Landeshauptmann Schützenhöfer: "Neuwahlen haben keinen Sinn"

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Haben Sie schon mit Arnold Schwarzenegger wegen Donald Trump telefoniert?
SCHÜTZENHÖFER: Noch nicht.

Wo waren Sie denn am 8. und 9. November?
In Berlin, wo ich als derzeitiger Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz einen Empfang in unserer Botschaft gegeben habe. Wir waren alle überrascht. Ich war aber auch von den emotionalen Reaktionen der deutschen Spitzenpolitiker überrascht. Das hat mir sehr missfallen.

Inwiefern denn?
Dem türkischen Präsidenten Erdogan rennt man sozusagen nach, weil man ansonsten die Flüchtlingssituation in der EU nicht in den Griff bekommt und gleichzeitig mahnt man bei Donald Trump Demokratieverständnis ein. Wir müssen mit Trump leben lernen.

Und mit Erdogan?
Ich bin mit der Entwicklung in der Türkei überhaupt nicht einverstanden. Aber trotzdem müssen wir in Kontakt bleiben. Gespräche können oft noch Schlimmeres verhindern. Und ein Weg der Türkei in die EU ist derzeit ohnedies nicht absehbar.

Wen wählen Sie bei der Bundespräsidentenwahl?
Das sage ich Ihnen nicht.

Was sagen Sie zur Lage der Bundesregierung?
Ich glaube, die SPÖ ist nach einem kurzen Höhenflug mit ihrem neuen Kanzler mittlerweile wieder in der Realität gelandet. Zunächst hatte ich die Hoffnung, dass es mit Christian Kern besser wird. Aber es regiert der taktische Winkelzug und nicht der Wille zur Lösung.

Warum ist das so?
Ganz ehrlich: Ich weis es nicht.

Also Neuwahlen?
Nein. Die Regierung soll die fünf Jahre bis zur nächsten geplanten Wahl im September 2018 durcharbeiten. Wobei mir schon klar ist, dass bis dahin vier Landtagswahlen stattfinden und das eine strategische Herausforderung ist.

Warum klappt Schwarz-Rot in der Steiermark?
Weil wir den Nutzen für das Land über die Interessen der eigenen Klientel stellen. Deshalb haben wir zahlreiche Reformen bewerkstelligt. Und wir haben bewiesen, dass ÖVP und SPÖ noch lange nicht ausgedient haben.

Aber bei den letzten Landtagswahlen gab es trotz Reformen eine Niederlage?
Reformen verursachen nicht bei allen Menschen Glücksgefühle. Aber ohne Reformen hätten wir noch mehr verloren. Tut man nichts, wird man erst recht abgewählt. So haben wir zusammen immerhin 59 Prozent abgeholt.

Soll die ÖVP nach der nächsten Wahl im Bund mit der FPÖ regieren?
Wenn die ÖVP Juniorpartner wäre, kann ich mir das kaum vorstellen.

Haben Sie für die Bundesregierung einen Rat?
Die braucht meinen Rat sicher nicht. Aber wer nur auf die nächste Wahl schielt oder auf die nächste Schlagzeile in den Medien, hat schon verloren.

Bei der steirischen Spitalsreform macht man's anders, oder?
Ja – das ist geradezu eine Sensation, wenn man sieht, dass eine so große Reform, wie die Gesundheitsreform 2035 in diesem Einvernehmen möglich ist, da waren 1300 Leute, hier macht sogar die Ärztekammer mit. Das ist eben der neue Dialog, der sich aus dieser Zusammenarbeit der traditionellen Parteien ÖVP und SPÖ ergeben hat, weil alle erkennen: Wenn man haben will, dass alles beim Alten bleibt, ist das schon ein Rückschritt.

Sie werden den Prozess "begleiten"?
Ich krieg ja jetzt schon viele Hinweise darauf, so nach dem Motto: „Ihr habt recht, mit dem, was ihr da macht. Aber mein Spital, meine Niederlassung ist besonders wichtig.“ Das ist wie bei allen Reformen ...

Florianiprinzip ...?
Wir haben es auch bei der Gemeindestrukturreform gesehen – dieses Prinzip feiert fröhliche Urständ, das ist nicht neu, es beginnt jetzt schon die Debatte: Wo sind diese 7 zentralen Spitäler? Da werde ich mich als Landeshauptmann nicht von Gruppen und Grüppchen einspannen lassen, sondern meine schützende Hand über die halten, die das präzisieren werden.

