US-Botschafter Martin Weiss
Warum Joe Biden Österreich gut tun wird

Botschafter in den USA, Martin Weiss, über die Auswirkungen des Wahlsiegs von Joe Biden über Donald Trump auf Österreich. | Foto: Austrian Foreign Ministry, Photo by Mahmoud Ashraf
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  • Botschafter in den USA, Martin Weiss, über die Auswirkungen des Wahlsiegs von Joe Biden über Donald Trump auf Österreich.
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Nach dem Wahlsieg des Demokraten Joe Biden über den bisherigen Amtsinhaber und Konservativen Donald Trump haben die Regionalmedien Austria (RMA) beim österreichischen Botschafter in Washington, Martin Weiss, nachgefragt, welche Auswirkungen der politische Richtungswandel nach den US-Wahlen für Österreich haben könnte.

ÖSTERREICH. Martin Weiss (58), seit November 2019 österreichischer Botschafter in den USA, war von 2012 bis 2015 Leiter der Presse- und Informationsabteilung und Sprecher des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres, danach vier Jahre lang österreichischer Botschafter in Israel.  

RMA: Für Österreich ist die USA zweitwichtigster Exportpartner. Was könnte sich bei den Handelsbeziehungen zwischen Österreich und den USA jetzt ändern?
Martin Weiss: Prinzipiell bringt eine Entscheidung, wer ins Weiße Haus einzieht, Klarheit. Das ist für die Wirtschaft wichtig. Unsicherheiten sind immer schlecht. Viele Beobachter gehen davon aus, dass vor allem Handelsstreitigkeiten nun zurückgehen werden. Diese Konflikte waren in dieser Art auch nicht notwendig. Ein Joe Biden wird eher die Hand ausstrecken und sinnlose Streitigkeiten zurückfahren. Das hätte auch auf transatlantische Beziehungen positive Auswirkungen.

Betrifft das auch eine Beilegung der Streitereien rund um die von Österreich eingeführten Digitalsteuer, die vor allem auf US-Konzerne wie Google, Facebook, Amazon oder Apple abzielt?
Ich meine mehr das Thema Strafzölle oder Tarifstreitigkeiten, etwa bei Stahl und Aluminium. Aber auch der Streit rund um Airbus und Boeing. Wichtig wäre einen gemeinsamen Weg im Rahmen der OECD zu finden, damit nicht einzelne Staaten vorpreschen müssen. Es soll eine gemeinsame Lösung zwischen Europa und den USA geben. Damit es nicht heißt, wir besteuern eure Konzerne, aber nicht unsere eigenen. Man braucht eine einheitliche Lösung, wie mit Firmen umgegangen wird, die in einem fremden Land ihren Sitz haben, und dort Gewinne machen. Diese Streitigkeiten bei Stahl- und Aluminiumzöllen aber waren unnötige Reibungspunkte, wie die meisten Beobachter meinen.

Und bei der Digitalsteuer?
Da fragen sich viele Länder, wie sie damit umgehen. Hier wurde noch keine gute Lösung gefunden. Auch hier müsste eine gemeinsame Lösung mit Europa gefunden werden. 

Die USA haben ja gegen Österreich wegen der Digitalsteuer oder Online-Werbeabgabe, die mit 1.1.2020 eingeführt wurde, ein Verfahren eingeleitet. Wie ist das jetzt zu bewerten?
Diese Verfahren gehen einer eigenen Logik nach. Es geht oft auch um die Details, in dem Fall, wie die Digitalsteuer genau ausgerichtet ist. Diese Details sind in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich gestaltet. Die Gespräche dazu werden fortgesetzt. Da wird sich so schnell nichts ändern.

Vor allem seit grüner Regierungsbeteiligung ist Österreich das Thema Umweltschutz besonders wichtig. Gibt es Hoffnung, dass sich der Kurs der USA in Sachen Klimaschutz ändert?
Das ist sicher ein wichtiges Thema. Die USA sind erst vor wenigen Tagen endgültig aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten. Joe Biden hat jetzt ganz andere Töne eingeschlagen und bereits ganz deutlich angekündigt, das rückgängig zu machen. Joe Biden spricht von einem "Green New Deal". Das klingt sehr ähnlich, wie das, was Europa versucht. die EU-Kommission spricht ja auch von einem "Green Deal" für Europa. Da treffen wir uns gut. Das ist auch für Österreich positiv, denn in dem Bereich gibt es viele wirtschaftliche Interessen, aber auch wirtschaftliche Expertise.  Das könnte politisch und ökonomisch durchaus  zu einer Win-Win-Situation werden.

Welche politische Hoffnung könnte Österreich noch von einer Joe Biden-Administration erwarten?

Joe Biden als Außenpolitiker mit Jahrzehntelanger Erfahrung interessiert sich schon lange für den Westbalkan. Er kennt den Balkan sehr genau und auch die Politiker, die dort eine Rolle spielen. Diese Region ist auch für Österreich sehr wichtig. Wir wollen dort mehr Stabilität und einen Weg in Richtung Europa. Da ziehen wir mit einer Administration unter Joe Biden in dieselbe Richtung. Joe Biden ist außerdem Außenpolitiker mit Herz und Seele. Er will auf die Welt zugehen. Österreich ist ein internationaler Spieler, insofern, als in Österreich immer wieder internationale Verhandlungen stattgefunden haben, egal, ob Syrien-Gespräche oder die Iran-Talks, also die Abrüstungsverhandlungen mit dem Iran. Außenminister John Kerry hat sich bei diesen Iran-Gesprächen eine Woche lang im Stück in Österreich aufgehalten, eine historisch einmalige Situation. Für kleine und mittlere Staaten wie Österreich sind internationale Organisationen prinzipiell immer wichtig, weil man hier seine Stimme hören lassen kann. Und wenn eine amerikanische Administration wieder vermehrt auf internationale Organisationen, wie die UNO, die WTO oder die Weltgesundheitsorganisation zugeht, dann ist das für Österreich sehr gut. Insgesamt ist also ein Präsident, der so viel Wert auf Außenpolitik legt, sicher für Österreich positiv zu bewerten.

Österreich schickt Joe Biden Glückwünsche
Wiener Meinungsforscherin im Interview über die US-Wahl
Botschafter in den USA, Martin Weiss, über die Auswirkungen des Wahlsiegs von Joe Biden über Donald Trump auf Österreich. | Foto: Austrian Foreign Ministry, Photo by Mahmoud Ashraf
Joe Biden ist laut Martin Weiss ein guter Balkan-Kenner.  | Foto: Archiv

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