Kritik am Grundverkehr NEU wird lauter
Kaufen, bauen und dort leben

Novelle soll Wohnungsnutzern, nicht den Anlegern nützen. | Foto: pixabay / Symbolfoto
7Bilder
  • Novelle soll Wohnungsnutzern, nicht den Anlegern nützen.
  • Foto: pixabay / Symbolfoto
  • hochgeladen von Martin Schöndorfer

Ein Entwurf zur Novelle im Grundverkehr liegt seit kurzem vor. Das sagen Immobilienexperten, Bürgermeister und die Opposition dazu.

Ein Beitrag von Martin Schöndorfer & Julia Hettegger

SALZBURG. Die Raumordnungsnovelle in Salzburg hatte zum Ziel, die Raumnutzung neu zu regeln, um mehr Wohnraum für Einheimische zu sichern und Zweitwohnsitze hintanzuhalten. Mit der Baurechtsnovelle des vergangenen Jahres wurde das „Wie“ zu weniger Bodenverbrauch festgelegt.

Jetzt sollen mit dem neu aufgelegten Grundverkehrsgesetz die Bestimmungen, wer Bauland bzw. Wohnungen unter welchen Voraussetzungen kaufen kann und wie sie zu verwenden sind, geändert werden. Danach werden laut Landesregierung Raumordnung, Baurecht und Grundverkehrsgesetz effektiv ineinandergreifen.

Grundverkehrskommission

Es gibt aber nicht nur Zustimmung zum Entwurf des neuen Grundverkehrsgesetzes. Kritisiert wird u.a., dass die Grundverkehrskommission von derzeit jeweils einer Kommission pro Bezirk auf eine landesweite Kommission reduziert werden soll.

"Ich schätze die Zusammenarbeit mit der regionalen Grundverkehrskommission im Tennengau sehr, da diese über regionale Gegebenheiten gut Bescheid weiß. Zur Wahrung der verfassungsrechtlich gesicherten Planungshoheit der Gemeinden muss die ortsspezifische Situation in den Vordergrund gestellt werden“, sagt Thomas Freylinger, ÖVP-Bürgermeister in Kuchl.

"Zur Wahrung der Planungshoheit der Gemeinden muss die ortsspezifische Situation beachtet werden", Jurist und Bürgermeister Thomas Freylinger | Foto: Martin Schöndorfer
  • "Zur Wahrung der Planungshoheit der Gemeinden muss die ortsspezifische Situation beachtet werden", Jurist und Bürgermeister Thomas Freylinger
  • Foto: Martin Schöndorfer
  • hochgeladen von Martin Schöndorfer

Außerdem lehne er das Einführen allgemeiner strikter Grenzwerte ab. Nur vor Ort könne man eine planungsorientierte Raumordnung betreiben.

„Dass die Gemeinden als Teil der Bezirkskommissionen gute Arbeit geleistet haben, steht außer Frage und sie werden auch künftig beratend dabei sein", sagt der zuständige Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP). "Aber gerade die Diskussion der letzten Tage hat gezeigt, dass ein Grundverkehrsbeauftragter des Landes im Sinne eines gleichförmigen Vollzugs im ganzen Bundesland wesentliche Vorteile hat. Viel zentraler ist eine klare Formulierung im Grundverkehrsgesetz. Im neuen Entwurf ist das Grünland, der aktive landwirtschaftliche Betrieb, der Großgrundbesitz und der gedeckelte Preis klar formuliert und somit konsequent vollziehbar“, so Schwaiger.