Themenwechsel: Finanzausgleich – glücklich?
Ich bin weder himmelhoch jauchzend, noch zu Tode betrübt. Es ist ein realistischer Ausgleich. Es ist mehr als sich manche durch die Ankündigungen des Ministers erwartet haben. Es ist weniger, als man sich vom Christkind gerne gewünscht hätte. Aber in unserem Alter sind Wünsche ans Christkind zwar formulierbar, aber nicht realisierbar. Wir können damit leben, er bringt den Gemeinden ein bisschen mehr, vor allem den Städten. Er bringt den Ländern mehr, wir haben im Zuge des Finanzausgleichs auch die Pflege weiter verlängert und wir bekommen für die Flüchtlinge eine Einmalzahlung. Wir können ein bisschen Luft holen, durchatmen kann man nicht.

Sehen Sie uns am richtigen Weg?

Wie es Josef Pühringer so schön gesagt hat: Der Einstieg zum Umstieg ist gelungen. Wir müssen vom abgestuften Bevölkerungsschlüssel und vom Fixschlüssel, der 1997 nach vielen Provisorien auch noch gesetzlich verankert wurde, wegkommen. Das sind die Ungerechtigkeiten, die dazu führen, dass ein Wiener hunderte Euro mehr pro Kopf und Nase bekommt, als ein Steirer oder Niederösterreicher.

Den Weg hin Richtung Aufgabenorientierung?

Richtung Aufgabenorientierung, Richtung Bevölkerungsschlüssel – und wir müssen uns Zeit geben. Wir haben in der Landeshauptleutekonferenz den Beschluss gefasst, dass wir eine Umsetzungsgruppe einsetzen: Hochrangig besetzt mit vier Landeshauptleuten sowie Bundeskanzler Kern, Vizekanzler Mitterlehner, die Minister Schelling und Drozda. Das ist eine Eingreiftruppe, die gut zusammengestellt ist.

Was ist Ihnen wichtig?

Erstens: Wie kann ich Verfahren verkürzen? Das ist mir für die Unternehmerschaft ganz wichtig. Wenn ich in einem Betrieb bin, werde ich von den Leuten nicht gefragt, ob es Förderungen gibt, sondern ob sie es in ihrem irdischen Leben noch erleben, dass eine Betriebserweiterungsgenehmigung kommt ...
Das ist mir das Wichtigste, den Unternehmern geht es nicht nur ums Geld, sie müssen sehen, dass sie überhaupt erwünscht sind, damit sie hier investieren – das Leben ist nicht nur logisch, es ist psychologisch. Mit der 6. Urlaubswoche und der Arbeitszeitverkürzung werden sie vergrault.

Zweitens ...?
Dann müssen wir uns 3 Jahre Zeit nehmen für einen neuen Finanzausgleich. Wir debattieren den Finanzausgleich immer ein Jahr bevor er aufhört, die letzten 4 Monate wird verhandelt. Die Schweizer etwa haben 15 Jahre die Neuordnung ihres Finanzausgleiches verhandelt. Wenn wir uns wirklich im Detail mit der Frage beschäftigen wollen, gibt es und wenn ja unter welchen Umständen für die Länder eine Steuerautonomie – kann ich das nicht im September 2016 debattieren, wenn es im Jänner 2017 in Kraft treten soll – da brauchen wir ein paar Jahre. Ich bin da, wie das schöne neue Wort heißt, „ergebnisoffen“. Ich schließe nichts aus, ich bin nicht der Weisheit letzter Schluss. Wir brauchen Zeit, wir brauchen Verhandlungen, die nicht davon begleitet sind, dass uns täglich – entschuldigen Sie – das Mikrophon unter die Nase gehalten wird. Wir müssen das in Ruhe angehen.

Es klingt so, als hätten Sie noch Lust auf mehr?

Ich bin ja noch nicht einmal eineinhalb Jahre Landeshauptmann, jetzt denke ich noch nicht drüber nach, wann ich wieder gehe. Allerdings (lachend): Wenn ich so lange bleibe, wie der Häupl und der Pröll, dann bin ich 86.

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