Gerhard Zeiler bei Medienenquete: "Journalisten haben Auftrag, unbequem zu sein"
Medienminister Gernot Blümel eröffnete am Donnerstag die Medienenquete. Zu dem Arbeitstreffen lud er Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner, Medienmanager Gerhard Zeiler sowie EU-Kommissarin Vera Jourova ein.
ÖSTERREICH. Medienminister Gernot Blümel, Jahrgang 1981, kennt noch den analogen Medienkonsum: Verpasste seine Mutter die Aufzeichnung seiner Lieblings-TV-Serie, freute er sich am nächsten Tag in die Schule, um von seinen Schulkameraden zu erfahren, was in der Folge passierte. Im Jahre 2018 hätte er dieses Problem dank Netflix und Co. nicht. Dafür haben die klassischen Medien heute ein großes Problem, dem auch die derzeitige Medienpolitik nicht Herr wird. Das will Blümel ändern und sein erster Schritt ist die Medienenquete, ein Arbeitstreffen bei dem ab Donnerstag Medienmanager, Politiker und Wissenschafter Lösungen diskutieren.
Es geht um mehr als den ORF
Doch im Vorfeld der Medienenquete war vor allem der gebührenfinanzierte ORF im Gespräch. Blümel stellt in seiner Eröffnungsrede Donnerstagmorgen im Museumsquartier klar, es gehe nicht nur um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern um mehr. Etwa darum, wie zu gewährleisten ist, dass es in zehn, fünfzehn Jahren überhaupt noch relevante österreichische Medien und eine duale pluralistische Medienwelt gibt.
"Es braucht neue Allianzen"
Google, Facebook und Co. seien global orientert, unterlägen kaum Regulierungen und hätten so gut wie kaum Ausgaben für teure Redaktionen. Gleichzeitig haben diese Plattformen mit Marktanteilen von 90 bis 99 Prozent eine Monopolstellung, wie Mathias Döpfner betont. "Wir brauchen ein neues Miteinander, neue Allianzen", so Blümel, der für die Enquete sechs Schwerpunktthemen vorsieht: Die Rolle Europas als Medienstandort, Wettbewerb und neue Allianzen, Public Value, Finanzierung und Förderung, Demokratie und Digitalisierung, österreichische Identität.
Debatte um ORF-Gebühren
Für Gerhard Zeiler, derzeit bei Turner International, besteht der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender in erster Linie darin, journalistisch unbequem gegenüber der Regierung wie auch der Opposition zu sein. Dazu brauche es Mut der Journalisten, aber auch Mut des Managements. Die Gebührenfinanzierung stehe für ihn außer Diskussion. Eine Budgetfinanzierung würde die Erfüllung des Auftrags gefährden, so der ehemalige ORF-Intendant. Die Mehrheit der Schweizer hat vor einigen Monaten bei einer Volksabstimmung für die Gebührenfinanzierung der Öffentlich-rechtlichen gestimmt. Bei der BBC habe auch niemand Angst vor einer Volksabstimmung, ist Zeiler überzeugt.
Lobbying für Leistungsschutzrecht
Was die Zeitungswelt angeht, wünscht sich Döpfner ein Leistungsschutzrecht nach deutschem Vorbild auf EU-Ebene. Das deutsche Leistungsschutzrecht wird allerdings aufgrund der Marktmacht von Google ausgehebelt und ist, wie Döpfner einräumt, totes Recht. Er sei jedoch überzeugt, dass es auf EU-Ebene Wirkung haben wird. Laut der deutschen Wochenzeitung Die Zeit kommt jedoch eine von der EU-Kommission beauftragte und bislang nicht veröffentlichte Studie zu dem Ergebnis, dass das Leistungsschutzrecht wirkungslos bis kontraproduktiv sei.
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