Wirtschaftskammer
Rezessions-Gefahr im Ennstal/Salzkammergut nimmt zu

Christian Hollinger, Regionalstellenleiter, und Egon Hierzegger, Regionalstellenobmann WKO Ennstal-Salzkammergut | Foto: Steinfisch
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  • Christian Hollinger, Regionalstellenleiter, und Egon Hierzegger, Regionalstellenobmann WKO Ennstal-Salzkammergut
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Der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Folgen haben massive Auswirkungen auf die heimische Konjunktur. Im aktuellen Wirtschaftsbarometer der WKO Steiermark befindet sich der Erwartungssaldo beim allgemeinen Wirtschaftsklima (-82,7 Prozentpunkte) deutlich im Minus.

BEZIRK LIEZEN. „Die Gefahr einer Rezession ist nicht mehr von der Hand zu weisen“, warnt Regionalstellenobmann Egon Hierzegger. Er fordert von der Politik endlich „Taten statt Worte“, vor allem, was die Eindämmung der horrenden Energiepreise betrifft. Diese werden von 92,5 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer in Liezen als größte Herausforderung für 2023 genannt, dicht gefolgt vom Arbeits- und Fachkräftemangel (88 Prozent).

Große Herausforderungen

„Wir stehen vor enormen Herausforderungen, für die es endlich praktikable Lösungsansätze braucht. Denn nicht alle Probleme sind auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen, wir müssen endlich auch im Land selbst unsere Hausaufgaben erledigen“, betont Regionalstellenleiter Christian Hollinger.

Fast schon ein Jahr tobt der Ukraine-Krieg. Folge davon ist nicht nur (un)menschliches Leid, sondern sind auch massive Teuerungen, ausgelöst durch horrende Energiepreise. Diese haben auch die Stimmung in der steirischen Wirtschaft massiv getrübt, wie die Einschätzung des allgemeinen Wirtschaftsklimas im neuen Wirtschaftsbarometer zeigt.
755 Unternehmen haben steiermarkweit an der großen Konjunkturumfrage der WKO Steiermark teilgenommen: In Liezen erwarten 86,8 Prozent, dass sich das Wirtschaftsklima in den kommenden zwölf Monaten verschlechtern wird, nur 4,1 Prozent rechnen mit einer Verbesserung. Das ergibt unterm Strich einen negativen Erwartungssaldo von -82,7 Prozentpunkten.

Zumindest etwas besser – in Relation zum allgemeinen Wirtschaftsklima – wird die Entwicklung des eigenen Unternehmens bewertet. Fast alle Salden – mit Ausnahme der Investitionen – befinden sich hier bei den Ist-Werten noch im Plus, wenngleich mit getrübten Aussichten.
Das Konjunkturprofil im Detail: Gesamtumsatz +43,8 Prozentpunkte, Auftragslage +15,0 Prozentpunkte, Preisniveau +91,2 Prozentpunkte, Investitionen -15 Prozentpunkte und Beschäftigung +31,4 Prozentpunkte.

Energiepreise sollen gesenkt werden

Bei den Erwartungen kippen aber auch hier die Saldenwerte – mit Ausnahme des Preisniveaus (+89,1 Prozentpunkte) und des Umsatzes (+17,2 Prozentpunkte) – überwiegend ins Negative. So sinkt der Wert für die künftige Entwicklung der Auftragslage auf -37,2 Prozentpunkte, jener der Investitionen auf -24,9 Prozentpunkte und jener der Beschäftigung auf -0,9 Prozentpunkte.

Angesichts steigender Kosten sind die Aussichten für die Zukunft getrübt.  | Foto: Pixabay
  • Angesichts steigender Kosten sind die Aussichten für die Zukunft getrübt.
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„Die Situation ist ernst, die Herausforderungen groß. Diese dürfen von der Politik nicht länger nur verwaltet werden. Es braucht endlich entschiedene Taten, vor allem zur Senkung der horrenden Energiepreise“, betont Regionalstellenobmann Egon Hierzegger. Konkret fordert er die Einführung eines Strom-Gewerbetarifs für Klein- und Mittelbetriebe, der – wie in Salzburg – mit 15 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt ist, darüber hinaus müsse der Energiekostenzuschuss bis Ende 2023 verlängert werden. Zusätzlich brauche es eine Strom- und Gaspreisbremse, „idealerweise auf europäischer Ebene und wenn das nicht möglich ist, auf Österreich-Ebene“, so Regionalstellenobmann Hierzegger, der auch ein verstärktes Augenmerk auf die Sicherung der Energieversorgung im Land einfordert.

„Wer den Klimaschutz ernstnimmt, muss den Ausbau sauberer Energien unterstützen. Derzeit sehen wir uns hier aber immer noch mit jahrelangen Verfahren konfrontiert, die wir uns in dieser Form nicht mehr leisten können“, verweist Hierzegger auf die oftmals massiven Verzögerungen, wie im Fall des Ökospeichers Koralm.

