Grazer Täter besaß Waffen legal
Ruf nach schärferem Waffengesetz

- Nach dem tragischen Amoklauf in Graz am 10. Juni 2025, bei dem elf Menschen ums Leben kamen, wird in Österreich eine intensive Debatte über das Waffenrecht geführt. (Symbolbild)
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Nach dem tragischen Amoklauf in Graz am 10. Juni 2025, bei dem elf Menschen ums Leben kamen, wird in Österreich eine intensive Debatte über das Waffenrecht geführt. Auch der nationale Sicherheitsrat tagte am Donnerstag deswegen und beriet über mögliche Präventivmaßnahmen.
ÖSTERREICH. Nach dem schrecklichen Amoklauf in Graz, bei dem ein 21-jähriger Täter mit legal besessenen Waffen mehrere Menschen tötete, flammt in Österreich erneut eine Debatte über das Waffengesetz auf. Der mutmaßliche Täter verfügte über eine Schrotflinte und eine Faustfeuerwaffe der Kategorie B, die er laut Direktor für öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, regelkonform mit Waffenbesitzkarte und psychologischem Gutachten erworben hatte. Das gab dieser am Dienstagabend in der ZIB2 an.
Die Tatsache, dass der junge Mann trotz der bestehenden gesetzlichen Vorgaben schwer bewaffnet war, sorgt für Unruhe und Kritik. Ruf betonte, dass es sich nun um eine politische Entscheidung handle, ob gesetzliche Lücken geschlossen werden müssen. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen kündigte eine mögliche Verschärfung an: "Wenn wir zum Schluss kommen, dass das Waffengesetz geändert werden muss, dann werden wir das auch tun."

- Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen kündigte eine mögliche Verschärfung an: "Wenn wir zum Schluss kommen, dass das Waffengesetz geändert werden muss, dann werden wir das auch tun."
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Reaktionen aus der Politik
Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) ging noch weiter und sprach sich in der ZIB2 für ein generelles Verbot von Schusswaffen für Privatpersonen aus. Waffen sollten ausschließlich von Exekutivorganen getragen werden, Ausnahmen nur für Jagd oder Sport möglich sein. Auch die Grünen unterstützen diesen Vorschlag. Abgeordnete Meri Disoski forderte darüber hinaus regelmäßige psychologische Überprüfungen sowie strengere Kriterien für den Erwerb von Büchsen und Flinten. Sie bezeichnete das österreichische Waffengesetz als eines der liberalsten Europas – mit gefährlichen Lücken.
Dem gegenüber steht die FPÖ, die jegliche Verschärfung ablehnt. In einer Stellungnahme erklärte die Partei, Österreich verfüge bereits über eines der strengsten Waffengesetze Europas. Weitere Maßnahmen seien reine Symbolpolitik und stellten "einen Generalverdacht gegenüber unbescholtenen Bürgern" dar. Auch ein strengeres Gesetz könne Gewalttaten wie jenen in Graz nicht verhindern.

- Abgeordnete Meri Disoski forderte regelmäßige psychologische Überprüfungen sowie strengere Kriterien für den Erwerb von Büchsen und Flinten.
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Regierung berät – konkrete Schritte offen
Die Regierungsparteien ÖVP, SPÖ und NEOS äußerten sich bislang zurückhaltend. Im Vordergrund stehe derzeit die Trauer um die Opfer. Am Donnerstag trat der Nationale Sicherheitsrat zusammen, um die Hintergründe der Tat aufzuarbeiten. Erst danach könnten präventive Maßnahmen diskutiert werden, hieß es. Aus der SPÖ kam mit dem Klagenfurter Vizebürgermeister Ronald Rabitsch jedoch bereits ein erster Ruf nach einem generellen Waffenverbot für Private.
Zahl der Waffenbesitzer weiter gestiegen
Während die Debatte weiterläuft, zeigen aktuelle Zahlen eine Zunahme an privaten Waffenbesitzern. Mit Stand 1. Juni 2025 befinden sich über 1,5 Millionen Waffen und zugehöriges Zubehör in privater Hand – ein Anstieg um über 4.000 registrierte Personen allein in den ersten fünf Monaten des Jahres, wie das Innenministerium auf APA-Anfrage bekanntgab. Besonders relevant: Fast 143.000 Waffen fallen in die Kategorie A, also verbotene oder besonders gefährliche Modelle, deren Besitz nur in Ausnahmefällen zulässig ist.
Die Waffenkategorien wurden mit einer Novelle 2020 neu geordnet, was unter anderem zu einem Verbot großer Magazine für Pistolen und halbautomatische Gewehre führte – außer für Sportschützen. Dennoch sehen Kritiker wie die Grünen weiterhin erheblichen Nachbesserungsbedarf, vor allem im Bereich psychologischer Kontrolle und Zugangskriterien.

- Österreichs Polizei setzt auf ein bewährtes, dreistufiges Einsatzkonzept für Amok- und Terrorlagen.
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"Psychotest nicht valide genug"
Bislang müssen jene, die einen Waffenschein absolvieren möchten, ein psychologisches Gutachten vorlegen, dass sie nicht dazu neigen, insbesondere unter psychischer Belastung die Waffe unvorsichtig oder leichtfertig zu verwenden. Diese "waffenpsychologische Verlässlichkeitsprüfung" setzt sich aus einem Gespräch und einem psychologischen Testverfahren zusammen.
Im Gespräch wird die Motivation zur Erlangung einer Waffenbesitzkarte oder eines Waffenpasses geklärt, ebenso der persönliche Hintergrund des Antragsstellers (Berufs, familiärere Status, usw.) wie auch persönlichkeitsrelevante Eigenschaften (emotionale Stabilität, Anpassungsfähigkeit, Risikobereitschaft) berücksichtigt. Im Anschluss erfolgt die testpsychologische Untersuchung per Computer-Test. Die Untersuchungszeit dauert in der Regel etwa zwei Stunden.

- Bislang müssen jene, die einen Waffenschein absolvieren möchten, ein psychologisches Gutachten vorlegen, dass sie nicht dazu neigen, insbesondere unter psychischer Belastung die Waffe unvorsichtig oder leichtfertig zu verwenden.
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"Ich glaube, dass ein selbst ausfüllbarer Fragebogen an sich problematisch ist, weil jemand, der einen Waffenführerschein haben möchte, wird realistisch einschätzen können, bei welchen Fragen man sich sozial angepasst verhalten muss", sagt Jutta Leth, Fachärztin für Psychiatrie gegenüber Ö1. Dieses Verfahren erinnere auch ein wenig an die Einreiseformulare in die USA, bei denen man gefragt wird, ob man vor hat dort einen Anschlag zu verüben oder nicht. "Wie man gesehen hat, ist dieser Test nicht valide genug gewesen, um dieses Gefahrenpotenzial realistisch einzuschätzen", so Leth.
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