"Ich sehe es als Vorteil wenn durch die landesweite Grundverkehrskommission ein einheitlicher Vollzug gewährleistet ist. Unsere Gemeinde grenzt direkt an den Flachgau und an den Pongau, wo es bis dato überall eigene Kommissionen gab", Landtagsabgeordneter und Bürgermeister Johann Schnitzhofer | Foto: Martin Schöndorfer
  • "Ich sehe es als Vorteil wenn durch die landesweite Grundverkehrskommission ein einheitlicher Vollzug gewährleistet ist. Unsere Gemeinde grenzt direkt an den Flachgau und an den Pongau, wo es bis dato überall eigene Kommissionen gab", Landtagsabgeordneter und Bürgermeister Johann Schnitzhofer
  • Foto: Martin Schöndorfer
  • hochgeladen von Martin Schöndorfer

Zustimmung gibt es von Landtagsabgeordneten und Abtenaus ÖVP-Bürgermeister Johann Schnitzhofer:

"Ich sehe es als Vorteil wenn durch die landesweite Grundverkehrskommission ein einheitlicher Vollzug gewährleistet ist. Unsere Gemeinde grenzt direkt an den Flachgau und an den Pongau, wo es bis dato überall eigene Kommissionen gab."

Am Vollzug hat's gehapert

Beim Kauf einer Liegenschaft oder Immobilie mussten die Erwerber seit der letzten Reform 2012 eine Nutzungserklärung zum Hauptwohnsitz gegenüber dem Bürgermeister abgeben. Ob diese Nutzung den Tatsachen entsprach, mussten die Gemeinden feststellen. Laut aktuellem Gesetzesentwurf soll es zu einer Änderung der Beweislast kommen.

Nun muss der Eigentümer beweisen, dass er die erworbene Immobilie wirklich als Hauptwohnsitz nutzt. Experten zweifeln, ob dies eine wirkliche Verbesserung der faktischen Nutzung mit sich bringen wird. Für den Immobilienexperten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Christian Orasche (Hallein) ist diese Nutzungserklärung keine große Errungenschaft:

"Wenn bisher die Wohnungsnutzung anders als angegeben stattfand, konnte die Behörde dies bereits jetzt entsprechend exekutieren", so Orasche.

Änderung der Nutzungserklärung: "Eine Änderung im Gesetz wird nichts nützen, solange der Vollzug nicht passt“, Landtagsabgeordnete Karin Dollinger (SPÖ). | Foto: Foto: SPÖ Landtagsklub
  • Änderung der Nutzungserklärung: "Eine Änderung im Gesetz wird nichts nützen, solange der Vollzug nicht passt“, Landtagsabgeordnete Karin Dollinger (SPÖ).
  • Foto: Foto: SPÖ Landtagsklub
  • hochgeladen von Martin Schöndorfer

Auch Landtagsabgeordnete Karin Dollinger (SPÖ) weist auf die bereits jetzt bestehende Option einer Nutzungsprüfung hin, betont aber:

"Nach unserem Informationsstand ist es bisher nur in einem Fall im Pinzgau zu einer (durch mich angeregten) Klage wegen einer falschen Nutzungserklärung gekommen, die allerdings im Sand verlaufen ist. Eine Änderung im Gesetz wird nichts nützen, solange der Vollzug nicht passt.“

Leerstand ausgeschlossen

„Das stimmt“, bestätigt auch der Landesrat. „Aber bisher musste der Erwerber einer Liegenschaft gegenüber dem Bürgermeister bestätigen, dass er diese nicht als Zweitwohnsitz nutzt. Dies erlaubt aber den Leerstand. Künftig hat der Erwerber der Landesbehörde zu bestätigen, dass ein Hauptwohnsitz gegründet wird – entweder durch Eigennutzung oder durch Vermietung als Hauptwohnsitz. Dies schließt einen Leerstand aus. Die Notare werden die zukünftigen Eigentümer auf die rechtskonforme Nutzung hinweisen.“

Eine mögliche Zwangsversteigerungsmöglichkeit wegen einer nicht sachgemäßen Nutzung der Eigentümer beurteilt Christian Orasche als "schweren Eingriff in das Eigentumsrecht".

