derAnschlussstelle Rennweg 
  • 3. A 11 Karawanken Autobahn im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle St. Jakob im Rosental und der Staatsgrenze im Karawankentunnel,4. A 13 Brenner Autobahn (Anmerkung: Sondermaut für alle Kfz) 
  • 5. S 16 Arlberg Schnellstraße im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle St. Anton und derAnschlussstelle Langen 

Gurgiser zum VP-Antrag

Aktuell liege ein Antrag der Abgeordneten Hermann Gahr, Karlheinz Kopf, Peter Haubner, Mag. Michael Hammer, Kolleginnen und Kollegen vor – 7/A vom 23.10.2019 (XXVII.GP) – der mit einer Reihe zusätzlicher Ausnahmen „gespickt“ sei, so Gurgiser für das TfA. Die Tiroler Transtitgegner meinen die zusätzlichen Ausnahmen zielen im Kern auf eines ab: Den Umstieg von der Vignette zur flächendeckenden kilometerabhängigen Maut für bisher vignettenpflichtige Fahrzeuge.

"Mit der von uns geforderten Entlastung für Kufstein hat dieser Antrag nichts zu tun, er wurde aus politischen Gründen um zusätzliche Wünsche nach Ausnahmen von Mautstrecken an der A1 Westautobahn, der A7 Mühlkreisautobahn, der A14 Rheintal/Walgau-Autobahn und der A 26 Linzer Autobahn, deren voraussichtliche Fertigstellung 2031 erfolgen soll, ergänzt."

Transitforum Austria Tirol

"Es geht uns in Kufstein keinesfalls um einen Wunsch – wir engagieren uns für jede idente Situation im gesamten Bundesgebiet gleich. Es geht darum, dass nationale und internationale Schutznormen umgesetzt anstatt gebrochen werden – die StVO, Alpenkonvention und andere", so das Transitforum im Schreiben an die Parlament-Klubs.
"Weil nun die Wintersaison 2019/2020 unmittelbar bevor steht" fordert das TfA die Parlamentarier auf "in der nächsten Plenarsitzung die Ausnahmeregelung in Kufstein zu realisieren", auch wenn dies "nur ein Teil eines Gesamtpaketes sein kann".

Der Mautentfall der "Asfinag" in Höhe von angenommenen 7 Millionen Euro sei für das TfA "angesichts eines Konzernüberschusses von 824 Millionen Euro im Jahr 2018 zu verschmerzen und dem volkswirtschaftlichen Nutzen gegenüberzustellen". Das TfA hielt zudem fest: Maut- oder Vignetteneinnahmen dürfen niemals höher bewertet werden als gesetzliche Verpflichtungen und völkerrechtliche Verträge.

SPÖ-NAbg. Yildirim: „Ausweichverkehr mittels Maut einbremsen“

Die SPÖ wolle sich für einen neuerliche Antrag im Nationalrat einsetzen, "der Umgehungsverkehr verhindert". Der SPÖ-Antrag sieht vor, dass Landeshauptleuten die Möglichkeit gegeben wird, auf Umgehungsstraßen Maut einzuheben. Es würden also niederrangige Straßenabschnitte mit besonderen Verkehrssituation in das Bundesstraßenmautgesetzt einbezogen. Die Abwicklung würde die Asfinag übernehmen.

„Ausnahmeregelungen von der Vignettenpflicht sind immer ein Flickwerk. Es wäre auch aus Klima- und Umweltschutzgründen ein eigenartiges Signal, Verkehr von der Gebühr auszunehmen. Es gibt hier bessere Möglichkeiten“, ist Yildirim überzeugt und meint, dass die Vignette bei zu vielen Ausnahmeregelungen wohl auch teurer werden müsste, da für die "Asfinag" Einnahmenausfälle entstehen. Das sei ein Nachteil, der insbesondere auch die Einheimischen treffen würde.

Grüne: "Lassen Kufsteiner nicht im Stich!"

„Wir lassen die Kufsteiner*innen nicht im Stich und wollen eine rasche Lösung. Mit einer Vignettenbefreiung im Bundesstraßenmautgesetz bis Kufstein Süd kann der Nationalrat rasch Abhilfe schaffen“, sagt die Tiroler Grünen-Abgeordnete Barbara Neßler.

