Rosegger in Bewegung
Landesbibliothek widmet dem Heimatdichter große Schau

Johannes Silberschneider las bei der Eröffnung Passagen aus Roseggers Werken. | Foto: RegionalMedien Steiermark
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Der steirische Heimatdichter Peter Rosegger feiert heuer gleich ein doppeltes Jubiläum: Zum Einen ist es sein 180. Geburtstag, zum Anderen ist Rosegger vor 105 Jahren verstorben. Vor diesem Hintergrund widmet die Steiermärkische Landesbibliothek dem Autor eine Ausstellung, die einen gelungenen Abriss des bewegten Lebens Roseggers zeigt.

STEIERMARK. "Rosegger in Bewegung" – so der Titel der Schau, die noch bis Jahresende in den Räumlichkeiten der Landesbibliothek im Grazer Joanneumsviertel zu sehen ist. Aus dem umfassenden Nachlass Peter Roseggers, der sich seit über 80 Jahren im Besitz der Bibliothek befindet, die richtigen Schwerpunkte zu finden, war nicht ganz einfach", wie Leiterin Katharina Kocher-Lichem bei der Eröffnung am Mittwoch betonte. Das Kuratorenteam rund um Markus Kostajnsek, Monika Primas, Michael Sittinger und  René Pangratz fokussierte sich letztlich auf den Gesichtspunkt der Mobilität. Abgebildet werden demnach die unterschiedlichen Aspekte der Bewegung: Zum einen den unterschiedlichen Arten der Fortbewegungsmittel, zum anderen Roseggers geistige Flexibilität. Stets hat er sich mit technischen Neuerungen, aber auch mit seiner eigenen Einstellung zu diesen kritisch auseinandergesetzt.

Bibliotheksleiterin Katharina Kocher-Lichem, Landeshauptmann Christopher Drexler und der steirische Schauspieler Johannes Silberschneider (v.l.) eröffneten die Ausstellung "Rosegger in Bewegung". | Foto: RegionalMedien Steiermark
  • Bibliotheksleiterin Katharina Kocher-Lichem, Landeshauptmann Christopher Drexler und der steirische Schauspieler Johannes Silberschneider (v.l.) eröffneten die Ausstellung "Rosegger in Bewegung".
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Wie zeitgemäß Roseggers Texte noch immer sind, bemerkte Landeshauptmann und Kulturreferent Christopher Drexler in seinen Eröffnungsworten: "Wie in Roseggers Zeit - und das beschreibt diese Ausstellung ganz besonders gut - befinden wir uns wieder an einem Mobilitätswendepunkt, wenn das transeuropäische Netz durch die neu entstehende Südbahn ihre zeitgemäße Fortsetzung findet", so Drexler. Es gehe dabei auch um einen Brückenschlag in die Gegenwart - ausgehend von klugen Überlegungen der Vergangenheit.

Erde, Wasser und - fast - in der Luft

Zu ebener Erd', über das Wasser und (fast) in der Luft bilden demnach die drei inhaltlichen Schwerpunkte dieser besonderen Reise in die Vergangenheit mit dem steirischen Schriftsteller, Poeten und Journalisten. Peter Rosegger war aber auch ein begeisterter Netzwerker, stand über die Jahrzehnte in brieflichem Kontakt mit mehr als 1.000 Personen in vielen Ländern. Es stehen bei dieser Ausstellung somit nicht nur die Texte Peter Roseggers im Mittelpunkt, sondern auch Briefe aus aller Welt an den steirischen Schriftsteller, deren Absender kleine Schlaglichter vor dem großen historischen Hintergrund - sozusagen kleine Geschichten zur großen Geschichte - darstellen.

Die Leseecke soll zum Abheben in die Vergangenheit einladen. | Foto: RegionalMedien Steiermark
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Kleine Geschichten zur großen Geschichte

Die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung können also mit dem Schriftsteller auf Reisen gehen: Sei es in der originell nachgebildeten Leseecke neben dem Korb eines Heißluftballons, die in die Zeit um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert zurückversetzen soll oder per Zug staunend vor der Miniaturnachbildung der obersteirischen Berglandschaft, die vom Grazer Modelleisenbahnclub GEMEC liebevoll nachgebaut wurde. 

Doch nicht nur zu lesen gibt es Rosegger in der Schau, sondern auch zu hören. So hat der Schauspieler Johannes Silberschneider – er hat auch bei der feierlichen Eröffnung gelesen – bereits im Vorfeld Passagen aus Roseggers Werken eingesprochen, denen einfach per Kopfhörer gelauscht werden kann.

Silberschneider hört Silberschneider: Im Vorfeld hatte der Schauspieler im ORF Studio sämtliche Texte zum Nachhören für die Ausstellung eingesprochen. "Passt", meinte er schmunzelnd bei der Eröffnung. | Foto: RegionalMedien Steiermark
  • Silberschneider hört Silberschneider: Im Vorfeld hatte der Schauspieler im ORF Studio sämtliche Texte zum Nachhören für die Ausstellung eingesprochen. "Passt", meinte er schmunzelnd bei der Eröffnung.
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Und wer es nicht erwarten kann, die Ausstellung zu sehen und Johannes Silberschneider zu hören, kann hier schon einmal in "Rosegger in Bewegung" eintauchen und eines der Textstücke nachlesen:

