Fall Florian Teichtmeister
Kinderpornographie – warum höhere Strafen her müssen

Florian Teichtmeister in "Die Toten von Salzburg" | Foto: ORF/Satel
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Der Fall Florian Teichtmeister bringt ein Tabuthema in eine breite Öffentlichkeit. Der bekannte Schauspieler muss sich wegen des Besitzes von Zehntausenden Dateien mit kinderpornografischem Inhalt vor Gericht verantworten. Der Fall sei aber nur die Spitze eines Eisbergs, sagen die Ermittler. Sowohl ÖVP als auch Grüne wollen strengere Strafen einführen, fordern aber auch präventive Kinderschutzmaßnahmen. Das Burgtheater hat die laufende Vorstellung mit Florian Teichtmeister abgesagt. Für Justizministerin sind härtere Strafen ein Baustein von vielen, die künftig Anwendung finden müssen. Beim Runden Tisch erklärte Ermittlungsexperte Dieter Csefan, warum höhere Strafen für solche Täter wichtig wären.

ÖSTERREICH. Ab 8. Februar muss sich Florian Teichtmeister wegen des Besitzes von Kinderpornografie gerichtlich verantworten. Erst jetzt, nachdem sich offiziell bewahrheitet hat, dass Teichtmeister wegen des Besitzes von 58.000 Dateien strafbaren Inhalts vor Gericht kommt, hat das Burgtheater die Handbremse gezogen. Obwohl die entscheidenden Vorwürfe seit September 2021 bekannt waren, blieb Teichtmeisters berufliche Karriere davon unberührt. Nicht nur am Burgtheater blieb Teichtmeister übrigens weiter engagiert, ebenso bei der Nestroy-Gala im November 2022 stand er auf der Bühne. Weitere Auftritte im Umfeld des Oscar-Anwärters "Corsage", etwa bei den Filmfestspielen in München im Juni 2022, wurden zugelassen. 

ORF schnitt Teichtmeister aus Szene

Bereits im September 2021 waren erste anonymisierte Berichte über die Ermittlungen im Fall um Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern veröffentlicht worden, daraufhin hatte der ORF und seine Produktionsfirma Satel vorsichtshalber Teichtmeister aus seiner Rolle in der Krimi-Serie "Die Toten von Salzburg" geschrieben. Bei der Anfang Jänner ausgestrahlten Folge, bei der Teichtmeister alias Major Peter Palfinger erklärt, dass er wegen "digitalen Entzugs" auf Kur war, antwortet sein Bruder: „Die Welt dreht sich. Komischerweise auch ohne dich.“

Teichtmeister erfand "Intrige" der Ex-Partnerin 

Der 1979 geborene Schauspieler Teichtmeister beteuerte gegenüber seinen Arbeitgebern stets, dass es sich bei den Vorwürfen um ein Intrigenspiel seiner Ex-Lebensgefährtin handelte, die Gerüchte seien falsch. Laut seinem Anwalt soll der Schauspieler jedoch von Anbeginn geständig gewesen sein und mit den Behörden kooperiert haben.

Nun, da ein Geständnis von Teichtmeister offiziell vorliegt und es ein entsprechendes Gerichtsverfahren geben wird, schneidet der ORF die Szene bei Wiederholungen der Krimi-Serie heraus. Die ersten acht Folgen mit Teichtmeister werden gar nicht mehr ausgestrahlt.

Interessant das Statement dazu von Regisseur Sebastian Brauneis, der gegenüber Medien erklärte, dass, obwohl Florian Teichtmeisters Name aus medienrechtlichen Gründen nicht erwähnt worden sei, in der Branche sofort klar gewesen sei, um wen es gehe. Und trotzdem wurde nicht gehandelt. 

Härtere Strafen "nur ein Baustein"

Der Strafrahmen in Österreich im Fall von Kinderpornographie, also den Besitz solcher Aufnahmen, sei laut Bundeskanzler Karl Nehammer mit ein bis zwei Jahren je nach Strafmündigkeit "lächerlich niedrig", eine Straferhöhung für solche Delikte kann sich jedenfalls Justizministerin Alma Zadic vorstellen, wie sie bei PULS 24 erklärte - allerdings seien härtere Strafen "nur ein Baustein" in einem größeren Paket. "Es braucht vorbeugende österreichweite Kinderschutzkonzepte für alle, die mit Kindern arbeiten", so Zadić. Die Justiz komme nur dann zum Zug, wenn schon etwas passiert ist. Darum seien insbesondere vorbeugende Maßnahmen wichtig. 

