Kritik am Grundverkehr NEU wird lauter
Kaufen, bauen und dort leben
Ein Entwurf zur Novelle im Grundverkehr liegt seit kurzem vor. Das sagen Immobilienexperten, Bürgermeister und die Opposition dazu.
Ein Beitrag von Martin Schöndorfer & Julia Hettegger
SALZBURG. Die Raumordnungsnovelle in Salzburg hatte zum Ziel, die Raumnutzung neu zu regeln, um mehr Wohnraum für Einheimische zu sichern und Zweitwohnsitze hintanzuhalten. Mit der Baurechtsnovelle des vergangenen Jahres wurde das „Wie“ zu weniger Bodenverbrauch festgelegt.
Jetzt sollen mit dem neu aufgelegten Grundverkehrsgesetz die Bestimmungen, wer Bauland bzw. Wohnungen unter welchen Voraussetzungen kaufen kann und wie sie zu verwenden sind, geändert werden. Danach werden laut Landesregierung Raumordnung, Baurecht und Grundverkehrsgesetz effektiv ineinandergreifen.
Grundverkehrskommission
Es gibt aber nicht nur Zustimmung zum Entwurf des neuen Grundverkehrsgesetzes. Kritisiert wird u.a., dass die Grundverkehrskommission von derzeit jeweils einer Kommission pro Bezirk auf eine landesweite Kommission reduziert werden soll.
"Ich schätze die Zusammenarbeit mit der regionalen Grundverkehrskommission im Tennengau sehr, da diese über regionale Gegebenheiten gut Bescheid weiß. Zur Wahrung der verfassungsrechtlich gesicherten Planungshoheit der Gemeinden muss die ortsspezifische Situation in den Vordergrund gestellt werden“, sagt Thomas Freylinger, ÖVP-Bürgermeister in Kuchl.
Außerdem lehne er das Einführen allgemeiner strikter Grenzwerte ab. Nur vor Ort könne man eine planungsorientierte Raumordnung betreiben.
„Dass die Gemeinden als Teil der Bezirkskommissionen gute Arbeit geleistet haben, steht außer Frage und sie werden auch künftig beratend dabei sein", sagt der zuständige Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP). "Aber gerade die Diskussion der letzten Tage hat gezeigt, dass ein Grundverkehrsbeauftragter des Landes im Sinne eines gleichförmigen Vollzugs im ganzen Bundesland wesentliche Vorteile hat. Viel zentraler ist eine klare Formulierung im Grundverkehrsgesetz. Im neuen Entwurf ist das Grünland, der aktive landwirtschaftliche Betrieb, der Großgrundbesitz und der gedeckelte Preis klar formuliert und somit konsequent vollziehbar“, so Schwaiger.
Zustimmung gibt es von Landtagsabgeordneten und Abtenaus ÖVP-Bürgermeister Johann Schnitzhofer:
"Ich sehe es als Vorteil wenn durch die landesweite Grundverkehrskommission ein einheitlicher Vollzug gewährleistet ist. Unsere Gemeinde grenzt direkt an den Flachgau und an den Pongau, wo es bis dato überall eigene Kommissionen gab."
Am Vollzug hat's gehapert
Beim Kauf einer Liegenschaft oder Immobilie mussten die Erwerber seit der letzten Reform 2012 eine Nutzungserklärung zum Hauptwohnsitz gegenüber dem Bürgermeister abgeben. Ob diese Nutzung den Tatsachen entsprach, mussten die Gemeinden feststellen. Laut aktuellem Gesetzesentwurf soll es zu einer Änderung der Beweislast kommen.
Nun muss der Eigentümer beweisen, dass er die erworbene Immobilie wirklich als Hauptwohnsitz nutzt. Experten zweifeln, ob dies eine wirkliche Verbesserung der faktischen Nutzung mit sich bringen wird. Für den Immobilienexperten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Christian Orasche (Hallein) ist diese Nutzungserklärung keine große Errungenschaft:
"Wenn bisher die Wohnungsnutzung anders als angegeben stattfand, konnte die Behörde dies bereits jetzt entsprechend exekutieren", so Orasche.
Auch Landtagsabgeordnete Karin Dollinger (SPÖ) weist auf die bereits jetzt bestehende Option einer Nutzungsprüfung hin, betont aber:
"Nach unserem Informationsstand ist es bisher nur in einem Fall im Pinzgau zu einer (durch mich angeregten) Klage wegen einer falschen Nutzungserklärung gekommen, die allerdings im Sand verlaufen ist. Eine Änderung im Gesetz wird nichts nützen, solange der Vollzug nicht passt.“
Leerstand ausgeschlossen
„Das stimmt“, bestätigt auch der Landesrat. „Aber bisher musste der Erwerber einer Liegenschaft gegenüber dem Bürgermeister bestätigen, dass er diese nicht als Zweitwohnsitz nutzt. Dies erlaubt aber den Leerstand. Künftig hat der Erwerber der Landesbehörde zu bestätigen, dass ein Hauptwohnsitz gegründet wird – entweder durch Eigennutzung oder durch Vermietung als Hauptwohnsitz. Dies schließt einen Leerstand aus. Die Notare werden die zukünftigen Eigentümer auf die rechtskonforme Nutzung hinweisen.“
Eine mögliche Zwangsversteigerungsmöglichkeit wegen einer nicht sachgemäßen Nutzung der Eigentümer beurteilt Christian Orasche als "schweren Eingriff in das Eigentumsrecht".
