Steirische Politik
Kunasek und die Banane

Sprücheklopfen ersetzt keine Sachkompetenz und Fahnenschwingen im Wahlkampf kommt nahe an den Mißbrauch von Symbolen.
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An jenem Abend in Gleisdorf, bei dieser Kundgebung der FPÖ, bekamen wir die originelle Empfehlung zu hören, die Menschen sollten mehr Äpfel als Bananen auf dem Tisch haben. Das klingt einleuchtend, man möchte fast sagen, das klingt fesch und schlau. Aber es poltert an der Realität unserer Obstbauern vorbei.

Es war im Sommer vor zwei Jahren, als ich im Wartezimmer meiner Zahnärztin zwei Bauern darüber grollen hörte, daß die Preise für Äpfel im Keller seien, daß sich die Arbeit nicht mehr lohnen würde. Die Unmutsäußerungen meinten freilich jene Preise, die Bauern für das Obst bekommen, denn im Handel zahlt eine anspruchsvolle Kundschaft kräftig. Auch das empfanden sie als provokant, diese hohen Preise im Laden bei dem Preisverfall für die Produzenten.

Das Problem hat ich inzwischen noch verschlimmert. Davon erzählen uns freilich vaterländische Kräfte nichts, denen kontrastreiche Bilder wie „Ausländische Banane gegen heimischen Apfel“ schon zu genügen scheinen.

Heuer waren es im Sommer zwei Frauen, wiederum im Wartezimmer meiner Zahnärztin, die beklagten, daß die Waldbestände durch Schädlinge verdorben seien. Der Borkenkäfer hat den Holzpreis 2019 um 20 Prozent runtergehauen.

Weg mit den Bananen, her mit mehr Äpfeln? Interessant! Was kann ich nun darüber erfahren, wie die FPÖ auf jenen Zwischenhandel konkret einwirken möchte, der die Äpfel von der Landwirtschaft übernimmt, lagert, sortiert, verpackt, dafür aber auch einen angemessenen Prozentsatz vom Endpreis nimmt?

Wie möchte die FPÖ allenfalls auf das Fastmonopol der drei großen Handelsketten einwirken, von denen in Österreich der Lebensmittelmarkt dominiert wird? Falls Sie in ihrem Ort noch Kaufleute jenseits der Großmärkte finden, fragen Sie diese einmal, wie es ihnen in der aktuellen Situation des Handels geht.

Dazu kommt der immer noch geltende Rußland-Boykott, durch den die österreichischen Apfelbauern einen sehr einträglichen Markt verloren haben. Es ist daher wesentlich komplizierter als dieses „Apfel statt Banane!“ annehmen läßt. Ich würde ja gerne wissen, was sich sie FPÖ-Leute in der Konfrontation mit Bauernbünden und Landwirtschaftskammer zutrauen.

Obst war immer wichtig

Wer zum Apfel-Thema etwas detaillierter Informationen sucht, wird auf Youtube fündig. Der ORF widmete am 17.10.2019 eine Folge von „Am Schauplatz“ dem Thema „Äpfel um jeden Preis“. (Äußerst aufschlußreich!)

In dem Zusammenhang wäre auch zu erwähnen, daß Europa nach wie vor mit dem billigen agrarischen Überschuß aus subventionierter Landwirtschaft vielfach die Bauern in jenen Ländern ruiniert, deren Flüchtlinge die FPÖ hier nicht haben möchte.

Der vormalige Verteidigungsminister Kunasek weiß natürlich auch um die international anerkannte Qualität der Steyr Gewehre und der Glock Pistolen, die einträglich gehandelt werden und ebenfalls an so manchen Stellen der Welt für Flüchtlinge sorgen, über die von der FPÖ viele Abschätzigkeiten verbreitet werden.

Aber bleiben wir beim Obst. Darum ranken sich allerhand interessante Geschichten, für die man Herrn Kunasek eventuell interessieren könnte. Das würde vermutlich sein Verständnis unserer Mentalitätsgeschichte voranbringen. Die wurzelt eben ganz wesentlich in der agrarischen Welt, trägt viel zu dem bei, was folglich als „Unsere Kultur“ und „Unsere Identität“ beschrieben werden kann. Davon reden die Vaterländischen gerne, aber sie scheinen davon überwiegend keinen Tau zu haben.

Wissen Sie zufällig, was eine Schabermühle ist? Oder ein Rollnursch? Nein? Schade! An diesen Geräten hängen Teile sehr interessanter Geschichten. Sie würden staunen, wer alles selbst mitten in den Kleinstädten Gleisdorf und Weiz eben noch mit diesen Dingen zu tun hatte. Die sehr bescheidenen Selbstversorgerwirtschaften der Oststeiermark fanden nur teilweise im Obst jene Sonderkulturen, durch die ein wenig Geld ins Haus kam.

Apfel und Birn

Hier noch ein paar grundsätzliche Gedanken. Die meisten Menschen wissen nicht mehr, wie wichtig die Mostbirn und der Mostapfel eben noch waren. Der Großteil unserer Vorfahren lebte und arbeitete in der agrarischen Welt, was sich durch die Industrialisierung während der letzten 200 Jahre grundlegend verschob.

Für die Leute gab es mehrheitlich nur Wasser zu trinken, denn für Bier oder Wein haben sie kein Geld gehabt. Der Most wurde aus jenen Früchten gemacht, die der Herrschaft als Tafelobst zu schäbig waren, wurde zum Haustrunk der Bauersleute. Das reichte lange nicht fürs Gesinde, wurde aber schließlich durch wachsenden Ertrag allgemein verfügbar.

Die Hirschbirn war in der Oststeiermark sehr verbreitet, verschwand dann fast, weil man den Geschmack nicht mehr schätzte und die alten Bäume loswerden wollte. Das hat sich inzwischen wieder geändert. Sie können Apfel- und Birnenmost heute sogar wieder in manchen Supermärkten finden, wo regionale Produkte angeboten werden.

Ich werde mich gerne überraschen lassen, was die steirische FPÖ in naher Zukunft zu all diesen Themen beizutragen hat. Im Augenblick finde ich dazu kaum Substantielles…

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Volkskultur muß meist Wirtschaft und Tourismus dienen, ist daher keine. (Notiz in der WOCHE vom 27.11.19)
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