Umfrageergebnis
Lawinengefahr wird häufig ignoriert – Umfrage der Woche

Aktuell vergeht kaum ein Tag, an dem in Tirol nicht irgendwo eine Lawine abgeht. Viele dieser Lawinen fordern Verletzte und Tote.  | Foto: Archiv
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Aktuell vergeht kaum ein Tag, an dem in Tirol nicht irgendwo eine Lawine abgeht. Viele dieser Lawinen fordern Verletzte und Tote. Alleine das Wochenende vom 4. und 5. Februar forderte acht Tote. Leichtsinn? Mangelnde Information? Was sind die Gründe?

TIROL (skn). In Österreich stoßen rund 5.800 Lawinen in das Dauersiedlungsgebiet vor. Zahlreiche Lawinenabgänge führen zu Problemen in alpinen Skigebieten. Tirol gehört neben Salzburg, Vorarlberg, sowie Teilen der Steiermark und Kärntens zu den Gebieten mit der höchsten Lawinengefahr. Und trotz der hohen Gefahr durch Lawinen und einem gut ausgebauten Lawinenwarnsystem gibt es in Tirol jährlich Todesopfer bei Lawinenabgängen.

Ergebnis unserer Umfrage der Woche zur Gefahr von Lawinenabgängen

Hier das Ergebnis unserer Umfrage der Woche*

  • Insgesamt haben 416 Leserinnen und Leser an unserer Umfrage der Woche zur häufig unterschätzten Gefahr durch Lawinen teilgenommen. Wir wollten wissen, ob ihr schon einmal eine Physiotherapie in Anspruch genommen habt.
  • 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer glauben, dass viele die Lawinengefahr unterschätzen
  • 235 Leserinnen und Leser glauben, dass sich viele zwar der Gefahr bewusst sind, diese aber ignorieren
  • 43 LeserInnen und Leser glauben, dass es sich um eine Mischung aus vielen Faktoren handelt
  • 8 Teilnehmerinnen und Teilnehmer glauben, dass nicht genügend über die aktuelle Lawinensituation informiert wird.
In unserer Umfrage der Woche wollten wir wissen, warum es immer wieder zu Lawinenunfällen mit Personenbeteiligung kommt. Hier das Ergebnis | Foto: BezirksBlätter Tirol
  • In unserer Umfrage der Woche wollten wir wissen, warum es immer wieder zu Lawinenunfällen mit Personenbeteiligung kommt. Hier das Ergebnis
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An unserer Umfrage der Woche zum Risiko, das manche Menschen in Bezug auf die Lawinensituation eingehen, haben insgesamt 416 Leserinnen und Leser teilgenommen. Das Ergebnis zeigt auch deutlich, dass die vielen Lawinenopfer nicht auf mangelnde Information zurückgehen. In Tirol wird auf vielen unterschiedlichen Kanälen über die Lawinensituation beziehungsweise aktuelle Lawinenwarnstufe informiert. So glauben nur 1,92 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass nicht genügen darüber informiert wird. 31,25 Prozent denken, dass viele Wintersportler die Gefahr eines möglichen Lawinenabgangs unterschätzen. 10,34 Prozent sehen eine Mischung aus vielen Faktoren. Die Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmerinnen – 56,94 Prozent – glauben, dass sich viele Wintesportler der Gefahr zwar bewusst sind, diese aber ignorieren.

Tirol hat österreichweit die meisten Lawinentoten

Österreichweit hat Tirol jährlich die meisten Lawinentoten. Die einzige Ausnahme bildet der Winter 2018/19. Hier liegt Vorarlberg  vor Tirol. Besonders hervorzuheben ist der Lawinenwinter 1988/89. Hier forderte das Lawinenunglück von Galtür 38 Tote.

Leichtsinn? Selbstüberschätzung? Mangelnde Information?

Gerade bei schönem Wetter zieht es im Winter viele Wintersportler in die Berge. Auch wenn die Lawinenkommission eine hohe Lawinenwarnstufe ausruft, lassen sich viele nicht davon abhalten, im freien Gelände Skizufahren. Oft wird das Risiko einfach ignoriert.

