Nach Razzia
Hygiene Austria gibt Zukauf von China-Masken zu

Am Dienstagabend war bekannt geworden, dass der heimischer Coronamasken-Hersteller Hygiene Austria billigere, chinesische Masken zu teureren, österreichischen Masken umetikettiert und verkauft haben soll. | Foto: privat
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  • Am Dienstagabend war bekannt geworden, dass der heimischer Coronamasken-Hersteller Hygiene Austria billigere, chinesische Masken zu teureren, österreichischen Masken umetikettiert und verkauft haben soll.
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Die Razzia beim heimischen Schutzmasken-Hersteller Hygiene Austria sorgt weiterhin für Wirbel. In China hergestellte Masken sollen in NÖ und Wien nur umgepackt worden sein. Hygiene Austria wies am Mittwochabend die im Raum stehenden Vorwürfe zurück. „Richtig“ sei aber, dass „zum Ausgleich einer Nachfragespitze“ ein Lohnhersteller in China hinzugezogen worden sei. 

ÖSTERREICH. Die Bundesbeschaffungsgesellschaft BBG hat auf die Hausdurchsuchungen beim Schutzmasken-Hersteller Hygiene Austria reagiert und das Unternehmen als Auftragnehmer "inaktiv" gestellt - das bedeutet, dass bis auf Weiteres keine Bestellungen bzw. Abrufe von Schutzmasken bei der Hygiene Austria über die BBG möglich sind. Die Versorgung mit FFP2-Schutzmasken sei aber weiterhin uneingeschränkt gewährleistet, da die Hygiene Austria LP GmbH nur einer von über 30 Auftragnehmern in diesem Bereich sei, wird in der Stellungnahme betont.

Am Mittwochabend gab "Hygiene Austria" aber zu, einen Auftrag an chinesischen Lohnfabrikanten erteilt zu haben. Das habe man gemacht, so das Unternehmen, um den "zwischenzeitliche Nachfrageanstieg" zu bewältigen. In welchem Umfang das Unternehmen Masken in China produzieren ließ, ging aus der Stellungnahme nicht hervor. Das CE-Zertifikat wurde aber von einem Schweizer Unternehmen vorgenommen", so ein Sprecher in einer Aussendung.

Masken auch im Parlament

SPÖ und FPÖ wiesen am Mittwoch im Ibiza-Untersuchungsausschuss darauf hin, dass die im Ausland produzierten und mutmaßlich umetikettierten Produkte auch vom Parlament bezogen wurden. Die Parlamentsdirektion bestätigte am Mittwoch auf APA-Anfrage, dass sich MNS-Masken der Herstellers Hygiene Austria im Bestand des Parlaments befinden. 

Am Dienstagabend war bekannt geworden, dass der heimischer Coronamasken-Hersteller Hygiene Austria billigere, chinesische Masken zu teureren, österreichischen Masken umetikettiert und verkauft haben soll. | Foto: privat
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Verdacht des schweren gewerbsmäßigen Betrugs  

Ein Sprecher der Hygiene Austria hatte Hausdurchsuchungen an zwei Standorten am Dienstag bestätigt. Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht es um den Verdacht der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Das Unternehmen weist die Vorwürfe als "haltlos" zurück und kooperiert eigenen Angaben zufolge eng mit den Behörden, um zur Aufklärung beizutragen. Es sei bedauerlich hier "in tagespolitische Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden", hieß es dazu vom Management. 

ÖBB bezog 576.000 FFP2-Masken

Für wen und wieviele Masken die Bundesbeschaffungsagentur BBG außerdem noch von Hygiene Austria gekauft hat, ist noch nicht genau klar. "Wir haben umgehend mit dem Aufkommen der Medienberichte gestartet und sind derzeit dabei, notwendige Informationen zu erheben, um prüfen zu können, ob und in wie weit vergaberechtliche Maßnahmen auf Basis des BVergG (Bundesvergabegesetzes, Anm.) 2018 bzw. der abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen zu treffen sind", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme der BBG am Mittwoch.

"Die BBG hat die Hygiene Austria LP GmbH bereits gestern Abend zur Stellungnahme aufgefordert." Wie viele Masken die BBG bei der Hygiene Austria in Auftrag gegeben hat teilte man nicht mit. Laut EU-weiter Ausschreibung hat es für den 420 Mio. Euro schweren Auftrag 50 Bieter gegeben.

