Soziale Medien in Krisenzeiten
Kinder gewaltvollen Inhalten ausgesetzt

Auf TikTok, X, YouTube und Co. kursieren zahlreiche teils gewaltvolle Videos aus dem Krieg in Israel. Eltern sollten deshalb das Gespräch mit ihrem Kind suchen. | Foto: Solen Feyissa/Unsplash
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  • Auf TikTok, X, YouTube und Co. kursieren zahlreiche teils gewaltvolle Videos aus dem Krieg in Israel. Eltern sollten deshalb das Gespräch mit ihrem Kind suchen.
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Durch die sozialen Medien verbreiten sich Bilder und Videos rasant. Die Inhalte sind nicht immer für Kinderaugen bestimmt. Nach der neuerlichen Eskalation im Nahostkonflikt sollte besonders darauf geachtet werden, wie viel Zeit in den sozialen Medien verbracht wird und was man sich ansieht. Für Betroffene sowie Kinder und Jugendliche sind manche Bilder besonders traumatisierend. In solchen Fällen sollten längere Pausen von TikTok, YouTube, Facebook oder Instagram überlegt werden. Eltern sollten das Gespräch mit ihrem Kind suchen und bestmöglich aufklären.

ÖSTERREICH. Nachdem die Hamas nach dem andauernden Beschuss auf Gaza angekündigt hatte, Geiseln zu exekutieren und Videos davon zu verbreiten, appellierte die israelische Regierung an die Menschen, die Videos nicht anzusehen oder mit ihnen zu interagieren. Zudem sollten Kinder und Jugendliche bestmöglich vor den Videos geschützt werden. Jedes Like, Kommentar oder Weiterleiten würde den Algorithmus begünstigen und die Verbreitung beschleunigen und "zur psychologischen Kriegsführung gegen den Staat Israel und seine Bürger" beitragen. Eine Elternvereinigung einer Tel Aviver Schule hatte den Eltern empfohlen, soziale Medien-Apps von den Handys ihrer Kinder zu löschen.

Die Betroffenheit nach dem Angriff der Hamas auf Israel ist groß. In den sozialen Medien verbreiten sich gewaltvolle Videos besonders schnell. | Foto: Max Spitzauer/RMW
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Kriegsführung in den sozialen Medien

Wenige Tage nach Beginn der Angriffe in Israel sah sich X-Eigentümer Elon Musk mit Vorwürfen konfrontiert. Darstellungen von Gewalt nicht gelöscht. EU-Kommissar Thierry Breton erinnerte Musk am Dienstag an die EU-weite Verpflichtung, gewalttätige und terroristische Inhalte zu löschen. Der X-Chef gab sich zunächst unwissend. Auf dem offiziellen Account der Plattform hieß es dann aber, dass gegen "Zehntausende" Beiträge vorgegangen werde.

"Kriegsführung passiert heute nicht mehr nur vor Ort, sondern auch in sozialen Netzwerken. Dem können wir uns nur schwer entziehen", betonte Barbara Buchegger von SaferInternet im Interview mit ORF.at. Plattformen von Meta, dazu zählen Instagram und Facebook, hätten die Regeln in den vergangenen Jahren zwar verschärft, bei einer hohen Anzahl solcher Beiträge könnten Videos gewaltvoller Darstellungen durchrutschen und sich auf den Plattformen verbreiten.

"Aktuell kursieren ganz viele Videos oder auch Fotos von den ermordeten Jugendlichen, die auf dem Musikfestival waren, online", beobachtete Buchegger. Auf dem Festival, das recht abgelegen in der Wüste stattfand, wurden mehrere Hundert Besucherinnen und Besucher durch die Hamas getötet. Im deutschsprachigen Raum wurde die Verbreitung angekurbelt, da unter den Betroffenen ein deutsche Besucherin war. Die Mutter hatte ihre Tochter im Hintergrund eines Videos entdeckt und ging an die Öffentlichkeit um nach Hinweisen zu bitten. Auf TikTok, bei Instagram-Reels oder in YouTube-Shorts "sind einfach wirklich absolut grauenhafte Bilder dabei, die einem nie aus dem Kopf gehen, wenn man sie gesehen hat",  meint Buchegger. Die in den Videos gezeigten Personen sind oft Jugendliche, wodurch die Thematik Gleichaltrigen besonders nahe gehen kann. Um weniger solche Videos gezeigt zu bekommen, kann man aktiv "Kein Interesse" wählen oder bewusst nach anderen Dingen suchen. 

Neben Videos vom Krieg kursieren auch Videos, die zu Gewalt gegen jüdische Menschen aufrufen, sie beschimpfen oder die gewaltvollen Angriffe der Hamas gutheißen. Gerade wenn Parolen in einer Fremdsprache vorkommen, die man selbst nicht versteht, sollte man die Videos besser nicht teilen. Im schlimmsten Fall handelt es sich dabei um Hetze und deren Verbreitung könnte weitreichende Konsequenzen haben.

Triggerwarnungen helfen nur begrenzt

Neben offensichtlich grafischen Videos, in denen Gewalt zu sehen ist, kursieren gerade auf TikTok auch Erfahrungsberichte zum Krieg. Auch diese können sich auf die Zuseherinnen und Zuseher auswirken. Gerade auf dieser Plattform sind die Userinnen und User im Vergleich zu anderen deutlich jünger. Zwar würden Triggerwarnungen gesetzt, aber die haben nicht immer den gewünschten Effekt. Bei manchen führen sie dazu, dass Videos dann erst recht angesehen werden.

"Jugendliche bestehen zwar in Diskussionen oft darauf, dass es solche Triggerwarnungen gibt, weil sie sagen: Dann kann ich selber entscheiden, ob ich mich dem aussetze oder nicht, und werde nicht eiskalt hineingeschmissen", so die Pädagogin.

In Zeiten des Krieges sollten verstörende Inhalte aus den sozialen Medien mit Kindern besprochen werden, wenn sie diesen ausgesetzt sind. (Symbolbild) | Foto: Bankhofer/Anton-Krieger-Gasse
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Social-Media-Pausen und Angstbewältigung

Ein generelles Verbot bestimmter Plattformen wie in Israel habe in Österreich nicht all zu viel Sinn. Wenn ein Näheverhältnis zu den Personen im Krieg oder persönliche Betroffenheit bei einem Kind bestehe, können Social-Media-Pausen gut sein, meint Buchegger. Kindern könne es helfen, ihnen "Möglichkeit zum Reden zu geben, Raum und Zeit und einen sicheren Ort anzubieten und Möglichkeiten der Entlastung zu geben."
Eltern sollten potenziell verstörende Inhalte gemeinsam besprechen. Zeichnen, Basteln oder das Spielen mit Bausteinen kann helfen, um Gesehenes zu verarbeiten. Das soll bereits bei Kindern, die 9/11 erlebt hatten, bei der Angstbewältigung geholfen haben. 

Neben den Inhalten selbst sollte auch darüber gesprochen werden, warum solche Videos nicht mit anderen geteilt werden sollten. Je öfter und länger man solche Videos ansieht, desto mehr spielt einem der Algorithmus ähnliche Videos im Feed aus. Es könnten immer extremere Inhalte angezeigt werden, befürchtet die Expertin.

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