Armut
Über 200.000 Menschen konnten 2022 wichtige Ausgaben nicht leisten

201.000 Personen waren in Österreich 2022 erheblich materiell und sozial benachteiligt.
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Der Anteil armutsgefährdeter Personen stieg im vergangenen Jahr von 14,7 auf 14,8 Prozent. 201.000 Menschen in Österreich waren 2022 erheblich materiell und sozial benachteiligt, rund 41.000 Personen mehr als im Jahr zuvor, wie aus einer Mitteilung der Statistik Austria am Donnerstag hervorgeht. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) sieht diese Entwicklung als Beleg dafür, dass man mit den Hilfsmaßnahmen gegen die Inflation den richtigen Weg gegangen sei.

ÖSTERREICH. 201.000 Menschen galten 2022 als erheblich materiell und sozial benachteiligt. 2,3 Prozent der Bevölkerung waren 2022 von dieser Armutslage betroffen, im Jahr 2021 waren es nur 1,8 Prozent. Von den 201.000 Personen waren vor allem Frauen waren oft von erheblichen materiellen und sozialen Benachteiligungen betroffen (47 Prozent). Weiters gehörten 70 000 Männer ab 18 Jahren (35 Prozent) sowie 36 000 Kinder und Jugendliche (18 Prozent) zu dieser Gruppe. Gleichzeitig ging der Anteil von Personen in Erwerbslosenhaushalten leicht zurück: So lebten im Jahr 2022 laut Statistik Austria 363 000 Personen bzw. 5,7 Prozent der unter 65-Jährigen in Haushalten mit geringer Erwerbsintensität

Einelternhaushalte besonders betroffen 

„Mit dem Abflauen der Corona-Pandemie hat die Erwerbsbeteiligung wieder zugelegt, doch die Teuerungskrise blieb nicht ohne soziale Folgen: Im Jahr 2022 konnten sich 2,3 Prozent der Bevölkerung mehrere Ausgaben wie neue Möbel, einen Urlaub oder eine angemessen warme Wohnung nicht leisten. Im Jahr zuvor waren es noch 1,8 Prozent. Dabei sind Haushalte von Alleinerziehenden besonders häufig betroffen“, erklärt Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Vor allem Frauen und Alleinerziehende gehören zur Gruppe der erheblich materiell und sozial Benachteiligten. | Foto: pressmaster.stock.adobe.com
  • Vor allem Frauen und Alleinerziehende gehören zur Gruppe der erheblich materiell und sozial Benachteiligten.
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Besonders betroffen sind auch Einelternhaushalte, da sie im Vergleich zur Gesamtbevölkerung mit einer Quote von 12,7 Prozent mehr als fünfmal häufiger von erheblicher materieller und sozialer Deprivation betroffen sind. Das bedeutet, dass mehr als jeder achte Einelternhaushalt in dieser Situation ist. 

Anstieg bei Zahl der erheblichen materiellen Deprivation

Die 201 000 Personen waren außerdem mit einer überproportionalen Belastung durch Wohnkosten konfrontiert: 28,3 Prozent hatten Wohnkosten, die regelmäßig mehr als 40 Prozent ihres Haushaltseinkommens ausmachten - in der Gesamtbevölkerung waren es hingegen 7,4 Prozent. Dabei wohnten Personen mit materieller und sozialer Deprivation häufiger in - meist kostengünstigeren - Gemeinde oder Genossenschaftswohnungen (in 52,1 Prozent aller Fälle) als insgesamt (22,6 Prozent der Gesamtbevölkerung). Laut der Untersuchung bestätigt sich auch der Zusammenhang zwischen sozialen Problemen und Gesundheit: Von den ab 16-Jährigen erheblich materiell und sozial Deprivierten bezeichnete beinahe die Hälfte (48,4 Prozent) ihren allgemeinen Gesundheitszustand als schlecht oder sehr schlecht - in der Bevölkerung ab 16 Jahren insgesamt waren es demgegenüber 8,5 Prozent.

Ohne Hilfen drohte Verdreifachung

“Die soziale Lage in Österreich ist in einem Jahr mit enorm hoher Inflation weitgehend stabil geblieben. Das zeigt, dass wir mit unseren Hilfsmaßnahmen den richtigen Weg gegangen sind”, reagierte Sozialminister Rauch in einer Aussendung. "Der Sozialstaat trägt. Armutsbekämpfung bleibt ein zentraler Auftrag an die Politik. Jeder Mensch in Armut ist einer zu viel.” Ohne Sozialleistungen und Pensionen wäre die Zahl armutsgefährdeter Menschen dreimal so hoch, betonte der Minister.

"Armutsbekämpfung bleibt ein zentraler Auftrag an die Politik. Jeder Mensch in Armut ist einer zu viel," meint so Rauch. | Foto: Screenshot
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NGOs alarmiert

Die Volkshilfe erneuert ihre Forderungen nach einer Kindergrundsicherung, einer Energie-Grundsicherung, einer Mietpreisbremse und langfristigen Verbesserungen beim Arbeitslosengeld und der Mindestsicherung.” "Denn anders lässt sich das Ziel der Regierung, die Halbierung der Armut in einem der reichsten Länder der EU nicht umsetzen", mahnt Volkshilfe Direktor Erich Fenninger.

Auch das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut verwies darauf, dass das Sozialsystem jährlich fast eine Million Menschen vor Armut schützt. Zur Senkung der Armut wird etwa gefordert, die Ausgleichszulage von 1.110 Euro an die Armutsgefährdungsschwelle von 1.392 Euro anzupassen. Diese Forderung erhebt auch Caritas-Präsident Michael Landau. Statt Einmalzahlungen verlangt er auch weitere strukturelle Maßnahmen wie eine Reform der Sozialhilfe und eine Anhebung des Arbeitslosengeldes. 

Definition von erheblich materiell und sozial benachteiligt

Als erheblich materiell und sozial benachteiligt gilt nach EU-Definition, wer sich mindestens sieben von 13 Merkmalen und Aktivitäten des täglichen Lebens nicht leisten kann. Diese reichen von unerwarteten Ausgaben in der Höhe von 1 300 Euro über einem Urlaub pro Jahr bis hin zu einer angemessen warmen Wohnung.

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