Interview mit Lukas Crepaz
So grün werden die Salzburger Festspiele

"Wir haben zwei strategische Leitlinien in dem Projekt: Digitalisierung und Nachhaltigkeit." Lukas Crepaz, kaufmännischer Direktor der Salzburgher Festspiele, im Gespräch mit Maria Jelenko, Chefredakteurin der Regionalmedien Austria | Foto: Stefan Schubert
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  • "Wir haben zwei strategische Leitlinien in dem Projekt: Digitalisierung und Nachhaltigkeit." Lukas Crepaz, kaufmännischer Direktor der Salzburgher Festspiele, im Gespräch mit Maria Jelenko, Chefredakteurin der Regionalmedien Austria
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Lukas Crepaz, kaufmännischer Direktor der Salzburger Festspiele, über Preise, Gagen, und, wie viel Öko im geplanten Umbau steckt. 

ÖSTERREICH. Die Salzburger Festspiele haben auch heuer wieder ein erfolgreiches Jahr hinter sich. Von 2025 bis 2030 wird das Kultur-Festival mehr als nur einem Facelift unterzogen. Geplant ist eine Generalsanierung. Zentraler Teil: Zwischen den Festspielhäusern wird über einen Tunnel, der aus dem Neutor im Mönchsberg abzweigen wird, ein kompletter Neubau errichtet. Im Berg drinnen befinden sich die Lagerflächen. Zwei von acht Geschossen kommen unter Niveau, etwa die neuen Künstlergarderoben. Drei Ebenen sind für die Werkstätten vorgesehen, darüber zwei für Bühnenbild-Arbeiten. In die oberen Geschosse kommen temporäre Arbeitsplätze und die Kantine, mit Aussicht über die Altstadt. 

RegionalMedien Austria: Sie wurden im April 2021 — mitten in der Pandemie – als kaufmännischer Direktor der Salzburger Festspiele wiederbestellt. Wie herausfordernd war das für Sie?
LUKAS CREPAZ: Wir haben als einziges großes Festival während der Pandemie gespielt – eine außergewöhnliche und einzigartige Situation. Das war auch im gesamten Team eine sehr besondere Erfahrung, weil wir gesehen haben, was wir schaffen können, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Dieses Gemeinschaftserlebnis stellt sich jedes Jahr ein - aber bei so einer Herausforderung war das noch einmal viel intensiver. Zudem wurden wir deswegen von außen teilweise eher kritisch beäugt.

2020, also mitten in der Pandemie, war das Jubiläumsjahr. Mit welchen Abstrichen mussten Sie das feiern?
Wir haben das ursprünglich geplante Riesenprogramm zu 100 Jahre Salzburger Festspiele aufgrund der Verordnungen modifiziert. Der Gesundheitsminister hatte Ende Mai bekanntgegeben, dass ab Juni in einem Stufenplan wieder Veranstaltungen möglich sind. Für den geplanten Jubiläumszeitpunkt August durfte man maximal 1.000 Personen im Schachbrettmuster in den Spielstätten unterbringen. Wir hatten dann eine verkürzte Saison von vier Wochen mit insgesamt rund hundert Vorstellungen und Konzerten, zwei Opernproduktionen und zwei Schauspielproduktionen, also deutlich an die Möglichkeiten, die es in der Pandemie gab, angepasst. 

