Ein "Nein" ist für Eltern und Kinder wichtig

Ein Nein tut weh, ist aber für Kind und Eltern wichtig. | Foto: Kristin Gründler/Fotolia
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Ob länger weg bleiben, Fernsehen schauen, Gameboy spielen dürfen, mit bestimmten Kameraden spielen – Wer kennt den Satz nicht: „Die anderen dürfen das, warum ich nicht?“
Und eigentlich ist es erfreulich, zeigt es doch den Wunsch unserer Kinder und Jugendlichen nach Eigenständigkeit, Autonomie und Selbstständigkeit. Das Streben nach Autonomie ist ein kindliches Grundbedürfnis. Sie wollen etwas ausprobieren. Dass sich unsere Kinder was in den Kopf setzen, gehört zu einer gesunden Entwicklung dazu.
Genauso gehört es aber zur gelingenden Erziehung dazu, dass Eltern „Nein“ sagen, wenn sie das Gefühl haben, dass das Kind in seinem Wunsch nach Eigenständigkeit Schaden nehmen könnte. Das elterliche „Nein“, so sind sich Psychologen und Pädagogen einig, ist entscheidend für einen gesunden Selbstwert, für die Entwicklung einer gesunden Selbststeuerung und für die Fähigkeit zu Aufschub und Verzicht. Wer verzichten und aufschieben kann, hat es, so haben psychologische Experimente ergeben, später im Leben eindeutig leichter und ist auch erfolgreicher.

"Nein-Anker" als Botschaft

Die Sache mit dem „Nein“ hat aber zumindest zwei Haken. Erstens: Auch wenn Sie es gerne hätten, Sie können Ihr Kind nicht zwingen, Ihren Anweisungen und Regeln zu folgen. Das, was Sie tun können, ist aber sich selbst zu kontrollieren und beharrlich klar und deutlich ihrem Kind Botschaften übermitteln. „Nein-Anker“ – so nennt dies der Psychologe Haim Omer – dienen als Botschaften. Das heißt, Sie stellen klare Regeln als Eltern auf, was geht und was nicht geht, und setzen einseitige Maßnahmen, wenn Gefahr in Verzug ist. Solche "Nein-Anker" stärken, nach allen Erfahrungen des Institutes für Kind, Jugend und Familie, nicht nur Eltern, sondern auch Kinder. Je klarer und deutlicher die Botschaft ist, desto wirkungsvoller ist sie.
Dies geschieht - und das ist der zweite Haken - allerdings nur dann, wenn Kinder akzeptiert und wertgeschätzt werden. „Nein“-Sagen im Zorn und unüberlegt, führt unweigerlich zu Machtkämpfen. Ein „Nein“ abgestimmt mit Unterstützern, die Ihnen zur Seite stehen und zugleich das Kind/den Jugendlichen wertschätzen, wirkt allen Erfahrungen nach immer konstruktiv.

Hier nun einige Tipps, wie Sie den Widerspruch zwischen Autonomie-Streben und notwendigem „Nein“ wertschätzend und konstruktiv lösen können:
1. Begegnen Sie Ihrem Kind, anstatt es ständig erziehen und korrigieren zu wollen. Seien Sie aufmerksam und achtsam!

2. Seien Sie informiert über das, was Ihr Kind tut. Informieren Sie sich bei Freunden und Bekannten, usw.

3. SIE, als Erwachsener, stellen die Regeln des Familien-Zusammenlebens und –Umgangs auf – dies verantwortungsvoll und überlegt.

4. Präsentieren Sie diese Regeln klar und deutlich, ohne langes Diskutieren.

5. Widerstehen Sie dem Rechtfertigungsdruck und dem Ärgerlich werden. Bleiben Sie ruhig und gelassen.

6. Setzen Sie immer wieder kleine Gesten der Wertschätzung.

7. Bauen Sie sich einen hilfreichen und unterstützenden Personenkreis auf.

8. Pflegen Sie immer die Beziehung zu Ihrem Kind.

9. Überprüfen Sie von Zeit zu Zeit Ihre Regeln und reflektieren Sie.So vermeiden Sie Machtkampf, Abwehr und Abwertung und kommen über den Widerspruch von Autonomie und Regeln zu einer gelingenden Beziehung.

Der Experte Dr. Philip Streit

Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut sowie Lebens- und Sozialberater. Seit 1994 leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz. Es ist das größte Familientherapiezentrum in der Steiermark.
Telefon: 0316/77 43 44
Web: www.ikjf.at
Im Jänner 2016 hat er das „M42“, das neue Begegnungs- und Therapiezentrum des Institutes in der Moserhofgasse, eröffnet.
Ihre Anregungen und Fragen richten Sie bitte an redaktion.graz@woche.at oder per Post an „WOCHE Graz“, Gadollaplatz 1/6. Stock, 8010 Graz.

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