Erinnerungsarbeit in Sinabelkirchen
Im Seniorenheim sind die Hühner los

Viele der Bewohner:innen hatten früher selbst Hühner, so werden die Erinnerungen von damals hervorgeholt und wieder erzählt. | Foto: RegionalMedien_Eisner
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Die drei Zwergpaduaner Hühner von Mariette Schindler von "Bei Tier sein" halfen bei der Erinnerungsarbeit im Seniorenheim Gepflegt Wohnen in Sinabelkirchen.

SINABELKIRCHEN/GROSSSTEINBACH. Josefine, Susi und Belle sind drei außergewöhnliche Hühnerschönheiten, die mit ihrer Besitzerin Mariette Schindler von "Bei Tier seinaus Großsteinbach mit dem Programm "Die Hühner sind los" Alten- und Pflegeheime, aber auch Schulen und Kindergärten besuchen. Dieses Mal waren die Damen zu Gast im Seniorenheim Gepflegt Wohnen am Kaiserberg in Sinabelkirchen.

Das Tier als Medium

„Das Tier ist eine Art Brücke zwischen mir und den Menschen, eine Art Medium. Ich beobachte, wie die Gruppe auf die Tiere reagiert und dann erst werde ich aktiv."
Mariette Schindler

Mariette ist ausgebildete Fachkraft für tiergestützte Intervention, Pflegeassistentin, Mama von zwei Kindern und Diplomsozialbetreuerin für Behindertenbegleitung.

In Altersheimen betreibt sie in Kleingruppen Biographie- und Erinnerungsarbeit. Im Unterschied zu Schulen, dort wird auf Wissensvermittlung und Lernen am Objekt gesetzt. Wenn die Senior:innen auf die Tiere treffen, werden die Sinne in allen Ebenen gefordert und die Wahrnehmung geschult: Geräusche, Farbe, Aussehen, Bewegung etc.

Josefine, Susi und Belle sind drei außergewöhnliche Hühnerschönheiten, die mit ihrer Besitzerin Mariette Schindler das Seniorenheim besuchten. | Foto: RegionalMedien_Eisner
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Über die Tiere gelingt ein anderer Zugang zu den Menschen. Das Huhn kann die Verbindung herstellen, es ist etwas Außergewöhnlichesim Alltag des Heimes. Viele der Bewohner:innen hatten früher selbst Hühner, so werden die Erinnerungen von damals hervorgeholt und wieder erzählt.

Als kleine Denkhilfen werden Fragen ins Gespräch eingestreut, wie zum Beispiel: „Welche Rasse hatten Sie damals? Wieviele Hühner waren bei Ihnen? Kennt jemand ein Sprichwort über Hühner?" 

Schritt für Schritt annähern

Oft haben die Einrichtungen bestimmte Wünsche, Vorstellungen, an denen während der Einheit gearbeitet werden soll. Die Ausgangslagen der teilnehmenden Personen sind unterschiedlich, dementsprechend wird das Programm auf die Bedürfnisse angepasst.

„Das ist für die Hühner wie Schokolade für uns: Bachflohkrebse“, erklärte die Hühnerflüsterin Mariette. | Foto: RegionalMedien_Eisner
  • „Das ist für die Hühner wie Schokolade für uns: Bachflohkrebse“, erklärte die Hühnerflüsterin Mariette.
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Bei den elf Senior:innnen in Sinabelkirchenwurden die Tiere Schritt für Schritt an die Menschen herangeführt. Zu Beginn waren die Zwergpaduanerinnen Josefine, Susi und Belle eingezäunt am Tisch inmitten der Runde unterwegs. Eine alte Dame wiederholte mehrmals: „So liebe Hühner sind das, sind nur die drei da?" Die Senior:innen fanden Gefallen an den Tieren, waren voll und ganz bei der Sache und beobachteten sie.

Nach kurzer Gewöhnungszeit von Mensch und Tier bekam jeder in der Gruppe einen Löffel und verteilte Futter: „Das ist für die Hühner wie Schokolade für uns: Bachflohkrebse“, erklärte die Hühnerflüsterin Mariette und entfernte nach vorheriger Absprache den Zaun.