„Das Wissen über die Lawinengefahr ist vorhanden, es erreicht die Risikogruppen aber nur unzureichend.“ (Peter Paal, Präsident des ÖKAS)

Häufig spielt die Versuchung, abseits der gesicherten Pisten einen Hang zu befahren, der noch völlig unberührt ist, eine große Rolle. Immer wieder haben Wintersportler das Gefühl, sich selbst verwirklichen zu müssen und das einzigartige Gefühl der unberührten Hänge voll auszukosten.

Oft wird einfach nicht auf die Warnungen der Lawinenwarndienste gehört. Der Grund für die Lawinenunfälle ist häufig ein Mix aus schlechter Vorbereitung, Selbstüberschätzung, Glaube an die eigene Unverwundbarkeit und das Unterschätzen der Naturgewalten. Zusätzlich kann eine teure Ausrüstung mit modernsten Lawinensuchgeräten und Lawinen-Airbag ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln.

„Wo ich gehe, ist es eh nicht gefährlich“

Viele Menschen hätten auch den Bezug zur Natur verloren und die Gefahr würde nicht erkannt werden, ist die Meinung vieler Bergretter. Zusätzlich ist das Skifahren im freien Gelände inzwischen ein Massenphänomen geworden.

Recht auf Rettung?

Immer wieder zu Beginn der Wintersaison flammt die Frage auf, ob man ein Recht auf Rettung hat. Viele Skitourengeher oder Bergsportler sehen die Bergrettung als Dienstleistung mit Rechtsanspruch. Dies ist aber ein falsches Denken, denn sobald für die Einsatzkräfte selbst Gefahr besteht, werden Rettungsaktionen unter- oder abgebrochen. Es gibt keine Rechtsvorgaben, auf deren Grundlage man ein Recht auf vorbehaltlose Bergrettung einfordern kann. Das Problem liegt daran, dass Bergretter bei Lawinenunglücken oft in einer moralischen Zwickmühle stecken. Er muss nicht helfen, will aber. So kommt es vor, dass sich Bergretter dann freiwillig in Gefahr bringen.

Warnung vor der Lawinengefahr auf allen Kanälen

Aus Sicht der Alpinpolizei wurde umfangreich und ausreichend gewarnt und auf die bevorstehenden Gefahrensituationen hingewiesen. In den Tagen vor einer Lawinenzeit (Ein kurzer Zeiträume eines Winters mit einem ein stark erhöhtes Lawinenrisiko) wird durch den Lawinenwarndienst permanent vor einer erhöhten Lawinengefahr gewarnt. Tirol hat einen der modernsten Lawinendienste der Welt. Dieser nützt alle erdenklichen Kanäle für die Warnungen.

"Nachlesen und richtig einschätzen müssen die Freizeitsportler aber selber." (Rudi Mair, Chef des Tiroler Lawinenwarndienstes, Februar 2022)

Die Lawinenwarnungen finden sich in den unterschiedlichsten Medien, wie online-Portalen von Zeitungen, in den Zeitungen selbst, im Radio und im Fernsehen. Auch über den Lawinenwarndienst selbst oder über Touren-Apps wird vor einer bestehenden Lawinengefahr gewarnt. Zusätzlich lassen bestimmte Wettersituationen auch auf eine erhöhte Lawinengefahr schließen. Teilweise finden sich auch in Lawinengebieten digitale Anzeigen, die über eine mögliche Lawinengefahr informieren wie beispielsweise in Innsbruck. Am Gramartboden werden WandererInnen und TourengeherInnen mit den neuesten technischen Mitteln vor Lawinen gewarnt.

Was die Lawinenwarnstufen bedeuten

Die Gefahrenskala für Lawinen gilt in ganz Europa seit 1993. Sie gibt die Einschätzung der Lawinengefahr in den Bergen wieder. In Tirol hat die Warnung vor Lawinen der Lawinenwarndienst übernommen, auf Gemeindeebene macht dies meist die Lawinenkommission. Diese sind für die Beurteilung der Lawinenlage vor Ort verantwortlich und beraten politische Entscheidungsträger beim Setzen von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung.

