Zupacken: Körperliche Arbeit in Mißkredit?

Erwin Stubenschrott (links) und Fery Berger von der Initiative "Solidarregion Weiz"
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Da nun feststeht, daß Energieregion und Almenland fusionieren werden, entsteht hier eine interessante Situation. In der neuen Verknüpfung von agrarischer Welt, Industriebereichen und städtischem Leben sind wir gefordert, unsere Bilder von uns selbst und von unserem Lebensraum zu überprüfen.


Ich saß gestern in der Jury für die Vergabe des heurigen Solidarpreises der „Solidarregion Weiz“. Wir waren dabei alle zu Gast im stattlichen Firmengebäude des Ehepaars Margit und Harald Strobl in Preding.

In jener Gastgeberschaft mit ihrer Basis im Handwerk lag einer von mehreren Anlässen und Bezugspunkten für die Debatte im Anschluß an die Jurysitzung. Solidarregion-Sprecher Erwin Stubenschrott hatte in die Runde gefragt, wo denn der Schuh drücke.

Der Schuh drückt zum Beispiel in der Tatsache, daß diese Region, einst ein „Armenhaus“ der Monarchie, gerade durch Handwerk und Industrie ganz wesentlich zu jenem Wohlstand gekommen ist, den wir heute genießen. Aber die Wertschätzung für körperliche Arbeit hinkt in unserer Gesellschaft markant.

Das einst harte und entbehrungsreiche Leben der oststeirischen Leute wurzelte in den überwiegend sehr kleinen Landwirtschaften, die außerdem meist Selbstversorger-Wirtschaften waren, wo nicht für den Markt, sondern für den Eigenbedarf produziert wurde.

Aus diesem Teil der agrarischen Welt konnte kein Wohlstand erwachsen, obwohl einige Sonderprodukte wie Hopfen und Obst durchaus Geld ins Haus bringen konnten.

Erst die Industrialisierung, in ihrer Folge auch die Mechanisierung der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg, ebnete die Wege in bessere soziale und wirtschaftliche Verhältnisse. Damit wurde die Entfaltung urbanen Lebens wesenrlich verstärkt. So zeichnete sich ein Blühen ab, das heute zum Beispiel im Raum Gleisdorf von Vollbeschäftigung handelt.

Wie ist es aber nun möglich, daß die „Drecksarbeit“ so ein schlechtes Image hat? Warum gibt es immer noch diese unübersehbaren Ressentiments gegenüber Handwerk und körperlicher Arbeit?

Im Haus Strobl kam zur Sprache, was in folgendem Statement anschaulich zusammengefaßt und keineswegs freundlich gemeint ist: „Wenn du für die Schule zu blöd bist, mußt du arbeiten gehen.“

Lassen wir beiseite, welche Borniertheit und welchen Mangel an Sachkenntnis diese „Androhung“ ausdrückt. Es ist erstaunlich, wie jemand in EINEM Satz BEIDE Bereiche diskreditieren kann. Es wäre polemisch zurückzufragen: Was ist schlecht an Arbeit und wo soll Schule hinführen, wenn nicht zu Berufstätigkeit und Broterwerb, also zu Arbeit?

Bei der Frage nach möglichen Gründen für so eine dümmliche Pose kam die Überlegung auf, daß viele Eltern meinen, ihre Kinder mögen es „einmal besser haben“. Was bedeutet denn das?

Ich verrate es Ihnen. Das bedeutet ein Denken aus den Verhältnissen der 1950er-Jahre, wo das mühsame Leben, die harte Existenz eines Großteils der Bevölkerung, noch sehr präsent war, vertieft und verstärkt durch die Entbehrungen und Wunden eines selbstverschuldeten Krieges.

Seit der Zeit hat freilich der soziale Aufstieg aus alten Mangel-Existenzen für sehr viele Menschen längst stattgefunden. Der heutige Wohlstand dieser Region verdankt sich der Kopf- und Handarbeit gleichermaßen.

Zwischen Fischbacher Alpen und Stradener Kogel besteht so mancher florierender Betrieb, von KMU-Format bis zu weltweit agierenden Unternehmen, die jene Arbeitsplätze bieten und Kommunalabgaben liefern, ohne die es hier weit weniger freundlich aussähe.

Reden Sie mit erfahren Leuten aus den Chefetagen. Sagt da irgendwer „Ich brauche dringend mehr Akademiker“? Nein, in den meisten Fällen werden Sie hören: „Ich könnte auch das und das noch machen, wenn ich nur die nötige Anzahl guter Facharbeiter bekäme“.

So ein kleiner „Reality-Check“ läßt mich nun annehmen, daß in den Köpfen mancher Leute, die es sich für ihre Kinder „besser“ wünschen, irgendwas nicht ganz auf Stand und auf der Höhe der Zeit tickt…

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