Sie stehen ja mit den Umbauten der Spielstätten vor einem Jahrhundertprojekt. Wie ist das budgetär geplant? Und was genau ist darin enthalten?
Es gibt einen Kostenrahmen von knapp 263 Millionen Euro, hoch valorisiert bis 2030 auf 335 Millionen Euro, für die Sanierung und Erweiterung der Salzburger Festspielhäuser. Wir reden von einem Riesenbezirk, insgesamt an die 47.000 Quadratmeter reine Nutzfläche, 64.000 Quadratmeter Nettoraumfläche inklusive Verkehrswegen und Technikräumen, die saniert bzw. erweitert werden. 10.000 Quadratmeter werden neu errichtet. Es ist dringend an der Zeit, die Werkstättenflächen, die Garderoben und Probenräume, also vor allem die Arbeitsräume derjenigen, zu überholen und zu erweitern, die Festspiele erst möglich machen. Zum ersten Mal in 100 Jahre Baugeschichte der Festspiele werden die Produktionsflächen und die Arbeitsräume der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fokus gestellt. Das Projekt ist also dreigeteilt: Die Sanierung des Komplettbestands, der am Ende seines Lebenszyklus angekommen ist – das Große Festspielhaus ist aus 1960, der Bühnenturm des Haus für Mozart, der 2006 nicht renoviert wurde, sogar aus den 30er Jahren. Substanz und Haustechnik sind einfach veraltet. Zudem werden wir die Bühnentechnik der drei Opernhäuser, insbesondere des Großen Hauses und des Haus für Mozart, komplett auf Stand bringen und ersetzen. Ein Beispiel: Wir haben im Großen Festspielhaus immer noch 120 Hand-Konterzüge: Diese müssen mit Gegengewichten beladen und händisch verfahren werden. Obermaschinerie als auch Untermaschinerie werden auf elektrische Antriebe umgerüstet. Der dritte Aspekt ist die Erweiterung der Flächen, insbesondere im Berg. Hier wird eine neue Logistikspange geschaffen, um die Hofstallgasse vom Lieferverkehr für Material, Bühnenbildelemente, Kostüme, usw. zu entlasten. Die Aufenthaltsqualität der Hofstallgasse wird damit deutlich aufgewertet. Anstelle des alten Werkstätten- und Sozialtrakts wird ein großes zentrales Werkstättengebäude errichtet. Das Gesamtprojekt wird vom Architekturbüro Jabornegg und Pálffy gestaltet, das aus dem internationalen Generalplaner-Wettbewerb als Sieger hervorgegangen ist. 

"Es werden nur so viel Ressourcen verwendet, wie unbedingt notwendig sind."


Wie sehr spielt Nachhaltigkeit in dem Konzept eine Rolle?
Wir haben zwei strategische Leitlinien in dem Projekt: Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Wir werden das Projekt nach hohen Nachhaltigkeitsstandards durchführen, und es entsprechend zertifizieren lassen: nach den Kriterien von „klimaaktiv“ sowie nach denen der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienentwicklung und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen. Damit werden wir die erste Versammlungsstätte, die nach diesen Kriterien zertifiziert wird. Wir beschäftigen uns hierin zum Beispiel mit Klimaresilienz, um auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet zu sein: Unter anderem müssen die Räume und die Haustechnik so ausgestaltet werden, dass sie auch langfristig den klimatischen Veränderungen gewachsen sind. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Nachhaltigkeitsstrategie ist die „Suffizienz“: Es werden nur so viel Ressourcen verwendet, wie unbedingt notwendig sind. Das war uns bei der Ausschreibung des Projekts wichtig. Das Siegerbüro hatte daher einen eigenen Geologen im Entwicklungsprozess hinzugezogen, der vor Abgabe der ersten Überlegungen die Planer darauf hinwies, dass die Anforderungen auch mit deutlicher weniger Felsabtrag umgesetzt werden könne. Beim abgegebenen Wettbewerbsentwurf wurde das Gebäude deutlich näher an den Bestand gerutscht, wodurch 15.000 Kubikmeter weniger Konglomerat-Fels benötigt wird. Auch der Aspekt der Kreislaufwirtschaft wird mitgedacht: Wie können wir die Materialien, die wir aus dem Berg herausholen, weiterverwenden, und welche beim Abriss der bestehenden Gebäude wiederverwerten?

