Arbeitskräftemangel in der Peripherie
Mit TikTok auf Lehrlingssuche

Lehrling und Ausbildner sind die Stars in den TikTok-Videos von Heldeco. | Foto: Thomas Luef/Heldeco
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Der frühe Vogel fängt den Wurm – in Zeiten des Arbeitskräftemangels müssen sich heimische Unternehmen frühzeitig in Stellung bringen, um sich die rar gesäten Fachkräfte von morgen zu sichern. Dies betrifft im Speziellen Betriebe am Land, Heldeco in Döllach bei Aflenz nützt dafür seit Kurzem das soziale Netzwerk TikTok.

AFLENZ. Zwischen nach populären Songs einstudierten Tanzeinlagen, mal mehr und mal weniger lustiger Straßencomedy sowie kurzen Nachrichtenupdates etablierter Medien versuchen auch immer mehr Unternehmen auf den Smartphone-Bildschirmen der jungen Generation zu landen. Doch die Aufmerksamkeitsspanne der Zielgruppe auf dem populären sozialen Medium TikTok ist kurz, die Inhalte müssen gut sein, um nicht in der nahezu unendlich groß scheinenden Konkurrenz unterzugehen.

In der Kürze liegt die Würze

Facebook ist out, die Jugend scrollt sich heutzutage durch Instagram und TikTok. Vor allem Letzteres gewinnt ständig an Popularität, rund 70 Prozent der 11- bis 15-Jährigen hierzulande nützen das chinesische Portal, auf dem kurze Videoclips hochgeladen, gelikt, kommentiert und geteilt werden können. Genau diese Zielgruppe versucht der 1991 gegründete Familienbetrieb Heldeco CAD/CAM Fertigungstechnik aus Döllach zwischen Aflenz und Turnau anzusprechen, der sich auf die Fertigung von metallischen Komponenten spezialisiert hat.

Das Betriebsgebäude von Heldeco in Döllach von oben, der neue Bürozubau fehlt bei dieser Aufnahme. | Foto: Heldeco
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„Es gibt viele Mangelberufe und da gehören die in der Metalltechnik dazu“, sagt Heldeco-Prokuristin Sabine Dettenweitz. Das 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählende Unternehmen kämpft um jede Fachkraft und jeden Lehrling, aktuell sind zwei Lehrstellen ausgeschrieben. Um sich zu präsentieren und den eigenen Namen auf den Radar der jungen Generation zu bringen, setzt es verstärkt auf soziale Medien.

Heldeco möchte sich dadurch bei Lehrlingsanwärterinnen und -anwärtern sowie bei unzufriedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anderer Betriebe als moderner Arbeitgeber in Stellung bringen. Das Forschen nach Möglichkeiten beginnt bereits im eigenen Betrieb, wie Dettenweitz erzählt: „Wir sprechen unsere Jugendlichen im Unternehmen ständig an, auf welchen Kanälen sie präsent sind und was sie privat nutzen und da ist immer TikTok gefallen.“ So kam es dazu, dass in Kooperation mit einer Werbefirma im Juli ein eigener TikTok-Account ausgerollt wurde.

TikToks direkt aus Döllach

Acht Kurzvideos sind seitdem auf dem Kanal erschienen. Meist sind das sogenannte Wordraps. Dabei werden Lehrling und Ausbildner mit kurzen Fragen konfrontiert, die sie in ebenso wenigen Worten beantworten. Die Abrufzahlen knacken ständig die Tausendermarke. Das ist natürlich nichts gegen die Superstars auf der Plattform und auch größere Konkurrenten aus der Branche erreichen dabei, mit Hinweis auf die Möglichkeit der kostenpflichtigen Bewerbung einzelner Beiträge, deutlich mehr. Das Interesse in der Region sei dennoch groß, erzählt Dettenweitz: „Wir werden sehr oft darauf angesprochen, weil es kommt bei den jungen Leuten sehr gut an.“

Das Unternehmen setzt dabei nicht auf die große Inszenierung, die Stars sind die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das hat nicht nur Kostenvorteile. „Jeder hat seinen eigenen Bekanntenkreis, mit dem er vernetzt ist und wenn er das teilt und darauf hinweist, dann ist sofort der Konnex mit dem Unternehmen gegeben“, sagt Dettenweitz. Anweisungen für Antworten gebe es keine, versichert sie: „Es soll zum Schmunzeln anregen und nicht so todernst sein, weil es sind keine Profis, die vor der Kamera sitzen.“

„Ich weiß nicht, ob Jugendliche direkt auf sozialen Medien Lehrstellen suchen, aber zumindest werden wir als Unternehmen wahrgenommen und das ist wichtig“, schildert Dettenweitz. Parallel dazu sollte die Balance zwischen Digitalem und Analogem gehalten werden. Heldeco geht so weiterhin direkt auf Interessierte zu, betreibt Lehrlingsakquise direkt in Schulen und ist bei Berufsinformationsmessen vertreten.

Sabine Dettenweitz möchte mit Heldeco in sämtlichen Sozialen Medien Präsenz zeigen. | Foto: Foto Furgler/Heldeco
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Interesse von außerhalb gering

Die Personalbeschaffung ist für Betriebe in Regionen mit größeren Entfernungen zu Städten und Agglomerationen stets ein Problem. Das ist auch bei Heldeco nicht anders: Das Personal aus der Region hält dem Betrieb zwar eher die Treue, immerhin haben 60 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Handwerk im Unternehmen gelernt, ihre Verfügbarkeit ist aber enden wollend.

Das Interesse außerhalb der Region, zum Beispiel aus Städten wie Bruck/Mur und Kapfenberg, hält sich aber in Grenzen. Ausgehend vom Bahnhof Kapfenberg beträgt die tägliche Fahrtzeit nach Döllach und zurück fast eineinhalb Stunden. Die Konkurrenz in der Stadt sei außerdem groß, meint Dettenweitz.

Lehrlingsanwärter und unzufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Betrieben sollen auf Heldeco aufmerksam werden. | Foto: Thomas Luef/Heldeco
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Dem möchte Heldeco mit einer reichlichen Ladung Zuckerl entgegenkommen. „Wenn jemand aus Kapfenberg bereit ist, zu uns zu fahren, dann passen wir die Arbeitszeiten dementsprechend an, dass die Möglichkeit besteht, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu kommen“, sagt Dettenweitz. Diverse Prämien im Bezug auf Arbeitsleistung und Berufsschulerfolg, Geschenke zu Weihnachten und Geburtstag sowie Firmenausflüge sollen ihr Übriges tun und die Fachkräfte von morgen in das kleine Döllach locken.

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