Bevor eine Lawinenprognose erstellt wird, werden verschiedene Datenquellen inklusive Wetterdaten erhoben. Dadurch kann der Schneedeckenaufbau genau erstellt werden. Zusätzlich werden auch Geländeerkundungen und Schneedeckenuntersuchungen Vorort vorgenommen. Die so erstellte Prognose kann für Tirol, Südtirol und Tirol im lawinen.report der offiziellen Lawinenvorhersage unter lawinen.report abgerufen werden. Weitere Informationen finden sich auch im Blog des Lawinenwarndienstes.

Entkommen ist so gut wie unmöglich

Es gibt unterschiedliche Arten von Lawinen. Jede Lawine hat unterschiedliche Auswirkungen. Schneebrettlawinen können beispielsweise eine Geschwindigkeit von 80 bis 100 Stundenkilometer erreichen. Die typische Schneebrettlawine hat eine Breite von rund 50 Metern und ist 150 bis 200 Meter lang. Die Schneebrettlawinen sind für rund 90 Prozent aller Lawinenopfer verantwortlich.

Ist das Gelände besonders steil kann aus der Schneebrettlawine eine Staublawine werden. Dabei werden kleine Schneeteile aufgewirbelt und entfachen eine Sogwirkung. Dazu kommen noch wirbelsturmartige Luftdruckunterschiede. Diese Lawinen erreichen Geschwindigkeiten bis zu 300 Stundenkilometern. Durch den Druck dieser Lawine können Bäume geknickt, Häuserdächer weggerissen und Fenster eingedrückt werden. Kommt ein Mensch in eine Staublawine, kann dieser am feinen Schneestaub ersticken. Aufgrund der hohen Geschwindigkeiten von Lawinen ist ein davon fahren nur in den seltensten Fällen möglich. Hat der Skifahrer das Schneebrett selbst losgetreten, befindet er sich gleichzeitig schon mitten in der Lawine. Ein Davonfahren funktioniert nur, wenn er sich am Rand der Lawine befindet.

Überlebenschancen in der Lawine sinken rasch

Die Überlebenschancen in einer Lawine sinken mit der Dauer, mit der jemand verschüttet ist. Nach rund 15 bis 20 Minuten unter einer Lawine sinkt die Überlebenskurve rasch ab. In diesen ersten 15 bis 20 Minuten liegt die Überlebenschance bei 91 Prozent. Diejenigen, die sterben, sterben meist an den Verletzungen. Danach sinkt die Überlebenschance auf rund 30 Prozent. Wichtig für ein Überleben in dieser Phase sind freie Atemwege, da ansonsten die Gefahr des Erstickens droht. Gibt es eine Atemhöhle unter der Lawine, erhöht dies die Chance aufs Überleben.

Überlebenschance von Lawinenopfern – Die Zeit eilt | Foto: APA
  • Überlebenschance von Lawinenopfern – Die Zeit eilt
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23 Prozent aller Lawinenabgänge enden tödlich. Bei Teilverschütteten liegt die Überlebensrate bei 52,4 Prozent.

Wird man von einer Lawine erfasst, spielt der Zeitfaktor bei der Lebensrettung eine große Rolle. Viele Lawinenopfer erleiden schwere Verletzungen durch Stürze. Unter den Schneemassen begraben, drohen Erstickung und Unterkühlung. Erstickung droht zum einen durch die Schneemassen, die die Atemwege verstopfen können. Zum anderen kann sich aufgrund der kalten Temperaturen eine Eismaske vor dem Gesicht bilden und die Atmung blockieren. Bei einem Atemfreiraum besteht die Gefahr, dass durch das Atmen der Sauerstoffanteil in der Luft rasch abfällt und eine CO2-Vergiftung droht. Ersticken gilt als häufigste Todesursache bei Lawinenopfern, rund 46 Prozent sterben daran. Nach rund 35 Minuten besteht bei den Verschütteten die Gefahr der erhöhten Lebensgefahr der Unterkühlung.

*Die Umfrage ist nicht repräsentativ

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