Runder Tisch zum Fall Teichtmeister

Am Mittwoch diskutierten bei einem Runden Tisch des ORF bei Tarek Leitner der Leiter der Ermittlungsabteilung im Bundeskriminalamt, Dieter Csefan, die ehemalige Präsidentin Oberster Gerichtshofs, Irmgard Griss, Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez vom Netzwerk Kinderrechte Österreich, und Alexander Haydn, Psychotherapeut, Männerberatung über den Umgang der Öffentlichkeit mit jenem Problemfeld um, das mit "Kinderpornografie" umschrieben wird, wie Kinder vor dieser Form des sexuellen Missbrauchs geschützt werden können, welche Maßnahmen das Strafrecht vorsieht, und welche Wirkung eine Strafverschärfung hätte. Auch wurde hinterfragt, welche Therapien für Männer mit pädophilen oder pädosexuellen Neigungen es in Österreich gibt.

Höhere Strafen führen zu mehr Ermittlungsmöglichkeiten

Für Griss und Schaffelhofer-Garcia Marquez liege die Verantwortung auch in der Gesellschaft. Sie sprechen sich gegen höhere Strafen aus. Auch Haydn glaubt nicht, dass es etwas bringe, reflexartig höhere Strafen umzusetzen. Der Täter würde sich auch nach Straffvollzug nicht davon abhalten, erneut solche Delikte zu begehen. Csefan glaubt jedoch, dass eine Straferhöhung wichtig sei. Damit könnte man auch mehrere Ermittlungsmaßnahmen beantragen und die Aufklärungsquote steigern. Die Strafprozessordnung sieht Telefonüberwachung und verdeckte Ermittlungen vor, aber erst bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Es sei eine komplexe Deliktart, die global gesehen werden müsse. Man arbeite eng mit den Opferschutzeinrichtungen und Netzbetreibern zusammen. Daher seien höhere Strafen zu begrüßen.

Burgtheater distanziert sich von Florian Teichtmeister

In einem zweiten Anlauf distanzierte sich das Burgtheater diese Woche von ihrem ehemaligen Ensemble-Mitglied Forian Teichtmeister, rechtfertigte sich für die späte Reaktion bzw. dafür, dass Teichtmeister nicht längst aus dem Ensemble entlassen wurde, und setzte das aktuell laufende Stück mit dem Schauspieler ab: "Aufgrund des Geständnisses von Florian Teichtmeister in Bezug auf Aufnahmen von sexuellem Kindesmissbrauch setzen wir die Inszenierung NEBENAN ab.", heißt es auf der Seite des Wiener Burgtheaters. 

Offizielle Stellungnahme des Burgtheaters

"Mit großer Bestürzung haben wir durch die Medien von den Ermittlungsergebnissen und dem anstehenden Strafverfahren gegen Florian Teichtmeister erfahren. Angesichts dieser schockierenden Taten und des verständlichen öffentlichen Interesses sehen wir uns veranlasst, eine Stellungnahme zu dieser Causa abzugeben. Uns ist es ein Anliegen, den Umgang mit den Vorwürfen gegenüber Florian Teichtmeister offen und transparent darzulegen. Bis heute sind wir zu den Vorwürfen weder polizeilich, fremdanwaltlich noch gerichtlich kontaktiert worden. Von den Taten von Florian Teichtmeister, seinem Schuldeingeständnis und seiner Kooperation mit den Ermittlern haben wir erst am 13.01.2023 aus den Medien erfahren. Bis dahin gab es bis auf die Gerüchte keinerlei Wissen um das gesetzeswidrige Verhalten von Florian Teichtmeister.
Aufgrund dieser Faktenlage haben wir sofort am 13.01.2023 arbeitsrechtliche Schritte gesetzt und die Entlassung ausgesprochen.

Wir haben im September 2021 von der Redaktion des STANDARD erfahren, dass gegen einen namentlich nicht genannten Burgtheaterschauspieler Vorwürfe im Zusammenhang mit der Darstellung von Kindesmissbrauch erhoben würden. Da wir solche Vorwürfe sehr ernst nehmen, haben wir umgehend unter Beiziehung von Rechtsanwälten interne Untersuchungen eingeleitet, wir haben die Bundestheater-Holding informiert und uns durch den Rechtsbeistand der Bundestheater Auskunft darüber geben lassen, ab wann wir welche konkreten arbeitsrechtliche Schritte setzen dürfen und müssen.

Sobald wir erfuhren, dass es sich bei dem in den Artikeln von Kronenzeitung und DER STANDARD genannten Schauspieler um Florian Teichtmeister handelt, haben wir diesen zu einem Gespräch vorgeladen. Florian Teichtmeister hat damals die Vorwürfe vehement und glaubhaft bestritten. Er hat die Anzeige gegen ihn als Reaktion auf einen Konflikt mit seiner ehemaligen Partnerin dargestellt. Florian Teichtmeister teilte uns mit, dass er alle Computer, Datenträger und sein Handy ausgehändigt hätte und alle Vorwürfe sich sehr bald entkräften werden.

