Corona-Virus und Umwelt
Jede Krise bietet auch eine Chance

Auch wenn die Menschheit gerade gegen das Corona-Virus kämpft, profitieren Tiere und Umwelt vom derzeitigen Stillstand. | Foto: meinbezirk/Ameringer
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  • Auch wenn die Menschheit gerade gegen das Corona-Virus kämpft, profitieren Tiere und Umwelt vom derzeitigen Stillstand.
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Die Natur reguliert sich selbst: Andreas Pircher von den Österreichischen Bundesforsten beleuchtet die positiven Folgen für die Natur.

Durch ein regionales Netz der verschiedenen Interessengruppen sollen den Naturnutzern Informationen und Empfehlungen für die Freizeitplanung zur Verfügung gestellt werden. Solches Wissen können sowohl theoretische Grundlagen wie die Abklärung von Unklarheiten über die rechtliche Situation im Freizeitsektor als auch faktische Grundlagen (zum Beispiel die generelle Erhebung sensibler Lebensräume) sein.

Gemeinsam soll erhoben werden, wo lokal Konflikte zwischen verschiedenen Interessengruppen aller Art bestehen oder entstehen könnten, welche Interessengruppen für gemeinsame Aktionen unerlässlich sind, wie Grundlagen erhoben werden können, die von allen akzeptiert werden und letztendlich, welche Maßnahmen gemeinsam eingeleitet werden können. Insbesondere unwissende Naturnutzer und „Mitläufer“ sollen angesprochen werden. Dabei soll nicht mit Verboten gearbeitet, sondern Verständnis geschaffen und Kompetenz vermittelt werden.
Das Projekt „Regional.Netz.Natur“ ist aus einer Initiative der steirischen Jägerschaft hervorgegangen.

Derzeit dürfen Österreicher nur zum Arbeiten, Einkaufen, für Erledigungen für Ältere oder Menschen mit Vorerkrankungen und für Spaziergänge alleine oder mit Mitbewohnern hinaus. Wie wirkt sich diese „Regulierung" auf die Wälder bzw. Natur aus?
ANDREAS PIRCHER: Nach dem heurigen eher milden Winter waren die Wälder deutlich weniger von Schneedruckschäden und Windwürfen im Ennstal sowie im Salzkammergut betroffen. Die Wildtiere sind auch leichter durch den Winter gekommen, da natürliche Nahrung besser verfügbar war. Mit Mitte März ändert sich der Stoffwechsel bei vielen Wildtieren, er geht von Sparmodus auf „Normalmodus“ über. Gerade jetzt ist es notwendig, dass die Tiere ungestört fressen können, ansonsten kommt es zu hohen Ausfällen, im Speziellen beim Gamswild. Hier hilft diese von Ihnen angesprochene „Regulierung“ den Wildtieren, da sich die Leute eher im eigenen Garten aufhalten. Spaziergänge auf ausgewiesenen Wanderwegen führen zu geringen Problemen, da sich das Wild auf diese vorhersehbaren Besucher leichter einstellen kann.

Hat die Natur diese Phase auch einmal gebraucht?
Eine Epidemie diesen Grades wünscht sich keiner, aber es sind eben biologische Kreisläufe. Vielleicht denken die Leute nach dieser Epidemie wieder vermehrt an den Lebensraum und wie man ihn schützen und nützen kann. Für den Klimawandel ist die Einstellung des Flugverkehrs und Teilen des Individualverkehrs sicher positiv zu sehen. So erreichen wir die uns selbst gesetzten Klimaziele leichter.

Nehmen Sie noch Tourenskigeher wahr?
Das schöne Wetter (in der vergangenen Woche, Anm.) und die nun zur Verfügung stehende Zeit locken immer wieder Tourengeher ins freie Gelände. So lange sie sich auf den freigegebenen Routen halten, ist es kein Problem für die Wildtiere. Befahren von Kulturflächen unter drei Metern Höhe ist laut Forstgesetz verboten, dies sollte unbedingt eingehalten werden, denn nur so werden unsere Wälder wieder fit, um uns vor Muren und Lawinen zu schützen. Wie es im Falle eines Unfalles aussieht, ist natürlich eine andere Frage. Jeder sollte in Zeiten wie diesen seine Unfallrisiken minimieren. Der Alpenverein und die Bergrettung haben ja bereits zum Verzicht auf Skitouren und Wanderungen aufgerufen.

Falls die Ausgangsbeschränkungen länger dauern sollten – sagen wir Herbst – wären dann langfristige Veränderungen spürbar?
Die Wildtiere lernen schnell dazu, es wird sich deren Sichtbarkeit – zumindest in abgelegenen Gebieten – erhöhen. Speziell eine Stunde vor Sonnenuntergang sowie eine Stunde nach Sonnenaufgang sind die höchsten Aktivitätsraten sowie erhöhte Nahrungsaufnahmen bei unseren heimischen Wildtieren zu verzeichnen. Diese Zeit der Nahrungsaufnahme kann nun – ohne Störungen – intensiver und länger genutzt werden. Längere Nahrungsaufnahme auf offenen Flächen wie Wiesen oder Almflächen führen zu verringertem Verbissdruck in den Waldflächen. Dies fördert wiederum die Artenvielfalt sowie das Aufkommen von Mischbaumarten wie Tanne, Ahorn und Buche, die wieder klimafitter sind.

Sie sind Projektleiter für das Besucherlenkungsprojekt "Regional - Netz - Natur". Was kann man sich darunter vorstellen?
Landflächen sind nicht erweiterbar. Die vielen unterschiedlichen Landnutzungsformen steigen teilweise massiv an. Pflanzen, Wildtiere, Lebensräume und die vom Menschen gesuchte „Natur“ unterliegen damit einem steigenden Druck. Verschiedene Interessengruppen beanspruchen ein- und denselben Raum und treten auch teilweise in Konkurrenz miteinander. Die Motive der einzelnen Gruppen erscheinen vorerst unterschiedlich. Das Anliegen aller ist zusätzlich, neben den diversen Landnutzungen auch unbeeinträchtigte Lebensräume und einen Platz für Wildtiere zu erhalten.
Die Herausforderung wird in Zukunft weiter steigen. Klimaerwärmung, steigende Attraktion der Naherholungsgebiete in den Alpen und neue Trends wie E-Biking sind in ihren Auswirkungen derzeit noch kaum abschätzbar. Daher ist ein gemeinsames Planen und Gestalten der künftigen Lebensraumnutzungen bereits jetzt dringend notwendig.

Was ist das Ziel des Projektes?

Wir wollen mit dem Projekt ein offenes Netzwerk mit allen betroffenen Interessengruppen schaffen, in dem wir die vielen Herausforderungen, Ideen, Ängste und Ziele auf Basis von Zahlen, Daten und Fakten diskutieren, Lösungsansätze suchen und auch gemeinsam Maßnahmen setzen können. Dieses Netzwerk versteht sich als Überbau über die Kleinregionen in den beiden Bezirken Gröbming und Liezen. Die Kleinregionen können über dieses Netzwerk mit den anderen Regionen in Austausch treten, Informationen und Daten-Grundlagen für Projekte beziehen und auch Hilfestellung bei der Durchführung von Managementmaßnahmen erhalten.

Auch wenn die Menschheit gerade gegen das Corona-Virus kämpft, profitieren Tiere und Umwelt vom derzeitigen Stillstand. | Foto: meinbezirk/Ameringer
Andreas Pircher ist Revierleiter im Kemetgebirge. | Foto: www.wildfoto.at
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