Eine Weltsensation im Landesarchiv
Mozart-Werk in Grazer Sammlung

- So sieht das Werk aus, das Wolfgang Amadeus Mozart zugeordnet wird, und im Landesarchiv liegt.
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Die Klavierstücke "Mailänder Variationen" aus den Beständen des Steiermärkischen Landesarchiv werden von einem deutschen Wissenschafter nach eingehender Untersuchung Wolfgang Amadeus Mozart selbst zugeordnet. Landesarchiv-Musikhistoriker Paul Duncan ist begeistert.
STEIERMARK. Das einzig bekannte Manuskript der "Mailänder Variationen" ist Teil der Lannoy-Sammlung des Steiermärkischen Landesarchivs und sorgt jetzt für eine Weltsensation. Diese Klavierstücke sind im Köchelverzeichnis, dem Werkverzeichnis von Wolfgang Amadeus Mozarts Kompositionen, zwar erwähnt, allerdings tragen sie keine Nummer, denn sie galten als "unmozartisch". Sie wurden bisher nur dem Umfeld Mozarts zugeordnet, Angaben zu einem konkreten Komponisten gab es nicht.
Klarheit bestand nur über den Anlass der Entstehung. Am 15. Oktober 1771 heiratete Erzherzog Ferdinand Karl, vierter Sohn der Kaiserin Maria Theresia, in Mailand Maria Beatrice d'Este. Der damals 15-jährige Mozart schrieb für die Feierlichkeiten die Oper "Ascanio in Alba". Die "Mailänder Variationen" entstanden zeitgleich, die Autorenschaft blieb bisher im Dunkel. Der Zyklus wurde bisher nur dreimal in der musikwissenschaftlichen Literatur erwähnt und nie veröffentlicht.
Musikwissenschaftliche Erkenntnisse
Paul Duncan, Musikhistoriker am Landesarchiv in Graz, hat nun nachgewiesen, dass das Manuskript der "Variationen" aus der Werkstatt des Wiener Kopisten Johannes Traeg (1747-1805) stammt und möglicherweise noch zu Mozarts Lebzeiten angefertigt wurde. Auch ein deutscher Wissenschafter, Carsten Wollin, hat sich mit dem Klavierwerk beschäftigt und kam zu neuen Erkenntnissen. Er hat das bisher noch nie publizierte Manuskript, das um 1791 in Wien entstanden ist, und den Titel "Thema con Variazioni per il Clavi Cembalo Del Sigre Wolfa: Amade Mozart" trägt, näher unter die Lupe genommen.

- Musikhistoriker Paul Duncan zeigt LH Christopher Drexler das Werk von Wolfgang Amadeus Mozart.
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Mit der erstmaligen Veröffentlichung durch Wollin legt dieser neue Argumente zur Herkunft der "Mailänder Variationen" vor. Die Schlussfolgerung zur Autorenschaft führt zu Wolfgang Amadeus Mozart selbst. Das wenig bekannte und vermutlich seit zweieinhalb Jahrhunderten nicht gespielte Musikstück fällt in eine Lücke von mindestens sieben Jahren, aus denen bisher keine Klavierwerke von Mozart bekannt sind.
Großartige Leistung
"Das freut auch Landeshauptmann Christopher Drexler, zuständig für das Landesarchiv. "Mozart ist einer der allergrößten Komponisten der Musikgeschichte, der untrennbar zur Österreich und zur Steiermark gehört. Es ist eine große Freude und eine großartige Leistung, dass diese historische Entdeckung bei uns im Steiermärkischen Landesarchiv gemacht wurde. Die Historiker haben mit diesem Sensationsfund ausgezeichnete Arbeit geleistet. Mozart feiert in der Steiermark ein Comeback."
"Mozart war zeitlebens nicht in Graz, umso erfreulicher ist es, dass die jüngste Mozart-Entdeckung in unserem Haus gemacht wurde", so Landesarchiv-Direktor Gernot Peter Obersteiner. "Die wissenschaftliche Arbeit von Carsten Wollin macht es plausibel, dass die Mailänder Variationen auf den jungen Mozart zurückgehen." Das Manuskript ist Teil der sogenannten "Lannoy-Sammlung" des Landesarchivs. Der Sammler Heinrich Eduard Josef von Lannoy starb 1853, nach dem Tod seiner Frau Josefine ging die bedeutende Sammlung mit über 1.000 Manuskripten an deren Bruder Bartholomäus von Carneri über. Dieser schenkte die Sammlung 1877 dem Musikverein für Steiermark., später wurde die Bibliothek des Johann-Joseph-Fux-Konservatoriums die Nachfolgerin der Bibliothek des Musikvereins. Seit 2005 werden Teile der Bibliothek, darunter die Lannoy-Sammlung, im Landesarchiv verwahrt.

- Elisabeth Schöggl-Ernst, LH Christopher Drexler und Paul Duncan mit Mozarts Werk
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Die Erstpublikation der "Mailänder Variationen" sowie die wissenschaftliche Arbeit von Carsten Wollin zur Entstehungsgeschichte sind jetzt im Ortus Musikverlag erschienen. Der Verlag erklärt: "Das Werk verdient eine vorurteilslose Beschäftigung, die mit dem Erstdruck und der Rekonstruktion der Überlieferungsgeschichte durch Carsten Wollin beginnen kann."
Die musikhistorischen Quellen sind heuer ein bedeutendes Thema im Steiermärkischen Landesarchiv. Der Steirische Archivtag 2024 findet am 16. Oktober unter dem Titel "Archive und Musikwissenschaft" statt.
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