Politische Kultur
Debatten korrumpieren

Wer darf den öffentlichen Raum, der uns allen gehört, mit welchen Inhalten bespielen? Wie wird Definitionsmacht verwaltet? Anders gefragt: wer darf sagen, was es ist? Das sind nicht bloß für Wahlkampfzeiten brisante Themen, sie bleiben ganzjährig aktuell.

Im Web kursiert ein Video, da hört man den Politiker Sebastian Kurz sagen, es bestünde eine ungünstige Differenz zwischen öffentlicher Meinung und veröffentlichter Meinung, wobei er letzterer inzwischen öfter Redlichkeit abspricht. Da argumentiert er ganz zu seinen Gunsten und gegen das, was der Fall ist.

Publizist Rainer Nowak übernahm das Motiv in der „Presse“: „Der Verdacht drängt sich auf, dass die veröffentlichte Meinung zu einem großen Teil nicht der öffentlichen Meinung entspricht.“ (Quelle)

Das hat die Qualität eines Taschenspieler-Tricks. Erstens gibt es „Die öffentliche Meinung“ nicht, sondern nur einen Chor unterschiedlich qualifizierter Teilöffentlichkeiten. Daher bleibt es zweitens eine völlig trübe Kategorie, wenn man die Summe per Medien publizierte Ansichten in einen Gegensatz zu anderen Ansichten stellt, denn: zu welchen? („Die öffentliche Meinung“ ist ein Phantasma!)

Auch eine nach besten Methoden durchgeführte Meinungsumfrage läßt nur Annahmen darüber zu, was innerhalb einer Bevölkerung privat gedacht wird, soweit sich die Menschen nicht öffentlich äußern. Sollte das dann „Die öffentliche Meinung“ sein? Mumpitz! Öffentlich wird sie ja in all ihrer Vielfalt erst, wenn sie veröffentlicht wird.

Darin liegt ja auch einer der Gründe, warum Demokratie bedeutet, es solle eine möglichst umfassende Teilnahme möglichst aller Menschen am öffentlichen Leben gesichert sein. Am sozialen, kulturellen und politischen Leben in der Öffentlichkeit.

Also was genau meint Kurz da? Und was Nowak? Wir anerkennen gewöhnlich, daß es eine Reihe qualitativer Unterschiede gibt, wie sich jemand eine Meinung bildet und wo er sie in die Öffentlichkeit trägt. Genau da blüht die Manipulation, wird Öffentlichkeit und öffentliche Meinung je nach Interessenslage auch nach Kräften korrumpiert. Das geschieht im Kleinen wie im Großen.

Ein anschauliches Beispiel für diese alltäglich genützten Taschenspieler-Tricks hat eben der Anonymus Reinald S. anläßlich meiner Glosse Kleben. Sprayen. Schmieren. deponiert. Er, mutmaßlich ein Mann, der sich im Oktober 2017 als User auf der Plattform www.meinbezirk.at registriert hat, schreibt keine Beiträge. Null Texte. Der Maskierte nutzt diesen Zugang zu einem Massenmedium also offenbar bloß zum Kommentieren, zum punktuellen Eingreifen in öffentliche Debatten.

Dabei setzt der Maskierte auf eine Technik, die wir seit der Antike kennen. Möchtest du in einem Streitgespräch dein gegenüber auf jeden Fall in den Graben fahren, dann meide Argumente zur Sache, setze auf Argumente zur Person.

Daher schlägt Reinald S. auch jede Einladung aus, sich aus der Glosse eines der vorgelegten Themen auszusuchen, um sich konkret darüber zu äußern. Was er tut, ist ganz simpel. Er schiebt den gesamten Inhalt der Glosse zur Seite, bezieht sich nur auf die Keywords der Publikation, welche für Suchmaschinen da sind. So werden im Web publizierte Texte für Google & Co markiert. Reinald S. unterstellt diesen Keywords eine intendierte Aussage. Damit äußert er sich nicht mehr zu Sache, sondern zur Person des Autors.

Der Maskierte eröffnet mit einer Unterstellung, die er als Frage verkleidet: „Inwiefern sind ÖVP und Faschismus in Zusammenhang zu bringen? Können Sie das auch erklären?“ Nun ist im Text genau das in Abrede gestellt, daß man nämlich die ÖVP mit dem Faschismus assoziieren könnte, was allerdings die Sprayer mit ihrer Botschaft behaupten.

Der Maskierte bleibt weiter bei den Keywords, statt sich a) ein Thema aus der Glosse zu wählen und b) ein konkretes Argument zu nennen, auf das man eingehen könnte. Zitat: „Der Zusammenhang ist schon alleine infolge der Schlagwortverlinkung hergestellt - natürlich sehr subtil. Ihren Text habe ich wohl gelesen.“

Aber das ignoriert er weiter, bleibt bei seiner Unterstellung. Was hat er da versucht? Er müht sich, den Text zu diskreditieren, indem er die Integrität des Autors demonstrativ anzweifelt. Er nennt keine Gründe, belegt nichts, stellt bloß etwas in den Raum. Er läßt es also im Unscharfen, wo kein Einwand möglich ist.

So passiert es im Kleinen, hier, auf der Ebene von Social Media, immerhin doch auch ein Teil der Massenmedien. So passiert es im Großen, wo Kampagnen-Söldner maskiert agieren und die Vierte Gewalt einer Demokratie angreifen, die Medienleute zu diskreditieren versuchen, um so die Inhalte publizistischer Arbeit zu verwischen.

Wie gesagt, seit der Antike ist das ein Stück der abendländischen Kultur. Das argumentum ad hominem, die Behauptung, welche sich gegen den Menschen richtet, um das Sachargumnent zu vermeiden, ist seit Jahrtausenden ein Werkzeug, genauer: eine Waffe. Ein Scheinargument, das verwendet wird, um jemand im Licht der öffentlichen Meinung in Mißkredit zu bringen.

Und die Öffentliche Meinung ist natürlich keine andere als die veröffentlichte Meinung. Dieses wie jenes hat verschiedene Erscheinungsformen, die in Summ das ergeben, was wir uns unter „Die Öffentlichkeit“ und „Die öffentliche Meinung“ vorstellen. Wer das unscharf stellt, macht sich unredlicher Praxis und verdeckter Intentionen verdächtig.

Freilich ist das Raunen und Unterstellen weit weniger Arbeit, als a) anfechtbare Stellen zitieren und b) seine Gründe nennen. Lieber eine "Politik der Gefühle" (© Josef Haslinger), als die Demokratie würdigen…

+) Übersicht: Zur steirischen Politik

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