Insolvenzstatistik Steiermark
Firmeninsolvenzen auf "Normalwert"
21 Insolvenzverfahren pro Werktag im ersten Halbjahr: Die Firmeninsolvenzen steigen weiter um 10 Prozent und erreichen somit das Niveau vor der Corona-Pandemie.
STEIERMARK. Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat die endgültigen Zahlen bei den Firmeninsolvenzen für das erste Halbjahr in Österreich analysiert. Die Firmeninsolvenzen steigen weiter um 10 Prozent auf 2.661 Verfahren und erreichen das Vor-Pandemie-Niveau des Jahres 2019.
Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform, analysiert den aktuellen Insolvenztrend: „Der Corona-Nachholeffekt wirkt nur mehr bedingt. Hinzukommen aber die Herausforderungen Fachkräftemangel, Teuerung, schwacher Binnenkonsum und das Kränkeln von Österreichs wichtigstem Handelspartner Deutschland.“
Laut einer Creditreform Umfrage vom Frühjahr unter 1.400 österreichischen Unternehmen
berichten 39 Prozent der heimischen Unternehmen von sinkenden Erträgen. Die Auftragslage der kommenden Monate ist negativ, die Umsätze stagnieren.
Die Insolvenzpassiva belaufen sich auf rund 1,1 Mrd. Euro. 10.000 Arbeitsplätze und über
29.000 Gläubiger sind betroffen. Geprägt war das erste Halbjahr von einigen bekannten Firmeninsolvenzen wie Kika/Leiner, Forstinger und Tally Weijl.
Bundesländervergleich
Den stärksten Zuwachs verzeichnen Kärnten (+50,4%), die Steiermark (+12,5%) und Salzburg
(+11,5%). Die höchste Insolvenzbetroffenheit herrscht in der Bundeshauptstadt mit 11 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen, die geringste in Vorarlberg mit 3 von 1.000 Unternehmen.
Österreichweit müssen rund 7 von 1.000 Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen.
Branchenvergleich
Starke Zuwächse im Tourismus und in der Industrie: Am stärksten steigen die Insolvenzen im Beherbergungs- und Gaststättenwesen,. Trotz des großen Zuwachses in Prozent ist die Industrie nach wie vor relativ betrachtet krisenresistenter als die anderen Branchen. Die Industrie kämpft aber mit sinkenden Aufträgen, hohen Löhnen und Energiekosten sowie einem Fachkräftemangel. Der Tourismus scheint heuer die Pandemie endgültig überwunden zu haben, die Ausfälle während der letzten Jahre wirken aber im Ergebnis nach und führt zu zahlreichen Aufgaben.
Die meisten Insolvenzen werden im Handel (455), im Bauwesen (451) und in den Unternehmensbezogenen Dienstleistungen (418) angemeldet. Der Handel leidet durch die inflationsbedingte neue Sparsamkeit, der Bau durch die Verschärfungen bei der Immobilienkreditvergabe. Die größte relative Insolvenzbetroffenheit herrscht im Bau mit fast 19 von 1.000 Branchenunternehmen und ist damit 2,5-mal so hoch wie der österreichweite Durchschnitt.
Rückgänge verzeichnen hingegen die Branche Verkehr- und Nachrichtenübermittlung, wie etwa Transport (-10,7%) und das Kredit- und Versicherungswesen (-6,7%).
Bilanz für die Steiermark
In der Steiermark gab es im ersten Halbjahr 289 Firmeninsolvenzen, im ersten Halbjahr 2022 waren es 257, ergibt eine Steigerung von immerhin 12,5 Prozent. Erfreulicher sieht der Trend bei bei den Privatinsolvenzen aus: Waren es 2022 noch 637 sank die Zahl im ersten Halbjahr auf 559 Fälle – minus 12,2 Prozent.
Das Bezirksranking führt bei den Firmeninsolvenzen der Bezirk Graz mit 109 Insolvenzverfahren, gefolgt von Graz-Umgebung (34) und Hartberg-Fürstenfeld (18). Schlusslicht ist Murau mit keiner einzigen Insolvenz. Auch das Ranking der Privatinsolvenzen führt Graz mit 174 Fällen an, gefolgt von Graz-Umgebung (51) und Bruck-Mürzzuschlag (50).
Der weitere Ausblick
Die Folgen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs sowie der Lieferkettenproblematik sind
halbwegs gemeistert. Daher steigen die Insolvenzen „nur“ mehr um knapp 10 Prozent anstatt um 60 Prozent wie im vergangenen Jahr.
Dafür schlagen Inflation und höhere Zinsen vor allem in Österreich und Deutschland zu. Das Geschäftsklima hat sich angesichts des schwierigen Konjunkturumfelds spürbar eingetrübt. On the top kommen die Kosten der grünen Transformation, die nach der Pandemie auf angespannte Staatskassen treffen, die sich zudem nicht mehr zum Nulltarif refinanzieren können. Der Binnenkonsum ist geprägt von Sparsamkeit und Zurückhaltung trotz stabilem Arbeitsmarkt.
„Das neue Normal für Unternehmen ist die laufende, nie enden wollende Bewältigung neuer,
vielschichtiger Krisen und Herausforderungen. Dafür braucht es ein professionelles Risikomanagement und eine sorgfältige Liquiditätsplanung“, fasst Gerhard Weinhofer die aktuelle Lage zusammen. Für das Gesamtjahr 2023 rechnet Weinhofer mit rund 5.500 Firmeninsolvenzen.
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