Bei der Digitalisierung ist uns das Thema „building information modelling“ (BIM) wichtig. Wir werden das gesamte Projekt mittels BIM durchführen, einer beim Bauen im Bestand noch immer relativ neuen Methode des integrierten Planens mit 3D Modellen und über entsprechende digitale Plattformen. 

Wie sehr steht die Wiederaufnahme von Stücken, und damit die Wiederverwertung von Bühnenbildern im Fokus, um auch aktuell nachhaltig und kostengünstig zu wirtschaften?
Nachhaltigkeit ist eine Haltungsfrage. Wir wollen den Spagat schaffen zwischen dem einzigartigen Erlebnis in Salzburg, und der Weiternutzung der recht aufwändigen Produktionen an Opernhäusern in der ganzen Welt. Wir haben eine lange Tradition an Koproduktionen mit anderen Häusern, dieses Jahr ist zum Beispiel Il Trittico mit der Pariser Oper koproduziert worden, das dort 2025 zu sehen sein wird. Heuer hatten wir zudem zwei Wiederaufnahmen (Neueinstudierungen) geplant – wir versuchen also auch, Produktionen in späteren Saisonen erneut in den Spielplan aufnehmen. Das ist nachhaltig und wirtschaftlich, weil man die Kosten einer Produktion über mehrere Vorstellungen abschreiben kann. 

Wie sehr spüren Sie die angestiegenen Holzpreise und die hohen Energiepreise?
Die Holzpreise haben sich zwischenzeitlich wieder etwas entspannt. Aber wir spüren die großen Preissteigerungen bei allen Materialien, bei den Bühnenbildern, aber auch beim Papier, das wir für unsere Programmbücher brauchen. Wir haben uns daher heuer entschieden, die Libretti in den Opernprogrammheften nicht mehr abzudrucken, sondern stattdessen über einen QR-Code zum digitalen Download anzubieten. Das ist sehr gut angenommen worden. Zu den Energiekosten: Wir verbrauchen insgesamt pro Jahr etwas mehr als 3 Gigawattstunden - für drei Häuser mit Ganzjahresbespielung. Wir sind gerade dabei zu evaluieren, welche Energiesparmaßnahmen wir im Winter setzen können. Dabei haben die Salzburger Festspiele schon vor Jahrzehnten wesentliche Schritte in Richtung Nachhaltigkeit gesetzt. Wir sind seit 2012 Klimabündnis-Partner, unter anderem, weil für die Kühlung unserer Häuser der Almkanal genutzt wird, der von der Königsseeache gespeist wird, und der bereits im 13. Jahrhundert durch den Mönchsberg geschlagen wurde. Zudem tauschen wir bereits seit einigen Jahren konsequent die Beleuchtung auf LED um. Beim Umbau werden wir noch einmal deutliche Akzente in der Energieeffizienz setzen. 

Spüren Sie durch den Krieg in der Ukraine Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Publikums?
Selbstverständlich. Dieser Angriffskrieg betrifft und trifft uns alle. Aber im dritten Jahr der Pandemie kommen wieder deutlich mehr Amerikaner, sowie Gäste aus Südkorea und Japan. Aus China findet aufgrund der Zero Covid Policy noch immer kaum Tourismus statt. 2020 und 2021 hatten wir noch deutliche Einschränkungen durch die Reisebeschränkungen vor allem bei den Quellenmärkten aus Übersee, aber auch aus Europa, vor allem aus Großbritannien. Das konnten wir aber mit neue BesucherInnen-Gruppen aus Österreich und Deutschland kompensieren, die zuvor irrtümlich dachten, dass wir ohnehin ausverkauft sind. Dabei werden zwischen 10 Prozent und 20 Prozent unserer Karten noch während der Saison an Kurzentschlossene verkauft. In dieser Zeit hat sich auch das Festspiel-Publikum weiter verjüngt. 

