Tierschützer kritisieren
Wiener Fiaker wollen UNESCO-Weltkulturerbe werden
Tierschutzorganisationen kritisierten die Bewerbung der Wiener Fiakerunternehmen als UNESCO-Weltkulturerbe. Die österreichische UNESCO-Kommission möchte sich zu Bewerbungen nicht äußern. Auch von der Stadt Wien gibt es keinen Kommentar.
Artikel am 20. März um 14.08 Uhr aktualisiert
WIEN. Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) kämpft seit einigen Jahren gegen die Wiener Fiaker. Etwa forderte man mehrmals Hitzefrei für die Fiakerpferde oder veröffentlichte Videos von Fiaker-Unfällen und sprach von abgemagerten Pferden. Nach einem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichtes (OGH) Wien, darf der Verein seit Mai vergangenen Jahres viele der Vorwürde nicht mehr behaupten (mehr dazu unten).
Vergangene Woche meldete sich der Verein erneut mit einer Aussendung über Fiaker, mit der Behauptung, dass die Wiener Fiakerunternehmen die Fiaker als UNESCO-Weltkulturerbe nominiert haben sollen. Laut VGT würden das zwei öffentlich einsehbare Empfehlungsschreiben auf der UNESCO-Website zeigen, die dort bereits im Mai vergangenen Jahres hochgeladen wurden, sowie eine Einverständniserklärung der Unternehmer.
Der Verein berichtet weiter, dass bei der Bewerbung die Stellungnahmen von Tierschutzorganisationen, Pferdeexperten oder Behörden fehlen würden, auch fehle eine faktische Aufstellung über die Rechtsverstöße. Bereits der erste Versuch, den Weltkulturerbestatus 2017 zu bekommen, scheiterte laut VGT aus diesem Grund.
"Eine Kulturschande, kein Kulturerbe"
Die Kritik seitens des VGT ist hart: Der Fiakerbetrieb entspreche "in keiner Weise den natürlichen Bedürfnissen von Pferden" und die "Fiakerei ist außerdem eine profitorientierte Unternehmung zur Belustigung von Tourist:innen auf Kosten fühlender Lebewesen und kein genuiner Ausdruck einer 'wienerischen Kultur'", heißt es. Für VGT-Fiakerexperte Georg Prinz seien die Fiaker "eine Kulturschande, kein Kulturerbe". Angesichts dessen werde man der österreichischen UNESCO-Kommission eine "umfassende Stellungnahme" mit allen Rechtsverstößen und Unfällen übermitteln.
In den zwei Empfehlungsschreiben meldeten sich eine Kunsthistorikerin sowie ein Professor der Universität Wien. Im Schreiben der Kunsthistorikerin heißt es, dass sie sich auf die Spurensuche ins Archiv begeben hätte und "eine Vielfalt von Bildern und Artefakten zeugen von der engen historischen Verbundenheit dieses Gewerbes mit ihrer Stadt". Auch die Diskussionen um die Fiaker wurden erwähnt: "Fiaker sehen sich heute einer teils sehr emotional geführten, negativen medialen Berichterstattung und öffentlichen Debatte ausgesetzt". Im Empfehlungsbrief des Professors der Uni Wien heißt es, dass Fiaker "zum positiven Bild der Stadt" beitragen würden und es geschafft hätten, "durch alle Wirrnisse der Zeit ihre Lebensart fortzuführen".
Stadt Wien ohne Kommentar
Und was sagen die zuständigen Stellen? Die österreichische UNESCO-Kommission teilte mit, dass die Bewerbungen von Seiten der Kommission nicht auf der Website veröffentlicht werden, nur positiv bewertete Bewertungen, welche in der Folge in die nationale Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden. Sprecherin Katharina Spanlang erklärt, dass vollständig eingereichte Bewerbungen ein- bis zweimal jährlich dem Fachbeirat der Kommission vorgelegt werden und dieser dann über die Aufnahme in die Liste entscheidet. Die Fiaker sind noch nicht auf der Liste, die nächsten Neuaufnahmen werden Anfang April bekannt gegeben
Bei der Stadt Wien ist die Suche nach der Zuständigkeit relativ schwer gelaufen. Die Ressorts von Tourismusstadtrat Peter Hanke und Mobilitätsstadträtin Ulli Sima gaben auf Anfrage kein Kommentar, da sie dafür nicht zuständig seien. Aus dem Büro von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (alle SPÖ) heißt es, dass man über die Bewerbung nicht informiert wurde, aber das müsste man auch nicht machen.
Aus dem Büro vom Ersten Präsidenten des Wiener Landtages und Weltkulturerbebeauftragten Ernst Woller (SPÖ) heißt es, dass dort das Thema nicht eingelangt sei und "das Büro in dieser Causa (immaterielles Weltkulturerbe, Fiaker) auch nicht zuständig" sei, so eine Sprecherin. Also gibt es von der offiziellen Stadt-Seite keine konkrete Antwort zu diesem Thema.
Kritik von anderen Tierschutzorganisationen
Die Tierschutzombudsstelle Wien meldete sich Anfang vergangener Woche zu Wort und teilte mit, dass "das individuelle Tier und sein Wohlergehen" geschützt werden müsse. "Der Fokus muss auf dem Lebewesen liegen – nicht auf einer Branche, einem Wirtschaftszweig, einem ‚Kulturgut‘ per se. Wie auch immer die UNESCO-Kommission im Fall der Fiaker entscheidet: Diese notwendige Weiterentwicklung im Sinne der Tiere ist nicht verhandelbar und muss unabhängig vom Status gewährleistet sein", so eine Sprecherin.
Die Organisation "Vier Pfoten" hofft, dass die UNESCO, "wie bereits 2017, erneut eine weise Entscheidung trifft und den Antrag ablehnt". Die Initiative der Fiakerunternehmen sei "ein klarer Missbrauch der Institution UNESCO". Auch "Vier Pfoten" ist für ein Verbot von Fiakern in der Innenstadt.
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