Die Stunde des Tanzes

Die Kulturinitiative „Fokus Mitmensch“ lud zu einem Abend in die Gleisdorfer Galerie „Einraum“. Eine Begegnung mit Flüchtlingen, eine erste Ausstellung von Arbeiten der Kreativen unter ihnen, ein Informationsstand der NGO „Südwind“.

Tanz, Bilder, wenige Worte, einige Schmuckstücke, so die ersten Angebote einer Verständigung, wo man noch keine gemeinsame Sprache hat.

Als ich die Bürgergasse hinunterging, sah ich von weitem schon die lebendige Ansammlung vor der Galerie und dachte: Gäbe es keine Oasen, in denen Reisende verläßlich Schutz finden, die ganze Welt wäre bloß noch eine Wüste, in der niemand sicher ist.

Das begreifen vaterländische Schreihälse nicht. Verzichten wir in menschlicher Gemeinschaft auf den Erhalt von geschützten Zonen, ist überall Wildnis und das Schicksal kann jeden treffen.

Helen Wieser, die Initiatorin von „Fokus Mitmensch“, muß darüber nicht erst nachdenken. Sie handelt. Diese Kulturinitiative ist keine Institution, sie ist eher ein Möglichkeitsraum. Eine Kommunikationssituation… in Progress. Hier entstehen im Gespräch und im schrittweisen Handeln jene Momente, in denen der Mitmensch sich nicht als Gegenmensch erleben muß.

Genau das betonte Kulturreferent Alois Reisenhofer bei der Ausstellungseröffnung. Er sagte ausdrücklich, daß er ein politisches Statement abzugeben habe, bezog sich auf den eben erst verklungenen Wahlsonntag, an dem die Steiermark den Landtag neu ordnete. Diese Wahl war von einiger Menschenverachtung begleitet gewesen.

So hieß Reisenhofer die Flüchtlinge ausdrücklich willkommen, unterstrich die Notwendigkeit einer Initiative wie „Fokus Mitmensch“, wo sich bei den Landtagswahlen auffallend viele Menschen zu einem „Fokus weg Mensch!“ bekannt hätten.

Die Ausstellung ist ein Mosaik der Äußerungen über schöne und belastende Momente, die das Leben der Flüchtlinge derzeit geprägt haben. Fotos, Zeichnungen und Malereien, stellenweise mit einzelnen Aussagen oder Texten versehen, Schmuckstücke, Objekte… Die Männer, aus mehreren Ländern der Welt auf der Flucht, repräsentieren etwa drei Generationen mit ganz unterschiedlichen Schicksalen.

So wird die Galerie zum Kommunikationsraum, zur Schnittstelle einer ersten zaghaften Verständigung der Flüchtlinge mit den Ortsansässigen. Dieser Raum bedeutet aber auch, aus der Nichtexistenz als menschliche Fußnote herauszutreten, wahrgenommen zu werden, gehört zu werden. Etwas, das für uns alle so unverzichtbar ist wie das Essen und Trinken.

So bleibt dieser Abend als weiterer Schritt eines Prozesses zu verstehen, der mit einer Tanzvorführung beim heurigen „Aprilfestival“ begann: Als Mensch in Erscheinung treten, greifbar werden, für Augenblicke die erfahrenen Traumata und Ängste vergessen dürfen und erleben, daß es in dieser Welt wenigstens Nischen gibt, in denen einem nicht mit Feindseligkeit und mit Drohungen begegnet wird.

Die Galerie ist über den Juni jeweils freitags von 13.00 bis 20.00 Uhr und samstags von 11.00 bis 15.00 Uhr geöffnet; spontane Termine zwischendurch eingeschlossen. Von „Südwind“ können dort Bücher ausgeborgt, Informationen bezogen werden. Das großflächige Fenster der Galerie eröffnet Interessierten auch außerhalb der Öffnungszeiten gute Einblicke.

Siehe dazu ferner: „Herausfinden, wer man andernorts ist“ [link]