Sie machen ja sehr viel Jugendarbeit im Haus, gezielt auch an Schulen. Was genau passiert da?
Wir hatten für 2020 eine neue Programmsparte aufgebaut, die heißt “jung & jede*r”. Wir wollten kein Feuerwerk zum 100-Jahre-Jubiläum, sondern lieber ein Feuerwerk für unsere Jugend machen, ein Programmfeuerwerk sozusagen. Dieses Programm musste dann aufgrund der Pandemie in 2020 sehr reduziert werden. Im Programm “Von Anthering bis Zell am See”, bringen wir Eigenproduktionen der Festspiele in die Klassenzimmer und in die Kulturinitiativen des Salzburger Landes. Dort ermöglichen wir es Kindern und Jugendlichen, vor Ort Festspielaufführungen zu erleben. Nach quantitativen Einschränkungen 2020 und 2021, konnten wir heuer im Frühjahr zum ersten Mal das volle Programm mit insgesamt drei Vorstellungsserien für verschiedene Altersstufen präsentieren. “Wut” ist für Kinder ab acht Jahren, „Ich lieb dich“ - ein Schauspiel für Kinder ab zehn Jahren, sowie eine Kinderoper, die wir traditionell seit einigen Jahren im Programm haben. Dieses Jahr war dies „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ (ab sechs Jahren). Diese Produktionen, die dank unserer Sponsor-Partnerschaft mit Uniqa, Raiffeisen Salzburg und der Würth-Gruppe entstehen, wurden im Sommer zusätzlich im Schauspielhaus Salzburg präsentiert. 

Wie hoch ist ihr Jahresbduget insgesamt und wie finanzieren Sie sich?
Dieses Jahr beträgt das Budget 66.8 Millionen. Wir sind zu 25 Prozent öffentlich gefördert (Bund, Land und Stadt Salzburg, Anm.) und zu 75 Prozent privat. Das ist einzigartig in ganz Kontinentaleuropa. Normalerweise ist das Verhältnis umgekehrt. Die 75 Prozent setzen sich vor allem zusammen aus 45 Prozent Kartenerlösen und 16 Prozent Erlösen aus Sponsoring und Spenden. Der Rest wird über ganzjährige Vermietungen über Programmhefte-Verkäufe, und sonstige Erlöse erwirtschaftet. Nach den Jahren großer Erlösrisiken in der Pandemie, liegen die Herausforderungen nun aufgrund der hohen Inflation kostenseitig. Bis zu 80 Prozent der Kosten einer Kulturinstitution sind Personalkosten, deren weitere Entwicklung sind daher wirtschaftlich besonders relevant. 

Wie viel verdient durchschnittlich eine Hauptrolle pro Vorstellung?
Das ist sehr unterschiedlich. Konkrete Zahlen kann ich Ihnen nicht nennen.

10.000 Euro?
Nein, weniger. Es ist immer noch eine große Auszeichnung, bei den Festspielen auftreten zu können. 

So wird der Umbau gestaltet

Zentraler Teil des Projekts wird ein kompletter Neubau im Innenhof zwischen den Festspielhäusern sein, von dem ein Teil - vor allem die Lager - im Mönchsberg errichtet wird. Von den acht Geschossen liegen zwei unter dem Niveau, hier sollen unter anderem neue Garderoben für die Künstlerinnen und Künstler entstehen. Drei Ebenen sind für die Werkstätten vorgesehen, darüber zwei für Arbeiten am Bühnenbild. In den oberen Geschossen wird neben temporären Arbeitsplätzen auch die Kantine mit Aussicht über die Altstadt gebaut.

Der Neubau wird über einen Tunnel verlaufen, der aus dem Neutor im Mönchsberg abzweigen wird. Insgesamt gewinnen die Festspiele mit dem Umbau rund 11.000 Quadratmeter Nutzfläche im Bereich Werkstätten und Verwaltung. Danmit werden sie insgesamt über rund 47.500 Quadratmeter verfügen.

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