Machbarkeitsstudie
Wiener S-Bahn-Ring soll mit zwei Linien kommen
Am Freitag machte man einen Schritt in Richtung Umsetzung des Wiener S-Bahn-Rings. Das Projekt ist lange schon am Tisch, jetzt gibt es eine Machbarkeitsstudie dazu. Es wird sich zeigen, ob dieser Schritt ein großer in Richtung Umsetzung war. Und für Freunde einer durchgängigen Ringlinie gibt es eine klare Absage.
WIEN. Er ist lange schon grob durchdacht und mindestens ebenso lange gefordert. Der Ringschluss im Wiener Schnellbahnnetz. Aktuell gibt es zwei Hauptstrecken, die S45 zwischen Handelskai und Hütteldorf im Norden sowie die Stammstrecke zwischen Floridsdorf und Meidling. Daneben sind noch weitere Verbindungen in Betrieb, welche Fahrgäste zu diesen Linien zubringen, die Stadt weiter anbinden und auch das Umland Wiens versorgen.
Das "große Ganze", wenn man es so nennen will, gibt es jedoch noch nicht. Gemeint ist ein S-Bahn-Ring, der den Kernbereich der Stadt umschließt. Seit 2012 gibt es die Idee, diesen zu errichten. Getan ist seitdem noch nicht recht viel.
Immerhin: Der Gedanke ist in der Koalitionsvereinbarung notiert, nachdem sich Neos im Wahlkampf 2020 erneut für solch einen Ring aussprachen. Zuletzt wurde von den ÖBB und der Stadt Wien eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, welche am Freitag, 15. Dezember, präsentiert wurde.
Ring mit "Aber"
Mit der Machbarkeitsstudie sollte herausgefunden werden, ob dieser Ring überhaupt errichtet werden kann und auch Sinn macht. Vorab das wichtigste Ergebnis der Studie: Ja, er ist machbar und auch sinnvoll, so Judith Engel von der ÖBB-Infrastruktur AG. Es gibt jedoch ein „Aber“ für all jene, die sich eine durchgängige, neue Linie gewünscht hätten.
„Wir haben uns intensiv damit beschäftigt, wie ein S-Bahn-Ring zukünftig aussehen könnte. Und wir haben auch untersucht, welche Optionen es gibt und wie realisierbar diese sind“, erläutert Engel. Eine Ringführung bei Eisenbahnen sei dabei generell immer eine Herausforderung, insbesondere, wenn auf einer Strecke verschiedene „Zuggattung“ geführt werden sollen. „Ein neuer Ring soll ja zu einer Verbesserung und nicht zu Einschränkungen im bestehenden Betrieb führen. Es wurde aber auch untersucht, wie so ein Ring von Fahrgästen angenommen wird.“
S45, S80 und Lückenschluss
Das Ergebnis ist laut Engel klar: „Die Ein-Ring-Variante würde für weniger Menschen einen Vorteil bringen, erheblich mehr Infrastruktur benötigen, den Verkehr stärker beeinträchtigen und würde auch von den Fahrgästen nicht so gut angenommen. Das zeigen unsere Untersuchungen klar.“
Viel besser wäre es, einen Ring zu schaffen, der aus zwei Linien besteht, erklärt Engel: „Der klare Variantengewinner in unserer Untersuchung ist ein Zwei-Linien-Ring aus S45 und S80 – wobei dabei noch ein Lückenschluss zwischen Handelskai und Praterkai durchzuführen ist.“ Dieser Lückenschluss entlang des Handelkais solle durch die Verlängerung der S45 erfolgen. Der Vorteil dieser Ringführung wäre nicht nur dir größere Beliebtheit bei den Fahrgästen, sondern, dass er viele Knoten hätte. Gerade Hütteldorf würde so als wichtiger Pendlerknoten attraktiver werden.
Voraussetzung für die Errichtung solch eines Rings ist jedoch die Umsetzung anderer Projekte. „Den Umsetzungshorizont für solch einen Ring sehen wir ab 2032 gegeben. Die Finanzierung dafür muss auch noch geklärt werden. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir das mit der Stadt Wien mit einem Infrastrukturpaket klären können." Wie viel solch eine Zwei-Linien-Variante überhaupt kosten soll, wurde nicht genannt.
Lückenschluss mache Freude
Für Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) mache vor allem der Lückenschluss zwischen Handelskai und Praterkai mit den neuen Stationen Donaumarina und Praterkai Freude: „Man sieht auf einen Blick, dass gerade der Lückenschluss am Handelskai viele Vorteile bringt. Etwa für die Bewohnerinnen und Bewohner für den 2. und 20. Bezirk. Aber auch etwa für jene, die aus dem Süden Wiens kommen und in Richtung Heiligenstadt/Muthgasse mit seinen vielen Betrieben und Forschungseinrichtungen möchten.“
Dass es noch bis 2032 dauere, bis es zu sichtbaren Ergebnissen kommen könnte, sei laut Sima quasi ganz normal. „Wir sind bei der Stadtplanung generell gedanklich meistens zehn Jahre voraus.“
Sichtlich glücklich war bei der Präsentation Bettina Emmerling, Klubobfrau von Neos Wien: "Diesen Termin heute habe ich mir dick im Kalender eingetragen. Wir sind in die Koalitionsverhandlungen mit dem klaren Wusch gegangen, so einen S-Bahn-Ring wissenschaftlich zu untersuchen. Und dies ist jetzt geschehen." Man sei einen Zwischenschritt näher an der Umsetzung, so die Chefin der Pinken: "Diese Zwei-Ring-Lösung ist eine sinnvolle und machbare Verbindung für Wien."
Der Klubobmann der SPÖ Wien, Josef Taucher, betont, wie wichtig dieses Vorhaben auch beim großen Koalitionspartner SPÖ sei: "Dieser S-Bahn-Ring ist eines unserer Herzstücke unter den Projekten. Es ist auch ein sehr großer Schritt, wo wir lange in die Zukunft denken.“ Mit dem Ausbau der S-Bahnlinien schaffe man ein starkes Rückgrat, um die Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, so Taucher: „Die Verkehrswende ist eines der wichtigsten Hebel, um unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen. Mit dieser Studie wurden – wie man bei den ÖBB sagen würde – die Weichen gestellt.“
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