Umfrage der Woche
Tote Schafe im ganzen Land: Bär und Wolf machen Beute

Der wanderfreudige Wolf ist grundsätzlich menschenscheu. Meist machen nur noch die Überreste von Nutztieren darauf aufmerksam, dass der Wolf oder der Bär hier Beute gefunden hat. | Foto: pixabay
  • Der wanderfreudige Wolf ist grundsätzlich menschenscheu. Meist machen nur noch die Überreste von Nutztieren darauf aufmerksam, dass der Wolf oder der Bär hier Beute gefunden hat.
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REGION. Die großen Beutegreifer Bär, Wolf und Luchs sind in Tirol bereits vor ca. 150 Jahren fast gänzlich verschwunden. Nun sind sie wieder da, und verursachen landesweit Kopfzerbrechen. Vor allem Bär und Wolf sind bei uns wieder gelegentlich auf den Almen unterwegs. Obwohl sie einen hohen Schutzstatus, z. B. durch die Flora-Fauna-Habitatrichtlinie der EU genießen, wird der Ruf laut: Diese Tiere haben bei uns in der Tiroler Tourismus- und Kulturlandschaft nichts verloren.  (UMFRAGE am Ende dieses Berichtes)

AKTUELL - Link:  Oberhofer Schafbauern reicht es: Schafe zurück ins Tal

Der wanderfreudige Wolf ist grundsätzlich menschenscheu. Meist machen nur noch die Überreste von Nutztieren darauf aufmerksam, dass der Wolf oder auch der Bär hier Beute gefunden hat.

„Soforthilfe-Paket Herdenschutz“

Die Naturschutzorganisationen WWF Österreich und Naturschutzbund fordern ein „Soforthilfe-Paket Herdenschutz“.

„Alljährlich und auch bei diesem Gipfel wird nach europarechtswidrigen Abschüssen gerufen, ohne der Almwirtschaft konkret zu helfen. Nachbarländer wie die Schweiz zeigen eindrücklich, dass nur fachgerechter Herdenschutz Nutztiere besser schützen kann. Dort steigt die Anzahl der Wolfsrudel, aber sinkt die Anzahl gerissener Schafe pro Wolf. Unsere besorgten Bäuerinnen und Bauern brauchen endlich echte Hilfe statt Scheindebatten, die nur in eine Sackgasse führen“,

sagen WWF-Wolfsexperte Christian Pichler und Lucas Ende vom Naturschutzbund. Denn Wölfe sind nach Österreich zurückgekommen, um zu bleiben.

Rissverdachtsfälle in ganz Tirol

Über das Wochenende vom 26. und 27. Juni 2021 wurden der Behörde aus den verschiedensten Teilen Tirols tote Schafe mit Verdacht auf die Beteiligung eines Großraubtieres gemeldet. In Summe wurden in diesem Zeitraum 36 Schafe auf Almen in den Gemeindegebieten von St. Leonhard im Pitztal (sieben Schafe), Umhausen (fünf Schafe), Oberhofen (vier Schafe), Westendorf (drei Schafe), Rietz (ein Schaf), Silz (15 Schafe) und St. Anton a. Arlberg (ein Schaf) tot aufgefunden. Einige sind in Zusammenhang mit verschiedenen Vorkommnissen zudem abgängig. Im Gemeindegebiet von Erl sind drei Kälber abgestürzt. Berichten zufolge soll im Grenzgebiet von Bayern ein Wolf gesichtet worden sein.

