Podcast – Gewalt gegen Frauen
"Hier spricht die Polizei, bitte öffnen Sie"
Das ist der Bezirksblätter-Podcast zum Thema "Gewalt gegen Frauen". Diesmaliger Gesprächspartner ist Martin Kaltenegger vom Landeskriminalamt Salzburg.
SALZBURG. Aus gegebenem Anlass lade ich, Julia Hettegger, Chefredakteurin der Bezirksblätter Salzburg, Ansprechpartner aus Salzburg zum Thema "Gewalt gegen Frauen" zum Podcast ein. Diesmaliger Gesprächspartner ist Martin Kaltenegger vom Landeskriminalamt Salzburg, von der Abteilung Kriminalprävention. In dieser Abteilung ist die Thematik "Gewalt in der Privatsphäre" angesiedelt.
Jeder Polizist ist für das Einschreiten bei häuslicher Gewalt ausgebildet
Da das Thema "Gewalt in der Privatsphäre" eine hohe Brisanz hat und häufig in der Arbeit eines jeden Polizisten vorkommt, ist jeder Salzburger Polizist bereits in der Grundausbildung mit dem Thema konfrontiert. "Um ein zeitnahes Einschreiten in Fällen von Gewalt in der Privatsphäre zu ermöglichen, ist diese Aufgabe der polizeilichen Linienarbeit zugeschrieben. Das bedeutet, dass jeder Polizist dafür ausgebildet ist, hier einschreiten zu können", sagt Kaltenegger. "Außerdem gibt es immer wieder berufsbegleitende Fortbildungen zu diesem Schwerpunktthema, die als Pflichtgegenstand für alle Polizisten in Salzburg zu absolvieren sind", sagt Kaltenegger.
"Das Thema Gewalt in der Privatsphäre hat hohe Priorität im polizeilichen Alltag und in der polizeilichen Ausbildung."
Martin Kaltenegger, Landeskriminalamt Salzburg
Gewalt braucht Intervention von außen
Zu häuslicher Gewalt gerufen werde die Polizei meisten erst am Ende eines langen Leidensweges. "Für Betroffen ist das häufig der letzte Ausweg", sagt Martin Kaltenegger. Er würde aber dringend raten, die Gewaltdynamik möglichst früh zu durchbrechen. "Erfahrungsgemäß geht das nur durch die Intervention von außen. Wir wissen aus Erfahrung: Gewalt in der Familie wird nicht von selbst besser. Das heißt nicht, dass die Beziehung damit für immer enden muss, aber die Gewalt muss enden", sagt der Experte.
"Ich empfehle, die Polizei als Notdienst zu sehen, die man in Situationen ruft, in denen man sich selbst nicht mehr 'aussieht'."
Martin Kaltenegger, Landeskriminalamt Salzburg
So greift die Polizei ein:
Wenn die Polizei zu einem Einsatz wegen Gewalt in der Privatsphäre gerufen wird, ist Eile geboten "– weil man nicht weiß, wie sich die Situation entwickelt. Auch beruhigte Lagen können schnell wieder eskalieren", sagt Kaltenegger. Zuerst versucht die Polizei die Gefahr zu beenden und eine räumliche Trennung zwischen Opfer und Gefährder herzustellen. Dann wird versucht, den Sachverhalt festzustellen und die Polizei entscheidet anschließend, wie es weitergeht.
Das passiert beim Betretungs- und Annäherungsverbot:
Meistens wird ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen. Das bedeutet, der Gefährder muss für 14 Tage die Wohnung und die Familie verlassen und darf sich auf 100 Meter nicht nähern. "Dabei handelt es sich um ein Werkzeug, um den Kreislauf der Gewalt zu unterbrechen und neuerlichen gefährlichen Situationen vorzubeugen", erklärt der Experte.
- Innerhalb dieser 14 Tage kann das Opfer einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen. Damit verlängert sich das Betretungs- und Annäherungsverbot automatisch um weitere 14 Tage.
- Innerhalb dieser 28 Tagen entschiedet das Gericht, ob der einstweiligen Verfügung stattgegeben wird.
- Binnen ein bis drei Tagen nach der Ersteinschreitung führen eigens ausgebildete Beamte ein Opferkontaktgespräche durch. Mit dem Gefährder wird im gleichen Zeitraum ein präventives Rechtsgespräch geführt. Hier geht es einerseits darum, offene Fragen auf beiden Seiten zu klären, aber auch die Ursachen für die Eskalation zu ermitteln. Im Gespräch mit dem Gefährder wird die Rutsche zu Einrichtungen für Täter gelegt.
- Wenn das Opfer in der eigenen Wohnung bleibt, überprüft die Polizei das Betretungs- und Annäherungsverbot.
"Wenn Polizisten ein Betretungs- und Annäherungsverbot aussprechen, greift sie in den höchstpersönlichen Lebensbereich ein und macht eine tiefgreifende Befugnisausübung. Man holt den Gefährder raus aus seiner Familie und entscheidet, dass er seine Familie nicht mehr sehen darf. Das nehmen wir nicht auf die leichte Schulter."
Martin Kaltenegger, Landeskriminalamt Salzburg
"Beweisen Sie Zivilcourage"
Der Polizist appelliert an die Zivilcourage: "Wenn man als Nachbar eine gefährliche oder eigenartige Situation wahrnimmt, darf man nicht wegschauen. Rufen Sie die Polizei. Sollte die Situation doch falsch gedeutet worden sein, ziehen die Polizisten wieder ab und alles ist gut. Meistens deuten die Menschen Situationen aber richtig."
Hör dir auch diese Podcast-Folgen an:
- Martin Auer, berät Gewaltausüber bei „Männerwelten“
- Christina Riezler, Gewaltschutzzentrum Salzburg
- Gabriele Rechberger, Organisation Viele, zuständig für die Schutzwohnungen in Salzburg.
- Brigitte Hutegger, pädagogische Leiterin im SOS-Kinderdorf in Seekirchen.
- Andrea Klambauer, Landesrätin für die Themen Frauen, Familie und Chancengleichheit.
- Agnes Menapace, Leiterin Frauennotruf Salzburg
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