Das Burgtheater hat auch Gespräche mit Mitgliedern der Ensemblevertretung und des Ensembles geführt. Diese Gespräche ergaben aber ebenfalls keine Anhaltspunkte zu den Vorwürfen sowie den nunmehr gestandenen Taten. Zum damaligen Zeitpunkt bestand kein belastbarer Hinweis auf ein Fehlverhalten von Florian Teichtmeister, der uns als Arbeitgeber gegenüber beteuerte, er sei völlig unschuldig, und die Vorwürfe der Gewalt gegen seine Partnerin, des Besitzes von Darstellungen von Kindesmissbrauch und eines aktuellen Missbrauchs von Drogen seien haltlos.

Da das Ermittlungsverfahren aber noch nicht abgeschlossen war, wurde klargestellt, dass jede weitere Entwicklung, jeder weitere Vorwurf, jede weitere Anzeige und insbesondere eine Anklage dem Burgtheater zu melden sei. Dies wurde von Florian Teichtmeister zugesichert. Eine Anfrage an die Ermittlungsbehörden wurde nicht gestellt, da diese zu keinen Auskünften über den Inhalt der Ermittlungen gegenüber außenstehenden Dritten berechtigt sind. Die Direktion hat sich in regelmäßigen Abständen bei Florian Teichtmeister erkundigt, ob es neue Entwicklungen in dem Fall gibt, was verneint wurde. Er bekräftigte wiederholt, dass die Untersuchungen sicher bald eingestellt würden.

Durch die Zeitungsartikel hatten sich einige verunsicherte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an uns gewendet. Wir haben ihnen soweit rechtlich zulässig Auskunft gegeben und sie aufgefordert, etwaige dahingehende Wahrnehmungen umgehend der Direktion mitzuteilen. Leitlinien selben Inhalts wurden an leitende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Produktionen, in denen Florian Teichtmeister mitwirkte, herausgegeben. In keiner Inszenierung, in der das Ensemblemitglied besetzt war, waren Minderjährige oder Kinder beteiligt.
Nach eingehender rechtlicher Prüfung, auch unter Beiziehung von Rechtsanwälten, bestand für die Direktion keine rechtliche Handhabe für weitergehende Schritte, zumal die Vorwürfe den Privatbereich von Florian Teichmeister betroffen haben und im Betrieb des Burgtheaters dafür keine Anhaltspunkte bestanden. Wir haben als Arbeitgeber auch kein Recht, private Datenträger von Arbeitnehmern zu überprüfen oder etwa auch eine Hausdurchsuchung beim Arbeitnehmer durchzuführen. Weder für eine Dienstfreistellung noch für eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gab es eine ausreichende rechtliche Grundlage. Als Arbeitgeber kann das Burgtheater nicht auf Basis von Gerüchten, die sich nach Prüfung der Sachlage nicht erhärten lassen, arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehen.

Nach den zwei Artikeln ohne Namensnennung im September 2021 gab es 15 Monate keine Berichterstattung mehr darüber. Eine Erhärtung von Gerüchten, auch durch persönliche Wahrnehmungen Dritter, hätte sofort dazu geführt, von einer Besetzung Abstand zu nehmen und das Arbeitsverhältnis mit Florian Teichtmeister zu beenden. Das war zu keinem Zeitpunkt der Fall.

"Unschuldsvermutung": Erstes Statement des Burgtheaters

Am 13. Jänner äußerte sich das Burgtheater offiziell zur Affäre wie folgt:

Mit großem Entsetzen haben wir durch die Medien von den Ermittlungsergebnissen und dem anstehenden Strafverfahren gegen Florian Teichtmeister erfahren. Die Presseerklärungen seiner Anwälte sprechen von ‚geständig‘ und ‚schuldig bekennen‘, es besteht für uns daher kein Zweifel, dass wir mit sofortiger Wirkung Florian Teichtmeister entlassen. In der Zwischenzeit hat Florian Teichtmeister sein Arbeitsverhältnis mit dem Burgtheater mit sofortiger Wirkung beendet.

Bis zum heutigen Tag lagen uns keine Grundlagen für eine arbeitsrechtliche Konsequenz vor, es gilt in Österreich die Unschuldsvermutung. Wir bemühen uns intensiv, rasche Lösungen für Spielplan und Besetzungen zu erarbeiten. 

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