Warum sie letztendlich immer siegt
Spontanität

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„Spontanität siegt!“, sage ich mir, als ich aus meinem Apartment gehe und sogleich loslaufe. Spontan musste ich schließlich handeln, als ich unerwartet festgestellt hatte, dass das hotelinterne Laufband defekt war. Etwas unsicher war ich schon und etwas mulmig war mir zumute in der großen Stadt: Wien, mein ebenfalls spontan vor wenigen Tagen beschlossener Kurzurlaubsstandort.



Eine erste angenehme Überraschung folgt sogleich: Temperatur. Ein warmer Wind bläst mir durch meine wenigen übriggebliebenen Haar- sowie in wucherndes Gebüsch ausgearteten Bartstoppeln. Jetzt zeigt alles auf Frühling, der sich auch spontan entschlossen zu haben scheint.



Etwas verwirrt versuche ich meinen Standort zu erörtern, auf die richtige und von meiner App navigierte Wegstrecke zu gelangen, mehr schlecht als recht will es mir gelingen. Meinem internen Navigationssystem traue ich in der großen Stadt jedoch nicht zu genüge, weshalb ich das erste Mal in meine Hosentasche greife und mein Smartphone auspacke: Karte.



Ahnungslos versuche ich mir meinen kommenden Pfad, die Länge umfasst ungefähr zehn Kilometer, abzuleiten. Ich sehe jedoch nur weite Straßen und lange Gebäude, die Gehsteige sind gepflastert, die Steine, es sind auch Marmorblöcke dabei, sind massiv. Nach etlichen Fehlversuchen und Ehrenrunden, ein paar davon im schönen und um die Zeit noch ruhigen Wiener Stadtpark, komme ich endlich am Herzen meiner Laufstrecke an: Alte Donau Promenade.



Als ich mich im Gewissen nun eine Zeit lang geradeaus laufen zu können in den Einfach-Automatik-Modus fallenlasse, kommen schließlich auch sie: Gedanken. Der Linz Marathon steht heute in einer Woche an.



Ich bin erwartungsgemäß, wieder dieses böse Wort, nervös. Jedoch ist dieser Zustand dieses Mal nicht der Angst geschuldet, dass ich es nicht schaffen könnte. Nein. Meine Nervosität beruht vor allem auf folgendem nicht negierbaren Faktum: Anstrengung. Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass es, egal wie sehr ich mich mit diversen Meditationsübungen und Gedanken-Tricks davon abzulenken versuche, anstrengend wird, ich mich an meine Grenzen überwinden werde müssen.



Überwindung: Ich hasse es. Oder sie? Faktum ist jedoch auch, dass sie für ein vollständig gelebtes Leben unumgänglich ist, genauso wie sie: Spontanität. Ich muss mich beispielsweise oft überwinden, spontan zu sein, habe mich im Laufe meines Daseins als laut Gesetz erwachsener mündiger Mensch zu sehr an sichere Pfade gewöhnt: Nicht jedoch heute.



Ich schaue bewusst um mich herum, sehe Grün in allen Facetten. Ich beginne nach und nach mein Tempo zu beschleunigen, schubse die gefühlte Anstrengung als ein Produkt meiner Imagination sanft zur Seite, weiß, dass mich mein Gehirn wieder einmal nur auszutricksen versucht. Ich habe es mittlerweile durchschaut, höre ihn, sie, nicht mehr: Stimmen. Es ist ruhig.



Dann folgt eine zweite angenehme Überraschung, besser gesagt, erkenne ich diese jetzt: Schmerzen, sie sind kaum fühlbar. Weder im lädierten Knie noch im Fuß spüre ich etwas Unangenehmes. Generell habe ich mich körperlich lange nicht mehr so gut, so stark gefühlt, mein Selbstvertrauen für den Marathon, für Linz, beginnt empor zu steigen.



Einzig in den Moment, in die Gegenwart, das Hier und Jetzt, muss ich mich zurückzubringen schaffen, immer und immer wieder, eine mittlerweile zu einer meiner Lebensaufgaben gewordene Übung: Meditation.



Beim Ende der Donaupromenade angekommenen, navigiert mich das Navigationssystem dann wieder zurück, der von mir interpretierten Anweisung nach jedoch über die Autobahn, weshalb ich wieder kurz stehen bleibe und auf die Karte blicke: Verwirrung.



Nach dem vorsichtigen Entlanglaufen ein paarer Irrwege und Sackgassen, finde ich schließlich doch den richtigen Weg, die letzte Länge, sehe den mir bekannten A1 Turm und weiß daher nun, dass mein Ziel- und Ausgangspunkt nicht mehr allzu weit entfernt sind: Spontanität, sie siegt.



Auf den letzten Metern meines bald schon 90-minütigen langsamen Laufes komme ich auch wieder zu meiner vor einer Woche erprobten und noch zu erübenden Philosophie zurück: der Fixierung von Wegpunkten. Auf meinem Unterbewusstsein bereits bekannt gewordenen Wegstrecken ist diese problemlos möglich.



Hierzu fixiere ich einen in meinem nur zur Hälfte funktionierenden Gesichtsfeld sichtbaren Punkt, in diesem Fall den vierten rechts vor mir stehenden Kran eines Quartetts, und kurz darauf eine Abzweigung bei einem Gebäude an einer sich nach diesem befindenden Kreuzung. Ich laufe daraufhin einfach in einem mediativen Trance-Zustand geradeaus, Schritt für Schritt und Meter für Meter bewege ich mich nach vorne. So kann ich meinen Fokus gekonnt auf die Umgebung legen und mich von ihr ablenken: Anstrengung.



Am Ende weiß ich jedoch, dass es keine Rolle spielt, egal wie viele Tricks ich versuche: Es wird anstrengend werden. Und ich werde mehrfach an mir selbst, wohl auch an meinem Sein, zu zweifeln beginnen, so wie ich es auch im letzten Jahr bei meinem zweiten Marathon getan habe. Die Schmerzen sind bis zu einem gewissen Grad umgänglich, werden mich aber früher, hoffentlich später, einholen.



Jedoch weiß ich, auch das habe ich mir schon zu genüge bewiesen, dass ich die Herausforderung meistern werde. Und dabei werde ich mit Sicherheit sehr viel über mich selbst lernen, sowie ich es auch auf diesem und jedem meiner bisherigen Läufe getan habe. Und schließlich und endlich werde ich dieses Wissen dann in einem weiteren Kapitel meines sich bereits in Arbeit befindenden zweiten Buches mit dir teilen. Damit mache ich, tue ich, das, was Inspiration letztendlich macht: Einen Unterschied.



Spontanität siegt, immer. Das stelle ich wieder einmal fest, als ich meinen Laufschritt am Ende der Strecke in einen sanften Gang entschleunige. Die Vögel zwitschern und Verkehr ist an diesem Ostersonntag für eine Großstadt wie Wien praktisch keiner vorhanden. Ich fühle mich gut und bereit, weiß, dass mich mein Sein nach vorne bringen, ziehen, wird. Immer.

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