"Wo sind all die Ärzte hin?"

Dr. Martin Hasibeter ist langjähriger Spitalsarzt. Heute betreibt er als "Niedergelassener" eine Praxis in Irdning.
  • Dr. Martin Hasibeter ist langjähriger Spitalsarzt. Heute betreibt er als "Niedergelassener" eine Praxis in Irdning.
  • hochgeladen von Markus Weilbuchner

(mw) Immer öfter wird in den Medien über die Probleme beim Nachbesetzen von in Rente gehenden Ärzten in den ländlichen Regionen Österreichs berichtet. Dabei lassen sich an heimischen Fakultäten dieser Tage mehr Mediziner ausbilden als je zuvor. Woran liegt also die vielzitierte "Landflucht" der Praktiker? Dr. Martin Hasibeter versucht eine Erklärung.
Martin Hasibeter: Noch ist der Bezirk Liezen ausreichend "besetzt"... Aber für die Zukunft sehe ich auch hier größer werdende weiße Flecken auf der Karte. Gegenden mit sinkender Bevölkerung werden sich in Zukunft schwer tun, einen niedergelassenen Arzt nachzubesetzen; selbst in Zuzugs-Gemeinden wird es schwieriger werden, jemanden "herzubekommen".
Simpel gefragt... Warum ist das so?
Hasibeter: Weil es für einen praktischen Arzt immer schwerer wird, wirtschaftlich zu überleben. In Regionen mit kleinem Einzugsgebiet natürlich noch einmal schwieriger...
Verdient ein Allgemeinmediziner so wenig?
Hasibeter: Gerade als "Anfänger" ist man absolut von Patientenzahlen abhängig. Als Partner der Krankenkasse gibt es rund 17 Euro brutto pro E-Card-Verwendung - und das für die Erstbehandlung im Quartal, danach sinkt der Tarif auf ein Viertel. Man kann sich vorstellen, dass das finanziell schwierig sein kann, wenn man neu ist, und natürlich wenn man in einem dünn besiedelten Gebiet ordiniert.
Werden junge "Praktiker" denn nicht gefördert?
Hasibeter: Es gibt einen Ärztekammer-Kredit - ja. Aber der reicht bestenfalls für die absolute Basiseinrichtung einer Praxis. Wer nicht das Glück hat, bestehende Räumlichkeiten übernehmen zu können, der muss bauen oder mieten. Und wer traut sich das am Anfang der Karriere schon? Auf jeden Fall kommen auf Anfänger große Investitionen zu - das trauen sich schlichtweg nicht viele. Schon gar nicht in Gebieten mit "wenigen E-Cards".
Man hört immer wieder, dass junge Ärzte Österreich gänzlich verlassen, um im Ausland zu arbeiten. Hängt das mit dieser Situation zusammen?
Hasibeter: Teils, teils. In Deutschland oder Skandinavien hat man schon vor Jahren das Dienstrecht - vor allem für Spitalsärzte - reformiert. Das passiert bei uns erst in diesen Tagen. Was aber ausschlaggebend für die Abwanderung sein dürfte, ist die Ausbildungssituation in Österreich. Wer hierzulande Facharzt werden will, muss manchmal jahrelang auf einen Ausbildungsplatz warten. Jenseits der Grenzen geht das ungleich schneller.
Gibt es Auswege aus der aktuellen Situation?
Hasibeter: Die "E-Card-Tarife" müssten an die jeweilige Situation angepasst werden, bessere "Neustart-Förderungen" müssten eingerichtet werden und die Voraussetzungen für den Betrieb von Hausapotheken sollten vereinfacht werden.

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