Caritas Notschlafstelle "Haus Franziskus"
"Die Obdachlosigkeit kann wirklich jeden treffen"

Teamkoordinatorin Elisabeth Pirker von der Caritas Notschlafstelle "Haus Franziskus" in Leoben-Lerchenfeld. | Foto: Riegler
  • Teamkoordinatorin Elisabeth Pirker von der Caritas Notschlafstelle "Haus Franziskus" in Leoben-Lerchenfeld.
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Die Caritas Notschlafstelle "Haus Franziskus" leistet nicht nur Nothilfe, sie eröffnet auch Perspektiven.

LEOBEN. Wenn es draußen finster und kalt, oftmals windig, regnerisch und einfach ungemütlich ist, ist das für viele Menschen der Anlass dafür, es sich in den eigenen vier Wänden umso gemütlicher zu machen. Mit einer Tasse Tee auf dem Sofa, eingekuschelt in eine warme Decke. Was für die meisten in der kalten Jahreszeit selbstverständlich ist, ist ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann. Auch nicht in unserer Region, wo es viele Menschen gibt, die kein Dach über dem Kopf haben. Und das in einem größeren Ausmaß, als man vielleicht vermuten mag: „Die Notwendigkeit einer Notschlafstelle in der Region Leoben ist auf jeden Fall gegeben“, berichtet Elisabeth Pirker. Sie ist die Teamkoordinatorin der Caritas Notschlafstelle „Haus Franziskus“, die in der Pfarre Leoben-Lerchenfeld angesiedelt ist. Insgesamt 1.739 Nächtigungen wurden dort im Vorjahr verzeichnet. Warum dieser Bedarf so erstmal nicht sichtbar ist? „Dieses typische Bild eines Obdachlosen stimmt nur zu einem kleinen Teil. Sehr viele legen Wert auf ihr Äußeres. Man sieht ihnen nicht an, dass sie obdachlos sind", erklärt Pirker. So seien in der Vergangenheit auch schon Montanuni-Studierende auf die Hilfe der Notschlafstelle angewiesen gewesen.

Anstieg durch Covid-19

„Es kann sehr schnell abwärts gehen. Und es kann wirklich jeden treffen“, betont sie. Das habe auch die Corona-Pandemie bewiesen: „Gerade zu Beginn der Pandemie sind die Zahlen spürbar gestiegen. Unter anderem durch die Schließung der Gastronomie – denn sie ist nicht nur Arbeit-, sondern auch Wohnungsgeber. Mit dem Jobverlust haben viele auch ihre Wohnung verloren“, berichtet Pirker. Ein Dach über dem Kopf sowie die Möglichkeit, sich zu duschen, Wäsche zu waschen, einfache Verpflegung und Unterstützung bei der Planung der nächsten Lebensschritte finden Betroffene in der Notschlafstelle Leoben – egal ob Männer, Frauen oder Familien. Grundsätzlich ist die Zeit auf 30 Nächtigungen begrenzt, je nach Betreuungsbedarf kann es aber auch länger sein. "Weggeschickt wird bei uns niemand, ohne dass wir eine Alternative anbieten können", betont die Teamkoordinatorin.

Perspektiven geben

Wichtig ist es Elisabeth Pirker außerdem, zu betonen, dass niemand verurteilt wird: "Bei uns stellt sich die Schuldfrage nicht, warum man in dieser Notsituation gelandet ist – großteils stecken schwere Schicksalsschläge dahinter. Wichtig ist es, aus den Fehlern zu lernen, die Opferrolle zu verlassen und die Zukunft zu planen."
Aus diesem Grund wird im "Haus Franziskus" auch nicht nur Nothilfe geleistet, sondern werden den Menschen auch Perspektiven eröffnet – zum Beispiel durch Unterstützung beim Schreiben von Bewerbungen und auch noch bei einer Nachbetreuung auf freiwilliger Basis. So komme ein ehemaliger Bewohner nach wie vor ein- bis zweimal im Monat vorbei, um seine Wäsche zu waschen, ein anderer suche immer einmal wieder Unterstützung bei der Erledigung von Formalitäten.

Zivilcourage beweisen

Um diese umfassende Nothilfe anbieten zu können, ist das "Haus Franziskus" auf Spenden angewiesen: „Eine Firma will in diesem Jahr das Budget, das für die Weihnachtsfeier eingeplant war, an uns spenden. Das ist natürlich eine große Hilfe und freut uns besonders.“ Aber nicht nur finanzielle Unterstützung ist gefragt. Auch mit freiwilliger Mitarbeit, Sach- und Kleiderspenden – am besten abgegeben im Carla Shop in der Innenstadt – oder der Spende von haltbaren Lebensmitteln ist dem "Haus Franziskus" sehr geholfen. Und eine weitere Unterstützung würde sich Elisabeth Pirker wünschen: „Zivilcourage beweisen und dort hinschauen, wo man glaubt, dass es Not gibt. Nach dem Motto: Ich kenne dich nicht, aber du bist mir wichtig.“


Im Jahr 2019 gab es in der Caritas Notschlafstelle "Haus Franziskus" in der Karrergasse 10 in Leoben (Pfarre Lerchenfeld) 1.739 Nächtigungen. Davon waren 76,6 Prozent Männer, 20,6 Prozent Frauen und 2,8 Prozent Kinder. Pro Person sind es im Durchschnitt 23,8 Nächtigungen.
Bis zu 15 Menschen, egal ob Männer, Frauen oder Familien – finden im Haus Franziskus Platz (coronabedingt aktuell weniger)
Die Öffnungszeiten des Haus Franziskus sind während der Wintermonate Oktober bis Ende März von 18 Uhr bis 8 Uhr. In der warmen Jahreszeit von April bis September ist die Notschlafstelle von 19 Uhr bis 8 Uhr geöffnet.
An zwei Vormittagen ist das Haus Franziskus von 8 bis 11 Uhr geöffnet, um Hilfe und Unterstützung – zum Beispiel bei Behördenkontakten oder Sozialberatung – anbieten zu können.

Kontakt
Teamkoordinatorin Elisabeth Pirker
Tel.Nr.: 0676/88015 455
E-Mail: e.pirker@caritas-steiermark.at

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