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben von der Hygiene Austria 576.000 FFP2-Masken mit CE-Zertifikat über die Bundesbeschaffungsagentur aus einem Rahmenvertrag abgerufen, wie ein ÖBB-Sprecher am Mittwoch zur APA sagte. Nun wolle man die Ermittlungen der WKStA abwarten.

Spar: Masken sind sicher

Hohe Stückzahlen wurden vom Einzelhandel in Umlauf gebracht. "Wir haben die Berichte mit Sorge zur Kenntnis genommen, weil wir viele dieser Masken bewusst eingekauft haben", erklärte Spar-Sprecherin Nicole Berkmann auf Anfrage der APA. Man habe dazu bereits Gespräche "auf hoher Ebene" geführt. Die von Spar an seine Kunden abgegebenen Masken seien sicher, betonte die Sprecherin. "Wir haben die 100-prozentige Rückverfolgbarkeit, dass die von uns gekauften Masken auf jeden Fall in Österreich am Standort in Wiener Neudorf hergestellt worden sind." Auch die Rohware stamme aus Österreich, "und es liegen uns auch für unsere Masken Prüfgutachten vor, dass es sich wirklich um FFP2-Masken-Qualität handelt". Daher werde man die Masken wie bisher an Mitarbeiter und Kunden abgeben.

Vom Rewe-Konzern hieß es am Mittwoch dazu: "Wir prüfen das derzeit intern und sind in Kontakt mit Hygiene Austria", so Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher. Momentan seien die Masken weiter im Verkauf, man prüfe die Qualität aber intern via Qualitätsmanagement. 

SPÖ stellt parlamentarischen Anfrage an Kurz

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried erinnerte am Mittwoch an das Verwandtschaftsverhältnis der Büroleiterin des Bundeskanzlers mit dem Hygiene-Austria-Geschäftsführer. Die Assistentin von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist mit einem der Geschäftsführer von Hygiene Austria, Tino Wieser, verheiratet. In der parlamentarischen Anfrage will die SPÖ wissen ob auch das Kanzleramt Masken der Firma gekauft hat und ob es seitens der Firma diesbezügliche Interventionen gab. "Während in Österreich hunderttausende Menschen arbeitslos sind und tausende Unternehmerinnen und Unternehmer um ihre Existenz bangen müssen, machten einige Wenige mitten in der Corona-Krise das Geschäft ihres Lebens", kritisierte Leichtfried in einer Aussendung.

FPÖ kritisiert Naheverhältnis zu Team Kurz

Auch FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sprach am Mittwoch von billigem "chinesisches Klumpert", dass "durch eine Umetikettierung zu Qualitätsprodukten Made in Austria gemacht" wurde. Der Bundeskanzler sei eine Art Testimonial dieser Firma gewesen, so Kickl. "Seit einigen Stunden dürften seine Helfer damit beschäftigt sein, die Spuren dieses Naheverhältnisses zum Unternehmen zu tilgen. Die entsprechenden Videos, die vor kurzem noch zu sehen waren, sind in der Zwischenzeit verschwunden. Aber das wird ihm auch nichts nutzen. Diese Firma steht in einem engen Naheverhältnis zum Team Sebastian Kurz.“

Für interessant befand Kickl auch, dass Hygiene Austria nur einen Tag vor dem ersten Lockdown gegründet worden sei. „Da muss also schon jemand gewusst haben, wohin die Reise geht“, vermutete der freiheitliche Klubobmann.

Update um  21:00: Hygiene Austria gibt Auftrag an chinesischen Lohnfabrikanten zu

Hausdurchsuchung bei Maskenhersteller Hygiene Austria
Am Dienstagabend war bekannt geworden, dass der heimischer Coronamasken-Hersteller Hygiene Austria billigere, chinesische Masken zu teureren, österreichischen Masken umetikettiert und verkauft haben soll. | Foto: privat
Zu den Kunden gehörten auch die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). 576.000 FFP2-Masken wurden über die Bundesbeschaffungsagentur abgerufen. | Foto: ÖBB Michael Fritscher

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