Glaube, Dankbarkeit und Liebe
Linz Marathon 2024

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Pünktlich um 09:30 Uhr beginnt es, er: Linz Marathon 2024. Ich habe am Ende allen Widrigkeiten zum Trotz entschieden ihn zu laufen. Meine beiden Füße habe ich mit viel Kinesiotape verbunden, um die schmerzenden Schwellungen weniger zu spürbar zu machen. Zu jenem Zeitpunkt habe ich alle Erwartungen auf die Seite geschoben, zu viel haben mir die letzten drei Tage beigebracht, an ein Wunder grenzt es, dass ich überhaupt in der Lage bin loszulaufen. Ich bin jedoch, immer noch, gewillt an meine Leistungsgrenzen zu gehen, besser, zu laufen.



Nach dem zweiten von den aufgestellten Schildern abgelesenen Kilometer merke, fühle, ich sogleich, dass es ein Kampf wird. Meine Prognose bewahrheitet sich um einiges früher als, jetzt kommt es, erwartet. Alptraum: Er geht wieder von vorne los, es gibt kein Entkommen, zu voreilig waren die in hohem Selbstvertrauen ausgesendeten Beiträge über meine Konten auf diversen Plattformen der sozialen Netzwerke. Druck: Warum habe ich den Mund wieder zu voll genommen? Warum habe ich es nicht einfach für mich selbst, für mein Selbst, behalten?



Nach ungefähr zehn Kilometern bleibe ich entgegen meines ursprünglichen Plans, oder wieder meiner Erwartung, das erste Mal stehen. Ladestation: Ich brauche Wasser, habe vor dem Start aufgrund des gefühlten Zeitdrucks zu wenig getrunken. Auch auf die Toilette zwingt mich meine Blase, dann laufe ich wieder, ohne auf eine Diskussion mit ihm, mit ihr, einzugehen, los. Stimme: Auch sie, ihn, höre ich wieder.



„Es ist noch so lange!“, sagt sie, er, nach Kilometer 14. Ja, das ist es. Ich beginne an die Gespräche mit meiner Mutter und an ihre Sorgen um ihren einzigen Sohn zu denken, an ihre Bitte es nicht zu übertreiben und rechtzeitig aufzuhören, den Marathon nicht um jeden Preis zu Ende zu laufen, wenn es mein Körper nicht zulassen sollte. In diesem Moment treffe ich die eine Entscheidung: Ich werde meine Pläne, Ziele, nicht mehr lauthals verkünden, weder auf den sozialen Netzwerken noch bei Gesprächen mit meinem engsten Kreis. Erwartungen: Sie entstehen schleichend, vor allem die an mich selbst, an mein Selbst, gerichteten.



Nach knappen 17 Kilometern realisiere ich etwas anderes. Kopf: Ich war vom ersten Kilometer an nur in diesem, habe mich damit unnötig selbst fertig gemacht. Es wird Zeit meinen Predigten Folge zu leisten und in den Moment, das Hier und Jetzt, zurückzukehren. Gegenwart: Am Ende gibt es nur sie, alles andere ist imaginär, ein Geist, genauso wie sie: Stimmen. Trotzdem hören sich die Rufe so real an, sind schwer zu ignorieren. "Halte kurz an."  Nein!



Es wird, ist, anstrengend, jedoch beginne ich einem leisen Flüstern zu lauschen: Hoffnung. Nach 21 Kilometern und dem Ende der Halbmarathon Distanz beginne ich sie dann deutlicher zu hören, nein ihre Präsenz, dann deutlicher zu spüren. Ziel: Ich habe mir mittlerweile ein persönliches gesetzt, will die 30 Kilometer Marke im Laufschritt knacken, dann eine kurze oder längere Gehpause einlegen. Glaube: Er beginnt, wie ich auch mittlerweile, langsam aber konstant zu steigen, Schritt für Schritt und Schild für Schild bewegen wir uns nach vorne.