Begutachtung der Risse: Es war vermutlich der Bär

Bereits amtstierärztlich begutachtet wurden die Risse in Silz, Westendorf und Rietz. Am Montag, 28.6., begutachtet werden die neu gemeldeten Rissverdachtsfälle in Oberhofen, wo es bereits zahlreiche Risse gab. Bei dem toten Schaf, das im Verwalltal gefunden wurde, ist aufgrund von übermittelten Bildern von einem Bärenriss auszugehen. Nachdem in diesem Gebiet bereits die Spur eines Bären fotografiert wurde, wurde nunmehr am Wochenende auch die Sichtung eines Bären gemeldet. In St. Leonhard ist davon auszugehen, dass es sich um Risse handelt, die im Zusammenhang mit einem bereits untersuchten Schaf in der vergangenen Woche handelt. Hier ist ein Bär als Verursacher nicht auszuschließen. Die aus Umhausen gemeldeten toten Schafe könnten ebenfalls in Zusammenhang mit einem Bären stehen. Am Sonntag wurde aus dem Gemeindegebiet von Umhausen der Behörde eine Spur gemeldet, die von einem Bären stammen dürfte.

Seit Beginn der Almsaison vor wenigen Wochen wurden der Behörde im Zuge von Rissmeldungen und amtstierärztlichen Begutachtungen bereits über 95 tote Schafe zur Kenntnis gebracht, in Summe dürften heuer bereits deutlich mehr als 100 Schafe unter Beteiligung von Wölfen und Bären zu Tode gekommen sein. Dutzende Tiere werden vermisst. Aufgrund der Weitläufigkeit der Almgebiete und des extremen Geländes werden tote Tiere zum Teil erst nach einigen Tagen gefunden. Oft sind die Kadaver bereits stark verwest und eine Probennahme nicht möglich oder wenig erfolgversprechend.

Was die Bestimmung der einzelnen Individuen anlangt, liegen neue Ergebnisse aus der Genotypisierung vor. Der genetische Fingerabdruck jenes Wolfes mit der Bezeichnung 108MATK, der heuer am 5. Mai bereits bei einem Rotwildriss in Neustift nachgewiesen wurde, wurde auch bei einem gerissenen Schaf am 25. Mai in Trins festgestellt. Ein bislang in Österreich nicht genetisch erfasster Wolf ist für die Risse in Nauders vom 30. Mai und in Längenfeld am 2. Juni verantwortlich. Dieser Wolf trägt die Bezeichnung 112MATK.

Entnahme von Problemwölfen?

Die Diskussion um eine „Entnahme von Problemwölfen“ sei reine Ablenkung, so die Naturschutzorganisationen. Denn Wölfe können nicht zwischen „erlaubter Beute“ wie Wildtieren und „verbotener Beute“ wie Schafen unterscheiden, solange sie nicht von Hirtinnen und Hirten, Herdenschutzhunden oder Zäunen abgeschreckt werden.

„Fachgerechten Herdenschutz gibt es in Österreich bisher nur in Ausnahmefällen. Die Almwirtschaft darf nicht mehr länger allein im Regen stehen gelassen werden und braucht dringend Unterstützung nach Vorbild der Schweiz“,

sagt Lucas Ende vom Naturschutzbund. „Denn selbst illegale Abschüsse können nicht verhindern, dass auch in Zukunft ungeschützte Nutztiere gerissen werden. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern endlich erfolgreiche Maßnahmen der Nachbarländer bei uns übernehmen“, erklärt WWF-Experte Christian Pichler.

Ab sofort online verfügbar ist der  Jahresbericht Bär-Wolf-Luchs und Goldschakal 2020. Im Jahr 2020 wurden in Tirol zehn verschiedene Wölfe aus drei Herkunftspopulationen genetisch nachgewiesen. Im Zusammenhang mit Wolfsangriffen wurden vergangenes Jahr 281 tote Schafe und Ziegen sowie weitere 30 Schafe im Zusammenhang mit einem Goldschakal mit insgesamt 70.000 Euro entschädigt. Über 1.000 Tiere wurden 2020 aufgrund der Präsenz eines Wolfes vorzeitig von 15 verschiedenen Almen abgetrieben. Die Futterkosten für diese Tiere beliefen sich auf 26.000 Euro. Bärennachweis gab es im vergangenen Jahr keinen

Weitere Infos zum Thema:
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