Seitenweise nicht zitiert
Weber sieht Plagiat bei Innenminister Karner
Plagiatsgutachter Stefan Weber stellte fest, dass Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) seitenweise ohne Angabe von Zitaten abgeschrieben habe. Es geht um seine Abschlussarbeit, die er 1995 im Studium der Betriebswirtschaftslehre an der WU Wien einreichte und sich der "Qual der Wahl" widmete. Der Innenminister präsentierte sich gelassen in Anbetracht diverser Prüfungen.
ÖSTERREICH. Die Arbeit handelte von der "Entscheidungsfindung bzw. Entscheidungsverhalten bei der Wahl der Speziellen Betriebswirtschaftslehren an der Wirtschaftsuniversität Wien". Weber ist sich sicher, dass der Niederösterreicher beinahe den gesamten Theorieteil abgeschrieben haben soll.
Ganze Textblöcke kopiert
Abgekupfert wurde von Alfred Kuß' "Information und Kaufentscheidung", denn es sei "nicht oder völlig unzureichend" zitiert, so das Gutachten des Medienwissenschafters. Auf den theoretischen Teil der Arbeit folgt eine Deskription von Studienfächern und eine empirische Befragung.
Weber sieht in der Abschlussarbeit mit den damals gültigen Zitierregeln ein Plagiat. Auf seinem Blog weist er auf etwaige plagiierte Stellen hin. Es sollen ganze Absätze von Kuß beinahe identisch im Wortlaut übernommen, aber nicht als Zitat ausgewiesen worden sein. Gegenüber dem "Standard" sagt Karner, dass die gesamte Arbeit "nach guter wissenschaftlicher Praxis und nach bestem Wissen und Gewissen verfasst" wurde. Nach "intensiver Recherchetätigkeit" erfolgte "das Konzipieren und Verfassen der Diplomarbeit nicht nur akribisch, sondern auch mit großem zeitlichen Aufwand". Er sei "entsprechend den geltenden wissenschaftlichen Standards und den technischen Möglichkeiten der damaligen Zeit" vorgegangen, so der ÖVP-Politiker. Bevorstehenden Prüfungen sehe er "mit großer Gelassenheit" entgegen.
Zahlreiche Zweifel an Originalität der Arbeit
Weber sieht starke Hinweise, dass auch die ersten 30 Seiten "Amalgam aus nicht oder nicht ausreichend zitierten Fremdtexten" seien. Für ihn stelle sich die Frage "was in dieser Arbeit überhaupt vom ehemaligen Diplomanden stammt – bis auf die Textseite 1, die durch eine Spezialität in der Interpunktion auffällt: viermal ein Leerzeichen vor einem Fragezeichen".
Bereits in der Vergangenheit konfrontierte der als "Plagiatsjäger" bekannte Weber zahlreiche Politikerinnen und Politiker mit unzureichend wissenschaftlicher Arbeitsweise. Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) trat in Folge dessen sogar zurück von ihrem Amt. Zuletzt geriet Bundespolizeidirektor Michael Takacs ins Visier des Medienwissenschafters. Nach zahlreichen Plagiatsvorwürfen kündigte er an, seine Arbeit "überprüfen" zu wollen.
Das könnte dich auch interessieren:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.