Diagnose von Hautkrebs
Künstliche Intelligenz gewinnt zunehmend an Bedeutung
Die Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV) stellte im Rahmen einer Pressekonferenz innovative Diagnose- und Therapiekonzepte aus Österreich vor. KI-gestützte Systeme werden in der Diagnostik von Hautkrebs bereits erfolgreich eingesetzt und sind aktuellen Studien zu Folge Expert:innen beim Erkennen von Hautveränderungen ebenbürtig. Dennoch sehen Forscher:innen noch einige Herausforderungen im Hinblick auf Anwendbarkeit, Daten und Konsequenzen von Fehldiagnosen.
KI-gestützte Hautkrebsdiagnose: Neue Studien unterziehen innovative Technologien einem Realitätscheck hinsichtlich Sicherheit und Verlässlichkeit
KI-gestützte Systeme, die unter Beteiligung österreichischen Forscher:innen entwickelt wurden, finden in der Diagnostik von Hautkrebs bereits Einsatz. Eine neue Publikation vergleicht die diagnostische Genauigkeit eines KI-gestützten Diagnoseverfahrens in einem realistischen klinischen Szenario mit der von menschlichen Untersucher:innen. "Hierbei war das KI-gestützte System den Expert:innen ebenbürtig, wobei beide etwa 73 Prozent der Hautveränderungen korrekt erkannten. Im Vergleich dazu identifizierten weniger erfahrene Untersucher:innen nur etwa 50 Prozent korrekt", erklärt Ao. Univ.-Prof. Dr. Harald Kittler, Oberarzt an der Universitätsklinik für Dermatologie der Medizinischen Universität Wien. Bei Personen mit vielen Muttermalen zeigte das KI-System jedoch Schwächen: Es diagnostizierte 1,4 Prozent der Muttermale fälschlicherweise als bösartig, im Gegensatz zu den menschlichen Untersucher:innen, die 99,9 Prozent richtig als unbedenklich einstuften. "Für Personen mit vielen Muttermalen hätte das zur Folge, dass deutlich mehr Muttermale zu diagnostischen Zwecken entfernt werden müssten", so Kittler.
Eine weitere Studie untersuchte, ob die Einbeziehung der Konsequenzen von Fehldiagnosen das KI-System verbessern kann. "Während erfahrene Untersucher:innen die Auswirkungen ihrer Entscheidungen berücksichtigen, wird dieser Aspekt bei der Entwicklung von KI-Systemen normalerweise vernachlässigt", sagt Kittler. "Die Studie zeigt, dass die Berücksichtigung potenzieller Konsequenzen sowohl die Erkennungsrate von Hautkrebs durch KI-Systeme als auch deren Nutzung durch Personen verbesserte. Dies deutet darauf hin, dass eine Anpassung der Trainingsmethoden für KI-Systeme in Zukunft sinnvoll sein könnte."
Consumer Apps zur Hautkrebs-Risikoeinschätzung häufig unzureichend getestet – Studie zeigt Probleme hinsichtlich unterschiedlicher Hauttypen, zu hoher Risikobewertung sowie Umgang mit dem Datenschutz auf
Eine dritte, ebenfalls soeben unter österreichischer Beteiligung publizierte Arbeit, konzentriert sich auf eine Zusammenfassung der wichtigsten bisher veröffentlichten Studien zur KI-gestützten Diagnose von Hautkrebs und behandelt detailliert die Nutzung von Softwareanwendungen für Laien (Consumer Apps). Gemäß dem Medizinproduktegesetz werden diese Anwendungen als Klasse-I-Medizinprodukte klassifiziert, die lediglich Risikoeinschätzungen abgeben dürfen, nicht jedoch Diagnosen stellen. "Die Analyse vorhandener Daten zeigt, dass diese Anwendungen größtenteils unzureichend getestet wurden und tendenziell zu hohe Risikobewertungen abgeben, was zu einer Überforderung und nicht zur erwünschten Entlastung des Gesundheitssystems führen könnte", erklärt Kittler. Ferner könnte diese Technologie Ungleichheiten in Bezug auf den Zugang zu fachärztlicher Expertise verstärken, indem sie technikaffine Personen bevorzugt.
Dies seien nicht die einzigen Herausforderungen, die bei der flächendeckenden Implementierung von KI in der Dermatologie beachtet werden müssen. Bestimmte Hauttypen seien in den Trainingsdaten der KI unterrepräsentiert, so Kittler. "Das kann zu Algorithmen führen, die nicht universell anwendbar sind. Insgesamt ist es wichtig, neben den unbestreitbaren Chancen auch mögliche unerwünschte Auswirkungen der KI-gestützten Diagnostik eingehender zu bewerten, um die bestehenden KI-Systeme besser unseren Zielen anzupassen."
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