"Das ist mir bewusst", sagt Landesrat Schwaiger. "Aber wir haben die Wahl, ob sich einige wenige alles – auch unter Angabe falscher Tatsachen – leisten können, oder ob wir den kommenden Generationen eine Chance geben, sich in ihrer Heimat etwas zu schaffen.“

„Durch eine vorausschauende Planung soll aber ein Einfamilienhaus mit wenig Aufwand in ein Zweifamilienhaus umgestaltbar werden,“ Landesrat Schwaiger. | Foto: Land Salzburg
  • „Durch eine vorausschauende Planung soll aber ein Einfamilienhaus mit wenig Aufwand in ein Zweifamilienhaus umgestaltbar werden,“ Landesrat Schwaiger.
  • Foto: Land Salzburg
  • hochgeladen von Martin Schöndorfer

Ende für Einfamilienhäuser?

Während die Preise für Immobilien ungebremst steigen und die Europäische Zentralbank für Österreich höhere Eigenmittel (20 Prozent) fordert, soll das Baulandsicherungsmodell günstigeren Wohnraum schaffen.

Laut dem Wohnungssprecher der Grünen, Josef Scheinast, soll es in Salzburg nur noch verdichteten Wohnbau geben:

„Grundstücksparzellen von 500 bis 600 Quadratmetern für Einfamilienhäuser wird es nicht mehr geben.“

Das Land Salzburg hat über die Land-Invest zwar Grundstücksflächen für Wohnbau gesichert, derzeit sind aber – mit Ausnahme von Pongau und Lungau – die Ressourcen überschaubar. Ein Aus für das Einfamilienhaus bedeute das nicht, sagt Landesrat Schwaiger:

„Durch eine vorausschauende Planung soll aber ein Einfamilienhaus mit wenig Aufwand in ein Zweifamilienhaus umgestaltbar werden.“

Nähe zu Nahversorgern

Laut Jurist und Bürgermeister Freylinger führe auch der geplante Abstand von 2.000 Metern von Baulandmodellen zu Nahversorgern vor allem im ländlichen Bereich zu Problemen:

"Mir erscheint dieser Abstand in ländlichen Bereichen bzw. Kleinstgemeinden problematisch. Eine solche Festlegung führt in dezentral gelegenen Gemeinden zum vollständigen Entfall von Baulandmodellen.“

Der Landesrat spricht seinerseits von Ermöglichen und nicht von Verhindern:

„Unser gemeinsames Ziel muss es sein, dass wir Baulandmodelle so nah wie möglich an die Orte heranrücken. Wenn dies nicht möglich ist, schaut sich die Aufsichtsbehörde das im Sinne des Ermöglichens und nicht des Verhinderns an. Wir werden die ländlichen Gemeinden in allen Belangen unterstützen.“

Angebot und Nachfrage

Das Ziel der Neuordnung des Grundverkehres ist, leistbaren Wohnraum zu schaffen, aber dabei Grünland zu sichern. Eine Verknappung an Bauland bringe laut Experten auch die ungewünschte Gefahr der weiteren Preissteigerung sowohl bei Kauf als auch bei Mieten:

"Einem Investor ist egal, der Preis steigt, wenn durch höhere Mieten sich die erwartete Rendite erwirtschaften lässt. Außerdem wird er beim Wiederverkauf entsprechend hochpreisig verkaufen", so Orasche.

"Die Marktsituation begünstigt Anleger. Eigenheimnutzer bleiben auf der Strecke", Immobiliensachverständiger Christian Orasche. | Foto: ICO Orasche
  • "Die Marktsituation begünstigt Anleger. Eigenheimnutzer bleiben auf der Strecke", Immobiliensachverständiger Christian Orasche.
  • Foto: ICO Orasche
  • hochgeladen von Martin Schöndorfer

Diese Befürchtung kann Landesrat Schwaiger nicht nachvollziehen:

"Wohnungen sind ja nicht per se als Anlage gedacht. Genau das bremsen wir durch all die neuen Instrumente enorm ein. Eine vernünftige Bebauungsdichte ist nicht nur dem mehrgeschoßigen Wohnbau vorbehalten. In der Baurechtsnovelle 2021 haben wir den Gemeinden und der Bevölkerung viele treffsichere Maßnahmen bereitgestellt", so der Landesrat.

