Roadmovie „Alle bitteren Wege“
THEO: Höchststrafe für Gregor Schenker

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Gregor Schenker hat aus zwei Büchern einen „theatralen Reisebericht“, eine Art Road-Movie, geschrieben. Er hat für eine außergewöhnliche Inszenierung gesorgt und auch Regie geführt. Das Grazer Multitalent zählt seit 2010 zum THEO-Ensemble. Dass er dort die Uraufführung von „Alle bitteren Wege” quarantänebedingt nicht miterleben konnte, war „die Höchststrafe”, wie Theater Oberzeiring-Leiter Peter Faßhuber nach dem begeisterten Premierenapplaus letzten Mittwoch feststellte.
Ella Maillard und Annemarie Schwarzenbach
1939, mitten in einer zerfallenden Welt, trotzten zwei Schweizer Schriftstellerinnen und Fotografinnen aus bestsituierten Häusern allen Konventionen und begaben sich mit Notizblock und Fotoausrüstung auf eine abenteuerliche Erlebnisreise. Sie führte über Istanbul, Trabzon am Schwarzen Meer und Teheran über Land nach Kabul.
Die eine war Reiseschriftstellerin und Fotografin Ella Maillard, damals 36 Jahre. Begeisterte Sportlerin, Tochter eines wohlhabenden Pelzhändlers, Olympiateilnehmerin im Einhandsegeln und in der Schweizer Schi-Nationalmannschaft. Über die Reise schrieb sie das Buch „Der bittere Weg“.
Ganz anders getaktet war die gerade von einem Entzug gekommene, drogensüchtige, lesbische und oft kranke, esoterische Schriftstellerin, Journalistin und Fotografin Annemarie Schwarzenbach. Damals 31 Jahre, Vater Seidenfabrikant. Gefahren wurde in ihrem zweisitzigen Ford V8 901 A Deluxe-Roadster, einfühlsam ging sie in ihrem Buch „Alle Wege sind offen“ auf diese Reise ein.
Eine faszinierende Reise
Ihre unterschiedliche Sicht auf gemeinsam Erlebtes hat Gregor Schenker faszinierend zusammengefasst. Julia Faßhuber spielt und tanzt Ella Maillard, Ute Veronika Olschnegger gibt Annemarie Schwarzenbach Gestalt und Stimme. Schenker läßt die beiden beleuchtet hinter einer halbdurchsichtigen Leinwand agieren, auf die er mit Landkarten, Originalfotos der Begegnungen, Landschaften, Notizen, Postkarten und sensationellen Original-Filmszenen die Afghanistan-Reise projeziert. Großartig gelingt es den beiden, das Theaterpublikum auf diese Reise mitzunehmen. Sie selbst sind mittendrin. Da wird ihr Roadster mit Seilen auf einen schwankenden Kahn verladen. Düster aussehende Krieger helfen spontan bei einer Panne und lehnen stolz eine Entlohnung ab. Die beiden zittern bei Grenzkontrollen um ihre Filme und Kameras, erleben dann wieder Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Sie sehen schon damals, dass Menschen, die nur ihren Stammesgesetzen folgen, in einem modernen Staat nicht geduldet werden. Sie befürchten Unterdrückung, Ausrottung, sehen in Fabriken gepresste Nomaden. Zynische Fabrikanten, die Achtjährigen „Ausbildung zukommen“ lassen. Erkunden die Rolle der Frauen. Bekommen für andere unmöglichen Zutritt. In Kabul schließlich endet die Reise. Der zweite Weltkrieg bricht aus.
„Anfangs verfahren!“
Wie man sich solche Mengen an Text merkt? Zwischendurch akrobatische Schattenspiele auf die Leinwand zaubert? Ute Maria Olschnegger, die auch Tänzerin ist: „Wiederholen, wiederholen, wiederholen. Aber es ist so spannend, weil man historische Vorbilder hat, sogar originale Film- und Tonaufnahmen!“. Julia Faßhuber lacht: „Ja, ich bin auch Yoga-Lehrerin. Zum Text: Am Anfang haben wir uns oft verfahren. Aber jetzt ist Struktur drin!“
Alle bitteren Wege: 16. Und 18. Februar, 20 Uhr, Theater Oberzeiring

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