„Vor lauter guten Vorschlägen von SPÖ und FPÖ vergisst man die belastete Bevölkerung entlang der Ausweichrouten. Die Versprechungen haben seit 2013 keine praktikable Lösung hervorgebracht. Wir werden uns dafür einsetzen, dass es zu einer temporären Befreiung kommt. Berechtige Zweifel zum eingebrachten ÖVP Antrag gibt zu den vorgeschlagenen Abschnitten in Salzburg und Oberösterreich. Auf Ebene der Klubobleute gibt es dazu noch Verhandlungen. Der Antrag sollte am 11.11. im Budgetausschuss behandelt werden“

Hermann Weratschnig, NAbg der Grünen

Längerfristig brauche es, so die Grünen, einen fahrleistungsabhängigen Beitrag von Allen statt einer Autobahnvignette mit zahlreichen Ausnahmen, die Vignette habe die falsche Lenkungswirkung, der Ausweichverkehr in den Dörfern nichts verloren. Die notwendigen Mittel zum Straßenerhalt wollen die Grünen in der Mineralölsteuer eingepreist sehen, dann "können wir mit guten Gründen auf die österreichweite Vignette zukünftig verzichten", so Neßler gegenüber den BEZIRKSBLÄTTERN.
„Es kann nicht sein, dass unsere Bevölkerung unter dem Verkehr leidet, aber gleichzeitig muss sie auch noch die Kosten dafür tragen. Jetzt brauchen wir eine pragmatische Lösung“, so Neßler. Sie spielt damit auch die hohen Kosten für den Verkehrserhalt an und spricht sich für eine Vignettenbefreiung aus.

Tiroler Neos fordern "gebetsmühlenartig" Änderungen

"Immer wenn Wahlen anstehen, bewegen sich die Parteien, nach den Wahlen sieht es meistens anders aus. Offensichtlich nun auch bei der viel diskutierten Mautbefreiung in Kufstein", meinen die Tiroler Neos. "Gebetsmühlenartig" fordert deren Verkehrssprecher Andreas Leitgeb nach wie vor, die Mautordnung entweder anzupassen und die Strecke bis Kufstein-Süd von der Ersatzmaut zu befreien oder aber besser noch, eine Flexibilisierung der Vignette durch Einführung einer Tagesvignette anzustreben. "Selbstverständlich erkennen wir die Besonderheit um die Grenzregion Kufstein und das Unterland, aber der Ausweichverkehr wegen einer fehlenden Tagesvignette hat mittlerweile sämtliche PKW Transitrouten in Tirol erreicht", so Leitgeb.

Um Umgehungs-Verkehre von PKWs nicht nur in Kufstein, sondern an mehreren Hotspots in Tirol zu verringern brauche es mehrere Maßnahmen: Eine Tagesvignette, ein gutes Baustellenmanagement und die Beendigung der gesetzwidrigen Binnen-Grenzkontrollen an den Tiroler Grenzen. Nur dann sei der Anreiz für Pkw-Lenker gegeben, Autobahnen zu nutzen.
Eine Tagesvignette, die nun sogar erstmals vom Verkehrsminister mit  einem Preis beziffert wurde, würde auch weitere Regionen entlasten wie zB das Stadtgebiet Landeck vom Ausweichverkehr durch den Landecker Tunnel, das Mieminger Plateau bis Telfs vom Ausweichverkehr der Fernpassstrecke, Zirl und das westliche Mittelgebirge sowie Innsbruck vom Ausweichverkehr, der von Deutschland über den Zirlerberg kommt und zu guter Letzt die Brennerbundesstrasse bei der die Brennermaut wegen der nachfolgenden Zehn-Tages-Vignette gespart wird.

"Seit November 2013 hat es immer wieder vollmundige Ankündigungen zur Mautbefreiung gegeben, auf die Umsetzung warten die Tirolerinnen und Tiroler heute noch", schließt LA Andreas Leitgeb. Nachsatz: "Die NEOS werden dem Antrag der ÖVP im Nationalrat zur Mautbefreiung zustimmen."

Alle Beiträge zum Thema Verkehrsbehinderung in Tirol finden Sie hier.
Alle Beiträge zum Thema Grenzkontrollen in Tirol finden Sie hier.
Alle Beiträge zum Thema Vignettenkontrolle in Tirol finden Sie hier.

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