"Das ist mir bewusst", sagt Landesrat Schwaiger. "Aber wir haben die Wahl, ob sich einige wenige alles – auch unter Angabe falscher Tatsachen – leisten können, oder ob wir den kommenden Generationen eine Chance geben, sich in ihrer Heimat etwas zu schaffen.“
Ende für Einfamilienhäuser?
Während die Preise für Immobilien ungebremst steigen und die Europäische Zentralbank für Österreich höhere Eigenmittel (20 Prozent) fordert, soll das Baulandsicherungsmodell günstigeren Wohnraum schaffen.
Laut dem Wohnungssprecher der Grünen, Josef Scheinast, soll es in Salzburg nur noch verdichteten Wohnbau geben:
„Grundstücksparzellen von 500 bis 600 Quadratmetern für Einfamilienhäuser wird es nicht mehr geben.“
Das Land Salzburg hat über die Land-Invest zwar Grundstücksflächen für Wohnbau gesichert, derzeit sind aber – mit Ausnahme von Pongau und Lungau – die Ressourcen überschaubar. Ein Aus für das Einfamilienhaus bedeute das nicht, sagt Landesrat Schwaiger:
„Durch eine vorausschauende Planung soll aber ein Einfamilienhaus mit wenig Aufwand in ein Zweifamilienhaus umgestaltbar werden.“
Nähe zu Nahversorgern
Laut Jurist und Bürgermeister Freylinger führe auch der geplante Abstand von 2.000 Metern von Baulandmodellen zu Nahversorgern vor allem im ländlichen Bereich zu Problemen:
"Mir erscheint dieser Abstand in ländlichen Bereichen bzw. Kleinstgemeinden problematisch. Eine solche Festlegung führt in dezentral gelegenen Gemeinden zum vollständigen Entfall von Baulandmodellen.“
Der Landesrat spricht seinerseits von Ermöglichen und nicht von Verhindern:
„Unser gemeinsames Ziel muss es sein, dass wir Baulandmodelle so nah wie möglich an die Orte heranrücken. Wenn dies nicht möglich ist, schaut sich die Aufsichtsbehörde das im Sinne des Ermöglichens und nicht des Verhinderns an. Wir werden die ländlichen Gemeinden in allen Belangen unterstützen.“
Angebot und Nachfrage
Das Ziel der Neuordnung des Grundverkehres ist, leistbaren Wohnraum zu schaffen, aber dabei Grünland zu sichern. Eine Verknappung an Bauland bringe laut Experten auch die ungewünschte Gefahr der weiteren Preissteigerung sowohl bei Kauf als auch bei Mieten:
"Einem Investor ist egal, der Preis steigt, wenn durch höhere Mieten sich die erwartete Rendite erwirtschaften lässt. Außerdem wird er beim Wiederverkauf entsprechend hochpreisig verkaufen", so Orasche.
Diese Befürchtung kann Landesrat Schwaiger nicht nachvollziehen:
"Wohnungen sind ja nicht per se als Anlage gedacht. Genau das bremsen wir durch all die neuen Instrumente enorm ein. Eine vernünftige Bebauungsdichte ist nicht nur dem mehrgeschoßigen Wohnbau vorbehalten. In der Baurechtsnovelle 2021 haben wir den Gemeinden und der Bevölkerung viele treffsichere Maßnahmen bereitgestellt", so der Landesrat.
Als Beispiel gibt er das Heben des Dachstuhles um 75 Zentimeter an, was auch innerhalb des Mindestabstands zu Wohnraumpotential bei bestehenden Bauten führe. Auch die Überbauung von Supermärkten und Betriebsgebäuden sei ein flächensparendes Instrument.
"Mit den Start- und Übergangswohnungen haben die Gemeinden die Möglichkeit, aktiv für die jungen Erwachsenen leistbares Wohnen zu ermöglichen. Die Gemeinden sind jedenfalls in die Vergabe voll eingebunden – aber nach Bedarf, nicht als Anlage“, so Schwaiger.
Grundverkehrsgesetz neu: Die Eckpunkte
- Neudefinition land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke in Richtung tatsächlicher Nutzung, Bewirtschaftungskonzept und Nutzungspflicht für 15 Jahre
- Einführung eines am Ertragswerts orientierten Bodenrichtpreises statt des bisher verwendeten ortsüblichen Preises
- Nur mehr eine weisungsfreie landesweite Grundverkehrskommission (statt bisher fünf) unter der Leitung eines/r Grundverkehrsbeauftragten
- Geeignete Möglichkeiten zur Nutzungsüberprüfung und vereinfachter Weg zur Versteigerung, wenn bestimmungswidrig
- Neudefinition für Hauptwohnsitz, ständiger Wohnsitz
- Beim Kauf von Liegenschaften und Wohnungen braucht es künftig eine Positiverklärung zur Nutzung als Hauptwohnsitz
- Fristen für die Aufnahme der Nutzung: Bebautes Grundstück ein Jahr, bei umfassender Sanierung eines Gebäudes fünf Jahre, unbebaute Grundstücke sieben Jahre
- Konstruktiver Dialog wichtig
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