84 Jahre danach
Österreich gedenkt der Opfer der Novemberpogrome

Vor 84 Jahren wurden jüdische Mitbürgerinnen und -bürger ermordet, ihre Geschäfte geplündert, Wohnungen verwüstet und Synagogen angezündet.  | Foto: AFP / picturedesk.com
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  • Vor 84 Jahren wurden jüdische Mitbürgerinnen und -bürger ermordet, ihre Geschäfte geplündert, Wohnungen verwüstet und Synagogen angezündet.
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In der Nacht von 9. auf 10. November 1938 startete das NS-Regime Gewaltmaßnahmen gegen jüdische Menschen in ganz Österreich und Deutschland. Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet, Friedhöfe geschändet, Synagogen zunächst geplündert und anschließend in Brand gesteckt. Hunderte Jüdinnen und Juden wurden ermordet, tausende in Konzentrationslager verschleppt. Am heutigen Mittwoch jähren sich die Novemberpogrome von 1938 zum 84. Mal.

ÖSTERREICH. Mit den Novemberpogromen wurde die Vertreibung und Enteignung der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialisten radikalisiert und systematisiert. Sie sollte das institutionelle jüdische Leben in Österreich und Deutschland zerstören. 84 Jahre später wird am heutigen Mittwoch der Opfer gedacht. So fand etwa bei der Schoah-Gedenkmauer in Wien eine Kranzniederlegung statt. Von Bundespräsident Alexander Van der Bellen abwärts nahmen die Spitzen der österreichischen Politik daran teil. Auch der Präsident der Israelitischen Kulturgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, sowie der Botschafter Israels, Mordechai Rodgold, waren unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Ebenfalls am Vormittag wurde beim Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Schoah am Judenplatz ein Kranz niedergelegt. Am Abend startet dann der "Light of Hope"-Marsch vom Wiener Heldenplatz durch die Innenstadt bis zum Judenplatz.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bei der Kranzniederlegung  an der Schoah-Gedenkmauer in Wien.  | Foto: Theresa Wey / AP / picturedesk.com
  • Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bei der Kranzniederlegung an der Schoah-Gedenkmauer in Wien.
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Novemberpogrome 1938

Die Ermordung eines deutschen Botschaftssekretärs in Paris wurde von den Nationalsozialisten zum Vorwand genommen, in der Nacht auf den 10. November 1938 einen Pogrom, also eine gewaltsame Ausschreitung gegen eine religiöse oder ethnische Minderheit, zu veranstalten. Reichspropagandaminister Joseph Goebbels sprach von einem "spontanen Ausbruch des Volkszorns". Der von ihm geprägte, euphemistische Ausdruck "Reichskristallnacht" sollte auf die vielen zersplitterten Glasscheiben von Synagogen und jüdischen Geschäften hinweisen.

Der Terror der Pogromnacht war dazu gedacht, das jüdische Kulturleben auf dem Gebiet des Deutschen Reiches zu zerstören. Hunderte Jüdinnen und Juden wurden ermordet, etliche Verzweifelte nahmen sich selbst das Leben. Fast alle Synagogen und Bethäuser wurden in dieser Nacht zerstört, ca. 30.000 Jüdinnen und Juden wurden in Konzentrationslager verschleppt – aus Österreich wurden 3.755 Menschen nach Dachau deportiert. 

Die Pogrome markieren einen Übergang von der Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung hin zu ihrer systematischen Vertreibung, Unterdrückung und Ermordung. Sie wurden vom größten Teil der nichtjüdischen Bevölkerung nicht nur widerstandslos zur Kenntnis genommen, sondern von vielen auch aktiv mitgetragen.

Wie viele österreichische Juden im Zuge dieser gewalttätigen Ausschreitungen von NS-Kommandos ums Leben gebracht wurden, ist bis heute nicht vollständig geklärt, auch nicht die Zahl jener, die auf dem Transport in ein KZ oder in den ersten Tagen in einem Lager starben. 

Trauriger Rekord 2021 

Erst letzte Woche wurde der jährlich erscheinende Bericht der Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) veröffentlicht. Im Vergleichszeitraum zum Vorjahr sind die Zahlen zwar gesunken – vor allem weil Corona-Demos weniger geworden sind –, aber es gebe nach wie vor eine beunruhigend hohe Zahl von verbalen Bedrohungen und physischen Übergriffen gegen – als jüdisch erkennbare - Menschen.

Von Januar bis Juni 2022 wurden 381 antisemitische Vorfälle gemeldet. Es sei aber von einer höheren Dunkelziffer auszugehen. Im Jahr 2021 vermeldete die IGK einen traurigen Rekord. Insgesamt 965 antisemitische Vorfälle wurden im vergangenen Jahr bei der Meldestelle angezeigt. Das ist die höchste erfasste Anzahl seit Beginn der Dokumentation vor 20 Jahren.

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