Deutscher Botschafter Ralf Beste
"Ein kleiner Blick in den Abgrund"

Deutscher Botschafter Ralf Beste im Gespräch mit RMA-Chefredakteurin Maria Jelenko über die Auswirkungen der Pandemie auf Pendler: "Da hat man erstmal gemerkt, wie eng Deutschland und Österreich verwachsen sind und wie selbstverständlich grenzüberschreitendes Leben in den Gemeinden ist" | Foto: Markus Spitzauer
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  • Deutscher Botschafter Ralf Beste im Gespräch mit RMA-Chefredakteurin Maria Jelenko über die Auswirkungen der Pandemie auf Pendler: "Da hat man erstmal gemerkt, wie eng Deutschland und Österreich verwachsen sind und wie selbstverständlich grenzüberschreitendes Leben in den Gemeinden ist"
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Der deutsche Botschafter in Österreich Ralf Beste im Gespräch mit RMA-Chefredakteurin Maria Jelenko über Grenzen, Pendler, Auswirkungen der Wahlen in Deutschland auf Österreich, und die schönsten Seiten Österreichs.

RMA: Die Stimmung zwischen Deutschland und Österreich war ja schon zur Hochblüte der Corona-Pandemie leicht angespannt. Wie wird sich die Beziehung Ihrer Meinung nach weiterentwickeln?

Beste: Zurzeit ist die Situation natürlich entspannt, weil wir auf beiden Seite der Grenze eine ähnliche glücklich niedrige Inzidenz-Zahl haben. Ich glaube, in ganz Europa war man in den letzten anderthalb Jahren ein bisschen erschrocken darüber, wie schnell es geht, dass eine Grenze schließt und wie schwer es ist, sie wieder aufzukriegen, und, wie eng unsere Leben vor allem in den grenznahen Gebieten verflochten sind. Das heißt, das war ein kleiner Blick in den Abgrund und ich glaube, wir haben alle ein hohes Interesse daran, dass sich das nicht wiederholt. Das ist natürlich leichter gesagt als getan – vor allem, falls die Zahlen wieder steigen sollten. Ich denke aber, je besser wir unsere Maßnahmen koordinieren und darüber im Gespräch bleiben und so auch das Vertrauen sichern, desto leichter wird uns das fallen. Damals sind auch die Emotionen hochgegangen, weil jeder für sich dachte: „Ich muss mich irgendwie schützen“ – das ist natürlich legitim, hatte dann aber unglückliche Konsequenzen. 

RMA: Vor allem für Pendler war die Situation ja wirklich unangenehm. Die haben das besonders stark gespürt.

Beste: Ja klar. Da hat man erstmal gemerkt, wie eng Deutschland und Österreich verwachsen sind und wie selbstverständlich grenzüberschreitendes Leben in den Gemeinden ist: Leute haben ihre Eltern im Altersheim auf der anderen Seite der Grenze, Kinder gehen hier in die Sportvereine und dort in die Schule und Leute haben ihre Winterreifen in der Werkstätte auf der anderen Seite der Grenze gelagert. Das waren alles Dinge, die vorher fünf Minuten gedauert haben und plötzlich eine halbe Ewigkeit. Diese Geschichten zeigen, dass wir grenzüberschreitend eng zusammenarbeiten müssen, um solche Einschnitte nicht vornehmen zu müssen. 

Ralf Beste zum Impfstoff und zur Bundestagswahl

RMA: Deutschland hat ja Anteile an Patenten für Impfstoffe von Biontech/Pfizer. Wissen Sie ob es Pläne gibt, die Patente freizugeben?

Beste: Auch wenn der Name nicht so klingt, ist es tatsächlich ein deutscher Impfstoff, der gemeinsam mit dem amerikanischen Konzern Pfizer vertrieben und produziert wurde. Das macht uns natürlich stolz, andererseits versuchen wir aber auch immer deutlich zu machen, dass es sich gleichermaßen um einen europäischen Impfstoff handelt, der uns allen zugutekommt – BioNtech/Pfizerr wird ja auch in Österreich viel verimpft. Es ist allerdings nicht so leicht, einfach Patente freizugeben, und dann können andere den Impfstoff ebenfalls herstellen. Das würde, glaube ich, weniger Probleme lösen, als wir denken. Zum einen ist die Herstellung des Impfstoffs sehr kompliziert, zum anderen müssten neue Impfstoffe anderer Hersteller auch neue Zulassungsprozesse durchlaufen. Die einfachste, schnellste und seriöseste Art ist deshalb weiterhin, so viel Impfstoff wie möglich in Europa zu produzieren und diesen zu exportieren. 

RMA: Wird der Ausgang der deutschen Bundestagswahlen einen Einfluss auf Österreich haben?

Beste: Vermutlich nicht. Ich glaube alle drei Kandidaten sind sehr stark pro-europäisch orientiert und werden ihre Politik daran ausrichten, Deutschlands Einbindung in die europäische Union voranzutreiben - mit den unmittelbaren Nachbarn sowieso . Diesbezüglich gibt es im Wahlkampf wenig Unterschiede, der ansonsten schon sehr pointiert geführt wird. Aus österreichischer Sicht ist es daher, glaube ich, nicht ganz so spannend, wie es in der Binnensicht des deutschen Wahlkampfes gerade ausschaut. Wir werden auf jeden Fall eine stark pro-europäische Regierung bekommen. 

Ralf Beste zu Österreich

RMA: Was gefällt Ihnen besonders gut in Österreich und wo glauben Sie, dass Österreich Nachholbedarf hat?

Beste:
 Ich bin sehr viel unterwegs gewesen im Land - gerade draußen in der Natur, weil es während Corona leider nur Weniges an Kultur zu bewundern gab. Da freue ich mich darauf, viel nachzuholen. Ich finde die Natur überragend. Ich bin sehr viel an Bergen und Flüssen Rad gefahren. Das hatte ich mir erhofft und das ist auch traumhaft: Auf hohe Berge zu radeln oder durch schöne Flusstäler. Ich habe in Niederösterreich wunderbare Flussradwege an der Traisen, Thaya oder Kamp erkundet; bin auf Berge, wie des Timmelsjoch und die Bielerhöhe gefahren. Ich würde aber behaupten, die Radwege könnten noch etwas besser werden - aber das sage ich aus ganz eigennützigen Motiven. Die Natur in Österreich ist schon ein echter Trumpf. Ich finde es als Historiker aber ebenso faszinierend in ein Land zu kommen, dessen Geschichte so eng mit der unseren verbunden ist. Es ist schön, in den Wiener Museen und Archiven zu stöbern und immer neue Dinge zu lernen.

Deutscher Botschafter Ralf Beste im Gespräch mit RMA-Chefredakteurin Maria Jelenko über die Auswirkungen der Pandemie auf Pendler: "Da hat man erstmal gemerkt, wie eng Deutschland und Österreich verwachsen sind und wie selbstverständlich grenzüberschreitendes Leben in den Gemeinden ist" | Foto: Markus Spitzauer
Deutschlands Botschafter Ralf Beste im Gespräch mit RMA-Chefredakteurin Maria Jelenko über Österreichs Vorzüge: "Ich bin sehr viel an Bergen und Flüssen Rad gefahren. Das hatte ich mir erhofft und das ist auch traumhaft:" | Foto: Markus Spitzauer

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