Eröffnung steirischer herbst ’22
Fulminant und politisch in den "herbst"
Am Donnerstag, 22. September eröffnete in Graz der "steirische herbst" mit tragenden Worten, einer Puppenparade, einer Ausstellung auf Spurensuche sowie einer musikalischen Performance zwischen zwei "Klangregimen". Die 55. Ausgabe des Kunstfestivals präsentiert sich ganz unter dem überraschend und traurig aktuellem Thema "Ein Krieg in der Ferne".
STEIERMARK. Mit erstaunlich präziser Voraussicht habe Intendantin und Chefkuratorin Ekaterina Degot den Titel für den diesjährigen steirischen herbst bereits vor Ausbruch des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine gewählt, meint Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler bei der Eröffnung des Festivals am Donnerstag, 22. September. "Ein Krieg in der Ferne", der tatsächlich ganz nah ist, dominiert thematisch den Eröffnungsabend und wird in den nächsten Monaten das dichte Programm an Ausstellungen, Performances und Diskussionen prägen.
Im "Hinterland" des Krieges
"Der steirische herbst hat ja den Ruf, sehr politisch zu sein", so Degot in ihrer Eröffnungsrede. Mit der anhaltenden Präsenz von Kriegen in unmittelbarer Nähe zur Steiermark, zu Österreich und Westeuropa – einem Thema, das mental gerne auf Abstand gehalten wird – als Festivalfokus, wird der "herbst" auch heuer seinem Ruf gerecht. Politik war bei der Eröffnung nicht nur thematisch, sondern auch persönlich anwesend: Neben dem Vizekanzler und Landeshauptmann Christopher Drexler sprachen auch Bürgermeisterin Elke Kahr sowie Kulturstadtrat Günter Riegler einige Worte – die Gemeinderatssitzung im Rathaus wurde für die Eröffnungsveranstaltung unterbrochen.
Dass die grausame Realität des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine alles andere überschatte, wird bei der Eröffnung auch spürbar, wenn Degot in ihrer Rede besonderen Dank an die ukrainischen Künstlerinnen und Künstler ausspricht – "Es ist derzeit für viele nicht leicht, mit einer russischen Intendantin zusammenzuarbeiten."
Puppenparade in die Neue Galerie
Nachdem sich die Stimmung zwischen euphorischer Festivallaune und bedrückender Realität eingependelt hat, ging es in einem "theatralen Puppenzug" zum nächsten Programmpunkt, eine überlebensgroße Ballonfigur führte die Besucherinnen und Besucher begleitet von musikalischer Einlage dabei an. Die von Raed Yassin gestaltete Prozession, die kurzzeitig wegen eines kleineren Feuerwehreinsatz im Naturkundemuseum zum Halten kam, steuerte das Joanneumsviertel an.
Hier wurde am Donnerstag auch das Herzstück des Festivals eröffnet: Eine umfassende Ausstellung in der Neuen Galerie, die verschiedene verdrängte Gewalt- und Konfliktstrukturen thematisiert, wie sie in Kunstwerken der Vergangenheit auftauchen. Der Fokus liegt auf narrativer und figurativer Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts. Für die Ausstellung im Rahmen des steirischen herbst wurde auch der historische Eingang des Museums in der Neutorgasse wieder geöffnet – Skulpturen der ukrainischen Künstlerin Zhanna Kadyrova rahmen den Eingang.
Klavier- und Tischtennisbewerb
Den Eröffnungsabend schloss am Donnerstag eine musikalische Performance von Ming Wong in der Helmut List Halle. "Rhapsody in Yellow: A Lecture-Performance with two Pianos" erzählt von der sogenannten chinesisch-amerikanischen Ping-Pong-Diplomatie vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen den USA und China. In Anlehnung an einen internationalen Klavierwettbewerb sowie ein Tischtennismatch improvisierten zwei Pianisten gemeinsam eine Verschmelzung der "Klangregime" beider Länder.
steirischer herbst ’22
- Ein Krieg in der Ferne
- Festival: 22.9.–16.10.22
- Eröffnungstage: 22.9.–25.9.22
- Ausstellungsdauer Neue Galerie: 23.9.2022-12.2.2023
- Programm: www.steirischerherbst.at
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