Heuer mehr als 2021
E-Scooter-Unfälle in Wien enorm gestiegen
Auch wenn sie eine Mobilitätserweiterung sind, sorgen sich Verkehrsexperten über eine große Gefahr durch Fahrerinnen und Fahrer, die diese oft unterschätzen. Viele fahren zu schnell, zu zweit oder berauscht.
WIEN. "E-Scooter sind gekommen, um zu bleiben" - diesen Satz benutzt Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV), wenn er über die Mobilitätserweiterung und das Phänomen der E-Roller spricht. Diese haben in der Pandemie das Verkehrsverhalten der Menschen verändert, auch in Wien. Die Zahl der verliehenen E-Scooter steigt, aber auch die von privat gekauften Rollern. Das bringt jedoch auch eine große Gefahr, die von Fahrerinnen und Fahrern oft unterschätzt wird.
Wie die Wiener Polizei am Donnerstag, 25. August, bekannt gegeben hat, gab es 2021 insgesamt 159 Unfälle mit E-Scooter-Beteiligung. Heuer gab es bereits bis Juli zehn Unfälle mehr als im gesamten Vorjahr. Wie viele Personen dabei verletzt worden sind, ist nicht bekannt. Denn die Polizei rechnet nämlich Fahrräder, E-Bikes und E-Scooter in der Unfallstatistik als eine gemeinsame Verkehrsmittel-Art zusammen. Das KFV macht jedoch jährlich eine Hochrechnung gemeinsam mit Spitälern. Demnach gab es 2021 doppelt so viele Verletzte nach E-Scooter-Unfällen österreichweit, die im Spital behandelt werden mussten. Die RegionalMedien Wien berichteten darüber (siehe unten).
Fast 500 Alko- und Drogenrollerfahrer
Doch zurück zu Wien: Die meisten Unfallursachen sind laut Polizei überhöhte Geschwindigkeit sowie die Fahrt unter Alkohol- und Drogeneinfluss. Die Landesverkehrsabteilung (LVA) Wien kontrolliert seit längerer Zeit regelmäßig E-Scooter in Wien. Derzeit sind laut LVA-Leiter Thomas Losko 170 Fahrradpolizistinnen und -polizisten in Wien tätig, die bei Schwerpunktkontrollen mit Fokus auf E-Scooter eingesetzt werden. So zuletzt am Mittwochabend, 24. August, als in sieben Stunden fünf Alko- und zwei Drogenlenker auf E-Rollen angezeigt worden sind. "Das ist ein absolutes No-Go und wir haben da null Toleranz", sagt Losko.
Insgesamt wurden im Vorjahr 1.491 Anzeigen erstattet, 467 davon wegen Fahrt unter Alkohol- und Drogeneinfluss. Zusätzlich wurden 1.283 Organmandate erstattet. Die meisten wurden wegen Rotlichtfahrt und Fahren am Gehweg angezeigt. Meistens werden Bereiche wie etwa die Mariahilfer Straße oder Stephansplatz kontrolliert.
Hohes Risiko
Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) hat zuletzt etwa 1.000 E-Scooter-Lenkerinnen und -lenker in Wien untersucht. Demnach fuhren 39 Prozent schneller als die erlaubten 25 km/h. Am Fußweg fuhren sogar 98 Prozent mehr als die erlaubten fünf Kilometer pro Stunde. Im Durchschnitt waren die Untersuchten 20 km/h am Radweg und Fahrbahn sowie 13 km/h am Gehweg unterwegs. Ein Fahrer wurde mit rekordverdächtigen 102 km/h gemessen.
"Das ist ein hohes Risiko und sehr gefährlich. Ein ungebremster Aufprall mit 25 km/h entspricht einem Sturz kopfüber von einem zweieinhalb Meter hohen Baum direkt auf Beton", erklärt Klaus Robatsch, KFV-Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit.
Kritik an Regeln und Fahrern
Laut der Studie fuhren nur elf Prozent mit einem Helm, im Gegensatz zu 38 Prozent der Radler, die einen Helm getragen haben. In Österreich gibt es keine Helmpflicht, was KFV-Experten seit längerer Zeit fordern. "Ein Helm kann Unfälle nicht verhindern, jedoch die Folgen mildern", so KFV-Direktor Thann.
Außerdem fordern sie strengere technische Anforderungen für Bremsen und Hupen, mehr Seitenabstand beim Überholen von anderen E-Scooter-Fahrerinnen und -fahrern, eigene Abstellplätze sowie strengere Sanktionen bei Nichteinhaltung der Regeln.
Jedoch werden nicht nur die Regeln kritisiert und Maßnahmen gefordert. Man sorgt sich auch über das Verhalten der Fahrenden: "Viele E-Scooter-Fahrer kennen die Verkehrsregeln nicht. Dort, wo es einen Fahrradweg gibt, fahren sie an der Fahrbahn. Wenn es keinen Radweg gibt, benutzen sie den Gehweg und gefährden so die Schwächsten unter uns. Viele halten sich auch bewusst nicht an die Regeln, weil sie berauscht oder zu zweit fahren".
Die Polizei appelliert, sich an die Regeln zu halten. Neben der maximal erlaubten Geschwindigkeit von 25 km/h sollte man nie unter Alkohol- oder Drogeneinfluss (Grenze von 0,8 Promille, Anm.) fahren, den Roller am Fahrradweg oder auf der Fahrbahn fahren, und nie zu zweit fahren. Im schlimmsten Fall, wenn es zu keinem Unfall kommt, drohen den Gesetzesbrechern bei Kontrollen Geldstrafen und sogar Führerscheinentzug.
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