Einigung bei Finanzausgleich
Keine Begeisterung über Finanzausgleich

Einige Bürgermeisterinnen und Bürgermeister befürchten, dass der neue Finanzausgleich bei Weitem nicht ausreicht. | Foto: Vorreiter
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  • Einige Bürgermeisterinnen und Bürgermeister befürchten, dass der neue Finanzausgleich bei Weitem nicht ausreicht.
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Die Reaktionen der steirischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zum frisch ausverhandelten Finanzausgleich fallen teilweise heftig aus. Der steirische Gemeindebundobmann LAbg. Erwin Dirnberger, zugleich als österreichischer Gemeindebund-Vizepräsident einer der Chefverhandler auf Gemeindeseite, spricht von einem vernünftigen Kompromiss.

STEIERMARK. Am Dienstagnachmittag einigten sich Bund, Länder und Gemeinden auf den neuen Finanzausgleich, der von 2024 bis 2028 gültig sein wird. Die Grundsatzeinigung sieht vor, dass der Bund künftig 2,4 Milliarden Euro "frisches Geld" pro Jahr zur Verfügung stellt. Der steirische Gemeindebundobmann und gleichzeitig österreichische Vizepräsident Erwin Dirnberger war als einer der Chefverhandler für die Gemeinden live dabei. Sein Eindruck? "Die großen Herausforderungen unserer Zeit treffen Bund, Länder und Gemeinden gleichermaßen, also hatten wir die Aufgabe, einen tragbaren, vernünftigen Kompromiss zu finden, der meiner Meinung auch gelungen ist."

Zukunftsfonds mit einem Parameter

Die Tatsache, dass Steirerinnen und Steirer oder Burgenländerinnen und Burgenländer immer noch weniger wert sind als ein Vorarlbergerinnen und Vorarlberger oder Salzburgerinnen und Salzburger, konnte auch Dirnberger nicht ändern. "Immerhin haben wir es geschafft, dass im Zukunftsfonds nur die Bevölkerungszahl als Parameter zählt. Der Strukturfonds wurde von 60 auf 120 Millionen Euro aufgestockt, davon profitieren die meisten steirischen Gemeinden.

Der Bund gewährt den Gemeinden im Jahr 2024 einen Vorschuss von 300 Millionen an Ertragsanteilen, die 2026 und 2027 zurückgezahlt werden sollten. "Meine Hoffnung ist, dass uns der Bund diese Summen dann nicht in Rechnung stellt", so Dirnberger weiter. Der Strukturfonds konnte von 300 auf 600 Millionen Euro verdoppelt werden, zusätzlich gibt es Gelder für kleinere Bereiche wie Schülertransport, Eisenbahnkreuzungen und Siedlungswohnraum. Im November werden die Details ausverhandelt. "Wichtig ist, dass das Geld nicht hängen bleibt, sondern wirklich bei den Gemeinden ankommt", sagt Dirnberger abschließend.

Minimaler Kompromiss

Für den steirischen Finanz-Landesrat, LH-Stv. Anton Lang ist das Ergebnis der Verhandlungen ein minimaler Kompromiss, der keine Freude bei ihm auslöst. "Details, insbesondere wie Länder und Gemeinden zu den Geldern des sogenannten Zukunftsfonds kommen werden, müssen erst präzisiert bzw. abschließend verhandelt werden. Ich bleibe daher bei meiner Meinung: Um die künftigen Aufgaben in den Ländern, Städten und Gemeinden bewältigen zu können, wird kein Weg an einer neuen, vertikalen Verteilung der Steuereinnahmen des Bundes vorbeiführen“", so Lang.

Steirische Reaktionen

Und was sagen die steirischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister? Hier eine Auswahl:
Helmut Linhart (ÖVP) Köflach: Es ist eine Frechheit, dass österreichische Staatsbürger nicht gleich viel wert sind. Es kann nicht sein, dass ein Vorarlberger im Finanzausgleich mehr zählt als ein Steirer oder Burgenländer. Außerdem hat der Bund auf unzulässige Weise Aufgaben auf die Gemeinden übergewälzt wie Mikro-ÖV oder Schulassistenz. Wenn der Bund will, dass seine Aufgaben die Gemeinden machen, soll er uns mehr Geld geben.

Hermann Grassl (ÖVP) Hartl: Faktum ist, dass die Kosten für die Gemeinden in Bereichen wie Pflegeverband, Kindergärten und Schulen speziell in den letzten Jahren ganz enorm gestiegen sind. Die Einnahmen hingegen stagnieren. Diesbezüglich hätte ich mir einen Ausgleich für die gestiegenen Kosten erwartet, der aber nicht erfolgt ist. Es bereitet mir große Sorgen, wie wir künftig überhaupt noch Investitionen tätigen sollen.