Ein paar Senior:innen in der Runde hatten ihre helle Freude damit und konnten sich am Ende fast nicht mehr von den Tieren trennen. | Foto: RegionalMedien_Eisner
  • Ein paar Senior:innen in der Runde hatten ihre helle Freude damit und konnten sich am Ende fast nicht mehr von den Tieren trennen.
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Nun kamen sich Mensch und Huhn ganz nah, gingen auf Tuchfühlung. Die Hühnerdamen wurden gestreichelt und auch auf den Schoß genommen. Ein paar Senior:innen in der Runde hatten ihre helle Freude damit und konnten sich am Ende fast nicht mehr von den Tieren trennen.

Ein Leben wie "draußen"

„Bei uns ist das wie in einer Familie“, freut sich die Seniorenbetreuerin Sylvia Stefan über die Atmosphäre an ihrem Arbeitsplatz, dem Seniorenheim Gepflegt Wohnen in Sinabelkirchen, dem lebensfrohen Haus am Kaiserberg

„Wir leben hier im Heim so, wie wir es draußen auch leben würden. Ich schaue, dass alles, was wir unternehmen und anbieten, etwas Besonderes ist.“
Sylvia Stefan

Sie übt ihre Arbeit in der Seniorenanimation mit Leidenschaft und viel Aufopferung aus, organisiert regelmäßig ein Animationsprogramm für die Bewohner:innen. Es werden auch Ausflüge werden unternommen und jede Woche Themenschwerpunkte gesetzt. Sämtliche Feiertage werden zelebriert oder Musiker:innen kommen zu Besuch. Aber auch gemeinsame Verabschiedungen von Verstorbenen gehören zum Alltag im Haus.

Sylvia Stefan übt ihre Arbeit in der Seniorenanimation mit Leidenschaft und viel Aufopferung aus, organisiert regelmäßig ein Animationsprogramm. | Foto: RegionalMedien_Eisner
  • Sylvia Stefan übt ihre Arbeit in der Seniorenanimation mit Leidenschaft und viel Aufopferung aus, organisiert regelmäßig ein Animationsprogramm.
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In Gruppen bis zu 15 Personen findet vormittags ein Gedächtnistraining statt, der Nachmittag wird meist mit kreativen Tätigkeiten verbracht. Im ersten Stock des Hauses kann man entlang der Fitnessmeile in Bewegung bleiben, es wird gebastelt und gemeinsam gekocht. Mehr über alle Aktionen im lebensfrohen Haus gibt es hier.

Warum mit Tieren arbeiten?

"Ein kleines bisschen Wahnsinn vermutlich und sehr viel Optimismus", resümiert Mariette Schindler über ihren Weg zur Selbstständigkeit. Seit 2020 bietet sie mit Bei Tier sein über das Medium Tier - derzeit Hühner, Ziegen und Esel - Menschen mit und ohne Behinderung besondere Erlebnisse, gezielte Förderung (Motorik, Sensorik, Kommunikation, Konzentration, Sozialverhalten) oder einfach einen Ausgleich zum Alltag an:

"Menschen mit Behinderung, Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten oder alte Menschen hören sehr oft, was sie alles NICHT (mehr) können. Ein Tier sagt dir sowas nicht. Es wertet nicht was du kannst oder nicht kannst. Meine Tiere spiegeln das Befinden der Personen, die bei ihnen sind sehr gut. Das macht es leichter bei Menschen die Befindlichkeit zu erkennen."
Mariette Schindler

Gerade Menschen mit Behinderung sind oft schwer zu lesen, da Mimik und Gestik nur wenig ausgeprägt oder inkongruent sind. Über die Tiere wird deren Stimmungslage transportiert und so kann die je nach Zielsetzung aktivierend oder ausgleichend gearbeitet werden. 

"Ein kleines bisschen Wahnsinn vermutlich und sehr viel Optimismus", resümiert Mariette Schindler über ihren Weg zur Selbstständigkeit.  | Foto: RegionalMedien_Eisner
  • "Ein kleines bisschen Wahnsinn vermutlich und sehr viel Optimismus", resümiert Mariette Schindler über ihren Weg zur Selbstständigkeit.
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"Selbstwirksamkeit, Selbstbewusstsein und Selbstwert sind immer ein Faktor. Es ist für viele ein enorm einprägendes Erlebnis sich einfach um jemand zu kümmern. Und dieses "Kümmern" kann niederschwellig gestaltet und für alle möglich gemacht werden. Kurzum: es ist viel Förderung möglich mit relativ simplen Mitteln wie Füttern, Bürsten, Beobachten oder Spazieren gehen."
Mariette Schindler

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