Weltautismustag
Autismus: Wenn die Umwelt ständig überfordert

Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung nehmen Informationen und Eindrücke anders wahr. | Foto: Paige Cody/Unsplash
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  • Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung nehmen Informationen und Eindrücke anders wahr.
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Autismus ist eine Entwicklungsstörung, die sich darauf auswirkt, wie sich eine Person verhält, wie sie kommuniziert und ihre Umwelt wahrnimmt. MeinBezirk.at hat im vergangenen Jahr mit Facharzt Wolfgang Kaschnitz vom Verein Libelle anlässlich des Welt-Autismustags gesprochen.

STEIERMARK. Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) verarbeiten die Informationen aus ihrer Umwelt und von ihren Mitmenschen anders - daher wird im Zusammenhang mit Autismus häufig auch von einer Wahrnehmungsverarbeitungsstörung gesprochen. In Österreich sind laut Schätzungen der Österreichischen Autistenhilfe auf Basis internationaler Vergleichsdaten rund 87.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene betroffen - mit einer Besonderheit: Bei Männern wird viel häufiger eine ASS diagnostiziert als bei Frauen. Die Ursache für die Entwicklungsstörung ist bislang medizinisch unklar. Es wird ein Zusammenspiel aus Genetik und Umweltfaktoren vermutet.

Besonderheiten in der Wahrnehmung

Eine ASS führt zu Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von Informationen, da Betroffene ihre Aufmerksamkeit nur auf jene Dinge richten, die für sie gerade von Interesse sind - unabhängig davon, was in der jeweiligen Situation angebracht oder wichtig wäre. Außerdem fällt der Wechsel einer Tätigkeit schwerer. Menschen mit ASS können häufig erst dann mit einer neuen Aufgabe starten, wenn die vorherige vollständig abgeschlossen ist. Gleichzeitig haben sie aber auch Probleme, ein Gesamtbild auszumachen: ASS lassen Betroffene auf einzelne Details und vermeintliche Kleinigkeiten fokussieren, sie können daraus aber häufig keine Rückschlüsse auf die Gesamtheit ziehen. 

Betroffene spüren Kleinigkeiten in ihrer Umgebung deutlicher und denken häufig in Bildern. | Foto: Caroline Hernandez/Unsplash
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5 Fragen an Autismusexperte Wolfgang Kaschnitz

  • Was sind klare Anzeichen für eine Autismus-Spektrum-Störung?

Wolfgang Kaschnitz: Alle Personen mit Autismus-Spektrum-Störungen haben Probleme in der sozialen Interaktion, in der Beziehung und Beziehungsaufnahme mit anderen Menschen. Sie haben große Schwierigkeiten, soziale Signale richtig zu interpretieren und auf nonverbale Kommunikation zu reagieren. Sie halten deshalb auch wenig Blickkontakt, weil ihnen die Mimik des Gegenübers wenig sagt. Ein weiteres Indiz ist die stereotype Beschäftigung mit einer Sache.

  • Welche Formen von Autismus gibt es?

Man unterscheidet zwischen den einzelnen Formen nicht mehr. Sämtliche Ausprägungen werden seit einigen Jahren unter dem Begriff Autismus-Spektrum-Störung zusammengefasst. Denn alle Betroffenen haben dieselben Probleme in unterschiedlichen Ausprägungen - egal ob es sich um einen renommierten Universitätsprofessor mit "Asperger-Syndrom" handelt oder ein Kind, das frühkindliche, autistische Züge aufweist.

  • Wie viele Menschen sind in der Steiermark betroffen?

Man geht davon aus, dass rund 1% der Steirerinnen und Steirer an einer Autismus-Spektrum-Störung leiden. Dazu zählen sowohl jene Personen, die ganz stark beeinträchtigt und teilweise geistig behindert sind, aber auch jene, die sehr intelligent und beruflich versiert sind.

Eltern fühlen sich bei der Betreuung eines autistischen Kindes oft alleingelassen. Anlaufstellen wie der Verein Libelle in der Steiermark bieten Hilfe. | Foto: Alexander Dummer/Unsplash
  • Eltern fühlen sich bei der Betreuung eines autistischen Kindes oft alleingelassen. Anlaufstellen wie der Verein Libelle in der Steiermark bieten Hilfe.
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  • Was kann man tun, um Betroffene, z.B. das eigene Kind, zu unterstützen?

Es gibt noch keine medikamentöse Behandlung für ASS, aber sehr gute und spezifische Therapiekonzepte. Die meisten basieren auf verhaltenstherapeutischen Grundlagen und sind sehr effizient. Der Verein Libelle bietet Einzel- und Gruppentherapien an und gerade in letzteren lernen Menschen mit ASS die sozialen Mechanismen zu verstehen, die für andere intuitiv sind.

  • Wie gestaltet sich das Leben mit ASS als Erwachsene/r?

Autismus wächst sich nicht aus. Es kommt auch häufiger vor, dass die ASS erst im Erwachsenenalter diagnostiziert wird, weil Menschen etwa die Anzeichen bei sich selbst bemerken und sich dann beraten lassen. Ich kann aber erfreulicherweise sagen, dass sich immer mehr Menschen aus den pädagogischen und psychologischen Berufen mit ASS im Erwachsenenalter beschäftigen und helfen können. Der Verein Libelle aber auch andere Einrichtungen wie das BBRZ betreuen viele Jugendliche und Erwachsene. Nur im medizinischen Spektrum ist die Betreuung aktuell noch ausbaufähig.

Verein Libelle

Der steirische Verein Libelle bietet autismusspezifische Einzel- und Gruppentherapien und Beratungen für alle Altersgruppen - sowohl für Betroffene mit ASS als auch für deren Angehörige. Zusätzlich werden Weiterbildungen für Fachpersonal zur Unterstützung in Kindergärten, Schulen und Erwachseneneinrichtungen angeboten.

Weitere Informationen zum Thema Autismus-Spektrum-Störungen und dem Verein Libelle findest du hier.

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