LAbg. Andreas Thürschweller (SPÖ) Eibiswald: Das Problem der Gemeinden ist, dass der laufende Betrieb immer schwieriger zu finanzieren ist. Treiber sind die laufenden Kosten für die Pflegeverbände bzw. Sozialhilfeverbände und die Kinderbetreuung. Wir in der Südweststeiermark stehen zum Ausbau und zum Erhalt von Kinderbetreuungseinrichtungen, modernen Schulen, Pflegeeinrichtungen, leistbaren Wohnraum etc. Jetzt gehört im Finanzausgleich klar geregelt, wofür Länder und Gemeinden Geld erhalten. Bei der Summe bin ich skeptisch, ob das reichen wird, mir wäre eine Änderung des Verteilungsschüssels lieber gewesen. Die Berechnung der Ertragsanteile aus dem Steuertopf mit unterschiedlichen Quoten stammen noch aus der Nachkriegszeit und spiegeln die Situation von heute absolut nicht wider.

LAbg. Maria Skazel (ÖVP) St. Peter im Sulmtal: „Es kommen immer wieder neue Aufgabenbereiche auf die Gemeinden zu und damit steigen auch die finanziellen Herausforderungen überdimensional. Die Zahl der Gemeinden, die ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen können, wird im Jahr 2024 nochmals ansteigen. Vor allem für unsere kleineren Landgemeinden wird deshalb die deutliche Erhöhung der Strukturmittel positiv gesehen. Diese Strukturmittel sind u.a. für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur wesentlich. Aus dem neuen „Zukunftsfond“ werden Mittel für die Bereiche Kinderbetreuung, Umwelt/Klima sowie Wohnen/Sanierung zur Verfügung stehen. Nicht nur in Hinblick auf den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung, auch für die anstehende und notwendige Erhöhung der Gehälter der Pädagoginnen und Pädagogen sowie der Betreuerinnen und Betreuer in unseren Kindergärten werden diese Mittel dringend benötigt! Alles in allem ein vertretbarer Kompromiss, mehr geht immer. 

Josef Ober (ÖVP) Feldbach: Es ist eine kleine Erleichterung, aber bei Weitem nicht das, was die Teuerung wettmachen kann. In Sachen Kinderbetreuung ist auch nicht geklärt, wie die Personalkosten gedeckt werden. Ich verweise auch auf ein Gefälle zwischen Ost und West bei den Pro-Kopf-Einnahmen aus Ertragsanteilen, das sind die westlichen Bundesländer klar im Vorteil. 

LAbg. Wolfgang Dolesch (SPÖ)  Neudau: Aus meiner Sicht ist es grundsätzlich erfreulich, dass den Gemeinden für Investition in Bereiche wie Elementarpädagogik oder Kinderbetreuung zusätzliche Mittel in Aussicht gestellt werden, aber das Problem liegt aus meiner Sicht ganz woanders. Die laufenden Kosten, wie Löhne und Gehälter oder die Pflichtausgaben im Sozialbereich, steigen enorm und sind von den Gemeinden kaum mehr zu stemmen. Erst wenn wir diese Herausforderungen im Griff haben, kann an weitere Investitionen gedacht werden.

Bernd Osprian (SPÖ) Voitsberg: Den großen Wurf sehe ich nach wie vor nicht, denn es ist nicht nachvollziehbar, warum Steirer weniger wert sind als Vorarlberger oder Salzburger. Dass der Strukturfonds aufgestockt wird, ist nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Als Städte-Bürgermeister bin ich sehr unzufrieden damit.

Karl Lautner (ÖVP) Bad Radkersburg:
Grundsätzlich ist es ein positiver erster Schritt, ich hoffe natürlich, dass auch bei den Gemeinden was ankommt. Speziell wir stehen als Gemeinde auf der Kostenseite, etwa mit der Erhaltung von Kindergärten und Schulen, vor großen Herausforderungen und sind auch angesichts der Teuerung auf die Hilfe von Land und Bund angewiesen.

Kurt Wallner (SPÖ, Landesvorsitzender des Städtebundes) Leoben: Bei einem Kompromiss ist man nie ganz zufrieden. Unserem Präsidenten Bürgermeister Michael Ludwig ist es jedoch in letzter Minute noch gelungen, dass gerade die dynamischen Bereiche Pflege und Gesundheit ab 2025 jährlich an die Inflation angepasst werden und noch zwei Prozentpunkte dazu kommen. Die Größenordnung des Zukunftsfonds von rund 1,1 Milliarden entspricht zirka ein Prozent mehr in der vertikalen Verteilung. Jetzt liegt es an uns, mit dem Land über die Aufteilung dieser Gelder in partnerschaftliche Verhandlungen einzutreten. Auch der Vorschuss von 300 Millionen an Ertragsanteilen hilft uns im Jahr 2023.

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