Energiepreise als größte Herausforderung

92,5 Prozent der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer in Liezen sehen die hohen Energiepreise jedenfalls als eine der größten Herausforderungen für 2023. Auf Platz zwei (88 Prozent, Mehrfachnennungen möglich) liegt weiterhin der Arbeits- und Fachkräftemangel. „Angesichts der herausfordernden Rahmenbedingungen ist dieser Wert bemerkenswert und zeigt, wie akut der Handlungsbedarf hier ist“, so Regionalstellenleiter Christian Hollinger.

Potenziale im Land ausschöpfen

Er fordert darum eine grundlegende Reform. „Hier darf es bei Lösungsansätzen keine Denk-verbote geben, speziell was Fachkräfte aus Drittstaaten betrifft. Wir dürfen beim Wettbewerb um die hellsten Köpfe und die geschicktesten Hände nicht ins Hintertreffen geraten. Deutschland hat dieser Tage ein neues Punktesystem mit wesentlichen Erleichterungen für den Fachkräfte-Zuzug angekündigt. Eine vergleichbare Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte wäre dringend notwendig. Darüber hinaus müssen wir natürlich auch alle Potenziale im Land heben. Das beginnt beim Ausbau der Kinderbetreuung und reicht hin zu einer Reform des Arbeitslosengeldes und einer Forcierung der überregionalen Vermittlung“, betont Regional-stellenleiter Hollinger.

Die Wirtschaftsentwicklung in Liezen im Detail

Umsatz: Die aktuelle Wirtschaftsentwicklung ist von einer zunehmenden Rezessions-Gefahr gekennzeichnet. Insbesondere die steigenden Energie- und Rohstoffpreise setzen den Unter-nehmen in Liezen massiv zu. Die bisherige Umsatzentwicklung wird aufgrund der guten ersten Jahreshälfte zwar überwiegend positiv bewertet (gestiegen: 52,4 %; gesunken: 8,6 %, Saldo: 43,8 Prozentpunkte), der Ausblick hat sich jedoch gegenüber der Frühjahres-Umfrage verschlechtert. So rechnen für die kommenden 12 Monaten zwar noch immer 37,5 % mit steigenden Umsätzen, bereits 20,3 % der Unternehmen in Liezen gehen aber von einem Umsatzrückgang aus. Der Erwartungssaldo sinkt deutlich auf 17,2 Prozentpunkte.

Auftragslage: Etwas schlechter fallen die Einschätzungen zur Auftragssituation aus. Mit einem Positivsaldo von 15,0 Prozentpunkten konnte sich bisher die Hälfte der Befragten (48,1 %) über steigende Auftragszahlen freuen, bei einem Drittel (33,1 %) waren diese rückläufig. In Bezug auf das kommende Jahr zeigt sich jedoch wachsende Skepsis: Nur mehr 11,8 % gehen von einer Verbesserung ihrer Auftragssituation aus, 49,0 % und damit fast die Hälfte der Unternehmen rechnen mit einer Verschlechterung. Der Erwartungssaldo verliert somit deutlich und kommt im Herbst 2022 bei -37,2 Prozentpunkten zu liegen.

Preise: Außergewöhnlich hoch bleibt im Herbst 2022 die Preisdynamik und entwickelt sich damit zu einem wirtschaftlichen Problembereich. Die enorme Inflation zeigt sich dementsprechend in einer erneuten Zunahme der bisherigen und erwarteten Verkaufspreissalden: 91,3 % der Unternehmen mussten in den vergangenen 12 Monaten die gestiegenen Preise für Energie, Rohstoffe, Vorleistungen, Material etc. an ihre Kunden weitergeben. 90,1 % rechnen auch in den kommenden 12 Monaten mit einem (weiteren) Anstieg ihres Preisniveaus, während nur 1,1 % von einer Verringerung ihrer Verkaufspreise ausgehen. Die Salden klettern damit auf 91,2 (bisher) und 89,1 Prozentpunkte (erwartet).

Investitionen: Vor dem Hintergrund der Rekordinflation und des steigenden Zinsniveaus dürfte die Investitionskonjunktur im nächsten Jahr merklich abflauen. Zwar plant noch rund jeder Siebente sein Investitionsvolumen auszuweiten, gleichzeitig werden aber 39,5 % der Unternehmen ihre Investitionen eher zurückfahren. Der Erwartungssaldo rutscht damit auf -24,9 Prozentpunkte.

Beschäftigung. Die Nachfrage nach Personal erwies sich bisher als ungebrochen (Saldo bis-her: 31,4 Prozentpunkte). Aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage ist aber im kommen-den Jahr mit einem Rückgang der Arbeitskräftenachfrage zu rechnen (Erwartungssaldo: -0,9 Prozentpunkte).

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