23, dann 24 und dann 25: Die Kilometer summieren sich. Ich überlege, die Stimme hörend, meine geplante Pause nach vorne zu verlegen, an der nächsten Ladestation stehen zu bleiben. „Nur kurz ausgehen.“ Nein! Ich verwerfe den Gedanken sogleich wieder, wissend, dass es dann noch anstrengender wird. Muss durchhalten, mich langsam aber konstant nach vorne bewegen. Ich komme daraufhin auf meine in den zahlreichen Trainings erörterte Punktziel Methode zurück, fokussiere mich rein auf die jeweiligen 300 Meter vor mir.



Kilometer 27 bis 34 sind schließlich die mit Abstand entspannendsten des gesamten Marathons, als ob dieser grüne ruhige Teil entlang der Donau bewusst von den Veranstaltern eingebaut worden wäre, um uns für die letzten sechs Kilometer, die zwei Auslaufkilometer zähle ich persönlich nicht mehr zum Marathon, vorzubereiten. Jetzt beginne ich auch beide Kräfte, zu der erstgenannten hat sich noch eine zweite gesellt, zu fühlen: Hoffnung und Glaube. Ich habe das, sage ich mir geradeaus laufend, einmal mehr und einmal weniger Schmerzen fühlend.



Auch meine Meinung zu den Zuschauern hat sich im Laufe der Kilometer verändert. Während ich viele davon, nicht alle, zu Beginn als faulen Mob abgestempelt habe, ihre mir verhöhnend scheinenden „Hopp, hopp!“ Rufe als reine Provokationen interpretiert habe, fühle ich nun plötzlich sie: Liebe. Sie meinen es doch nur gut, sage ich mir mit einem etwas schlechten Gewissen. Ich bin am Ende des Tages eben auch nur ein Mensch, ein sehr vorurteilsbehafteter sogar.



Auf den letzten zwei Kilometern schließlich beginne ich meine bis jetzt erörterten Erkenntnisse des Linz Marathons zu reflektieren. Vielerlei Emotionen treten in mich ein, jedoch überwiegen die folgenden beiden: Liebe und Dankbarkeit. Ich bin an erster Stelle meinem Körper dankbar dafür, dass er mich trotz aller Handicaps, sowohl der zwei Tage vor diesem Lauf plötzlich aufgetreten Fiebererkrankung als auch der erwähnten unbeschreiblichen Schmerzen in meinem linken, mittlerweile sehr angeschwollenen Fuß, soweit getragen hat.



Zum Zweiten bin ich Linz und stellvertretend dem Team rund um den Marathon, beispielsweise der Polizei und den freundlichen Menschen, die mir Getränke, Wasser, während der anstrengendsten Phasen des Laufes zur Verfügung gestellt haben, dankbar. Ich liebe euch, schreie ich ihnen auf dem Weg zur Zielgeraden aus dankbarem Herzen und mit Begeisterung entgegen, während ich mich die letzten Meter nach vorne bewege.



Im Ziel angekommen begreife ich es schließlich. Linz Marathon: Ich habe es geschafft. Langsam gehe ich aus, will nicht gleich stehen bleiben und den Motor kalt werden lassen. Ich spreche, nachdem ich meinen Erfolg auf meiner Instagram Seite geteilt habe, viele andere Läufer an, bitte sie Fotos von mir zu machen und gratuliere ihnen zu ihren persönlichen Bestleistungen, fühle mich wie auf Drogen.



Am Ende, beim Verlassen des abgesperrten Geländes, folgt dann die schönste Überraschung des Linz Marathons 2024. Und zwar spricht mich einer der anderen ins Ziel gelangten Läufer an und sagt mir, dass ich auf einem herausfordernden Teil seines Weges seine Motivation gewesen bin durchzuhalten. Meine Augen leuchten und ich bedanke mich lächelnd aber bescheiden bei ihm mit der guten Gewissheit, mein Sein wieder nach Außen getragen, meinem Sein wieder treu geblieben zu sein. Lebenssinn: Der meine ist es einen Unterschied machen.

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