Als Beispiel gibt er das Heben des Dachstuhles um 75 Zentimeter an, was auch innerhalb des Mindestabstands zu Wohnraumpotential bei bestehenden Bauten führe. Auch die Überbauung von Supermärkten und Betriebsgebäuden sei ein flächensparendes Instrument.

"Mit den Start- und Übergangswohnungen haben die Gemeinden die Möglichkeit, aktiv für die jungen Erwachsenen leistbares Wohnen zu ermöglichen. Die Gemeinden sind jedenfalls in die Vergabe voll eingebunden – aber nach Bedarf, nicht als Anlage“, so Schwaiger.


Grundverkehrsgesetz neu: Die Eckpunkte

  • Neudefinition land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke in Richtung tatsächlicher Nutzung, Bewirtschaftungskonzept und Nutzungspflicht für 15 Jahre
  • Einführung eines am Ertragswerts orientierten Bodenrichtpreises statt des bisher verwendeten ortsüblichen Preises
  • Nur mehr eine weisungsfreie landesweite Grundverkehrskommission (statt bisher fünf) unter der Leitung eines/r Grundverkehrsbeauftragten
  • Geeignete Möglichkeiten zur Nutzungsüberprüfung und vereinfachter Weg zur Versteigerung, wenn bestimmungswidrig
  • Neudefinition für Hauptwohnsitz, ständiger Wohnsitz
  • Beim Kauf von Liegenschaften und Wohnungen braucht es künftig eine Positiverklärung zur Nutzung als Hauptwohnsitz
  • Fristen für die Aufnahme der Nutzung: Bebautes Grundstück ein Jahr, bei umfassender Sanierung eines Gebäudes fünf Jahre, unbebaute Grundstücke sieben Jahre
  • Konstruktiver Dialog wichtig

Weitere Beiträge der Autoren

Julia Hettegger HIER
Martin Schöndorfer HIER

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Foto: Stefan Schubert

Traumjob gefällig?
Wir suchen Physios mit Herz und Hirn für unser Team!

Ein inspirierendes Arbeitsumfeld? Check. Ein innovatives Arbeitsklima? Check. Spannende Fortbildungsmöglichkeiten? Check. Attraktive Benefits? Check. Viele nette Kolleginnen und Kollegen? Doppelcheck. Das Alpentherme Gastein Gesundheitszentrum liegt in der Mitte des Gasteinertals – genau gesagt im malerischen Bad Hofgastein. Wir arbeiten als private Krankenanstalt in Form eines selbständigen Ambulatoriums für Kur, Rehabilitation und Sportmedizin. Mit einem vielfältigen Therapie- und...

  • Salzburg
  • Pongau
  • Magazin RegionalMedien Salzburg
Anzeige
Gut begleitet durch das Salzburger Hilfswerk. | Foto: Hilfswerk Salzburg
2

Tag der Pflege
Gut begleitet durch das Hilfswerk Salzburg - Lebensqualität im Alter

Eine gute Begleitung durch das Hilfswerk verhilft zur Lebensqualität im Alter. In den eigenen vier Wänden alt werden – wer wünscht sich das nicht. Und tatsächlich: Rund 80 % aller Menschen mit Pflegebedarf werden in ihrem Zuhause betreut. Das Hilfswerk unterstützt Betroffene und vor allem auch deren Angehörige bei der Bewältigung ihres Alltags. Senioren-BetreuungManchmal hilft es schon, wenn man bei den kleinen alltäglichen Dingen Unterstützung bekommt. Heimhilfen packen im Haushalt mit an,...

  • Salzburg
  • Magazin RegionalMedien Salzburg

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Salzburg auf MeinBezirk.at/Salzburg

Neuigkeiten aus dem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Newsletter abonnieren und wöchentlich lokale Infos bekommen

MeinBezirk auf Facebook: Salzburg.MeinBezirk.at

MeinBezirk auf Instagram: @salzburg.meinbezirk.at

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.