Der erste Seefahrer, ein Steirer.
Vormittags die Alpen, nachmittags das Meer. Wir Steirer können das haben – und bequem. Eines Tages hatten wir’s so – ich und mein Sohn Hans. Auf den Waggondächern des Zuges lag, als er in Triest einfuhr, frischer Gebirgsschnee. Die südliche Sonne sog ihn mit Gier auf, wie einen seltenen Leckerbissen. Es war anfangs April. Die Einladung des Österreichischen Lloyd in der Tasche, schritten wir den Molo San Carlo hinaus. „Na, Servas!“ sagte der muntere Student, als er’s Meer sah, das zu seinen Füßen schwurbelte und zitternd dalag bis hinaus, „wo Wasser und Himmel sich schneiden“. Das erstemal so was zu sehen, das gibt einen Sonntag im Kalender des Lebens. […]
Dort draußen, gefesselt an eine rothe Kugel, die im Meer schwimmt, steht hoch und schwarz ein Dampfer. […]
Das ist der neue Lloyd-Dampfer „Styria“, zu dessen Probefahrt wir aus Steiermark gekommen waren. […]
Besuchen wir das Innere des schwimmenden Palastes. […] Fürs erste treten wir in die schöne Stube eines steirischen Jagd- oder Touristenhauses. Lichtholztäfelung, Zirmholzmöbel, an der Wand Hirschgeweihe, Alpengestalten, darunter unser unvergesslicher „Prinz Johann“. […] Am Thürpfosten hängt der steirische „Mandlkalender“, auf dem Tische liegt der „Heimgarten“ – Herz, was willst du mehr? […]
Leise zittert der Bau unter dem Knarren der Maschine, dem Rauschen der Wellen – die Steiermark schwamm auf der Adria.
Der istrischen Küste entlang gieng der Dampfer, die malerischen Orte Capodistria, Pirano, Cittanuova – und zur anderen Seite das offene Meer gegen Venedig hin, so rauschte die muntere „Styria“ voran bis in die Seehöhe von Parenzo. Dann kam das Mittagessen. […]

"Der erste Seefahrer, ein Steirer?" - eines der Schriftstücke beschreibt eine Fahrt auf dem Lloyd-Dampfer "Styria" (unten im Bild). | Foto: RegionalMedien Steiermark
  • "Der erste Seefahrer, ein Steirer?" - eines der Schriftstücke beschreibt eine Fahrt auf dem Lloyd-Dampfer "Styria" (unten im Bild).
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Der Lloydpräsident Freiherr von Kalchberg tippte mit dem Messer ans Glas und sprach: „Meine Damen und Herren: Der Österreichische Lloyd hat bereits viele Schiffe, welche den Namen von Kronländern der Monarchie tragen, über die Adria hinausgesendet. Auch heute ist er diesem Beispiel treu geblieben. Das neu Schiff trägt den Namen eines der innerösterreichischen Erbländer, den Namen eines Landes, der in der ganzen Welt bekannt ist, und überall, wo er genannt wird, sympathisch berührt: Styria – Steiermark! In ihm hat sich – beim Stapellaufe – gleichsam die grüne Steiermark mit dem blauen Adriameere vermählt, und heute sind sie in den Flitterwochen auf der Hochzeitsreise. Wo es sich um so poetische Dinge handelt wie um die Flitterwochen, da darf der Poet selbst nicht fehlen. Deshalb ist es uns eine Freude und Auszeichnung zugleich, dass der steirische Dichter, der der Geburt nach jenem Lande, mit seinen Werken aber der ganzen gebildeten Welt angehört, an dieser Hochzeitsreise theilnimmt. Wir können ihn, die „Styria“ personificiert, als das Herz derselben bezeichen. […] Unser Dichter Rosegger hat in einem Vierzeiligen, die Sie ja alle kennen, gesungen:
Der Adam hot d’Liab aufbracht,
Da Noah in‘ Wein,
Da Davidl ‘s Zithernschlagn‘,
Müassn Steira g’west sein.
Derselbe Noah aber, der den Wein erfunden und deshalb ein Steirer war, hat aber auch die Arche gebaut. So ist also der erste Schiffbaumeister ein Steirer gewesen, quod erat demonstrandum.
Moment!
Es ist ja wahr, mein verehrter Herr Präsident, dass der Patriarch Noah das erste Schiff erbaut hat, und es ist nicht minder wahr, dass er den Wein erfand. Aus letzerer Thatsache habe ich die Folgerung gezogen, dass Noah ein Steirer gewesen ist, denn, weil der Steirer vor allem den Wein liebt, wofür wir soeben den gründlichen Beweis angetreten haben. Diese Thatsachen sind bis heute von der Wissenschaft nicht bestritten worden, also steht es unbestritten fest, dass Noah der Erfinder des Weines, der Erbauer des ersten Schiffes und also auch der erste Seefahrer – ein Steirer war.
Textauszug Heimgarten 24, 1900, S. 698–703

Setzten Peter "Rosegger in Bewegung": Michael Sittinger (Landesbibliothek), Johannes Silberschneider, Monika Primas (Landesbibliothek), Illustratorin Jacqueline Kaulfersch, Christina Zettl, Thomas Untersweg (Büro 41A), Markus Kostajnsek (Landesbibliothek) | Foto: RegionalMedien
  • Setzten Peter "Rosegger in Bewegung": Michael Sittinger (Landesbibliothek), Johannes Silberschneider, Monika Primas (Landesbibliothek), Illustratorin Jacqueline Kaulfersch, Christina Zettl, Thomas Untersweg (Büro 41A), Markus Kostajnsek (Landesbibliothek)
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Öffnungszeiten - Ausstellungsdauer
Die Ausstellung ist von 30. März bis 29. Dezember 2023 in der Steiermärkischen Landesbibliothek zu sehen.
Der Eintritt ist während der Öffnungszeiten der Landesbibliothek (Mo, Di, Mi, Fr: 9-17 Uhr, Do: 9-20 Uhr) kostenlos. Weitere Informationen gibt es in der Broschüre zur Ausstellung.

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