Ein Rennen für die Härtesten unter der Sonne

Der 34-jährige Grazer Severin Zotter war Vorjahressieger des Race Across America. | Foto: KK/Königshofer, Luttenberger
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  • Der 34-jährige Grazer Severin Zotter war Vorjahressieger des Race Across America.
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LEOBEN. 4.800 Kilometer Strecke, 52.000 Meter Höhenunterschied, ein Zeitlimit von nur zwölf Tagen - das Race Across America (RAAM) trägt nicht umsonst den Titel "härtestes Radrennen der Welt". Wo so manchem Couch-Potatoe schon beim Lesen dieser Zahlen das kalte Grausen über den Rücken läuft, fängt für den Grazer Severin Zotter die Herausforderung erst an. Immerhin hat der 34-Jährige die Mördertour im Vorjahr gewonnen - Zeit: Acht Tage, acht Stunden, siebzehn Minuten!

Zwölf Mal Graz-Wien-Graz

Aktuell ist Zotter mit einer Vortragstour über diese gigantische sportliche Leistung in Österreich unterwegs, Leoben war dabei die erste Station. "Die Strecke von der West- bis zur Ostküste entspricht in etwa zwölf Mal der Strecke Graz-Wien-Graz", erzählt Zotter. "Es beginnt mit dem Anstieg in die Rocky Mountains, dann folgt eine Etappe durch die Wüste bei 45 Grad. Insgesamt geht's durch zwölf Bundesstaaten. Die Ausfallsquote beträgt rund 50 Prozent."

Faszinierendes Radfahren

Es ist die Faszination des Radfahrens, der Genuß der vorbeiziehenden Landschaft und das Gefühl von Freiheit, das Zotter an seinem Sport anzieht. "Am Rad bin ich schon früh gesessen, in meiner Jugend war die Sportart meiner Wahl aber eher Tennis", erinnert sich der Top-Athlet. "Mit 18 wurde ich Fahrradkurier in Graz, 2003 belegte ich den 3. Platz bei meinem ersten Rennen."
Mit der Zeit wurden die Rennen länger, die Herausforderungen größer, schließlich folgte die Qualifikation für's RAAM. "Anfangs schien mir dieses Rennen immer zu groß. Das benötigte Budget von bis zu 40.000 Euro, die körperliche, organisatorische und mentale Vorbereitung kamen mir einfach zu viel vor", gibt der Sportler freimütig zu.

Vorbereitung ist alles!

Die Vorbereitung alleine macht 80 Prozent des Erfolgs aus, das Rennen selber nur mehr 20, befindet der Grazer. Ein zentraler Punkt war das Training: Sechs Mal die Woche hieß es am Rad sitzen, durchschnittlich 20 Stunden pro Woche. Auch seinen Job als Fahrradbote nahm Zotter wieder auf, der inzwischen eigentlich als Streetworker mit Drogenabhängigen zusammenarbeitet.
"Als es dann endlich losging, war meine Priorität in erster Linie der Spaß, der Sieg spielte eigentlich wenig Rolle. Ich sagte mir, 'Jetzt kommt der Teil den du kannst, nämlich Radfahren!'", meint Zotter. "Natürlich versucht man sich im Vorfeld bestens auf alles Vorzubereiten, aber während des Rennens muss man auch immer viel improvisieren."

An die Grenzen gebracht

Das RAAM verlangt dem Körper alles ab, auch das musste der Steirer erleben: Wundgeschundene Haut, Zahnschmerzen, die Hitze, die Aufnahme von quasi rein flüssiger Nahrung, gegen Ende des Rennens leichte Halluzinationen aufgrund des Schlafentzugs - das Rennen verlangt dem Körper nicht einiges, sondern alles ab. Und doch ist Zotter überzeugt: "Man kann auch beim härtesten Radrennen der Welt Spaß haben!"
Für die Freunde der Zahlen: In acht Tagen gönnte sich der Sportler gerade einmal acht Stunden Schlaf, fuhr durchschnittlich eine Geschwindigkeit von 24,14 km/h, erbrachte eine Leistung von 125 kW, trank etwa 16-20 Liter Flüssigkeit pro Tag und nahm in 24 Stunden bis zu 9000 Kalorien zu sich.

Die wichtigste Zahl

Doch die schönste Zahl ist diese: 30.000. Nämlich Euro. So viel hat Zotter mit seiner Aktion für syrische Flüchtlingskinder gesammelt. "Das gab mir das Gefühl, dass es beim Rennen um etwas größeres geht, als nur um die sportliche Leistung", sagt Zotter.
In den nächsten beiden Jahren hat der Grazer, der im April Vater wird, keine weitere Teilnahme geplant. Was danach kommt, das wisse er auch jetzt noch nicht, sagt er.
Simon Pirouc

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