Bundespräsident Van der Bellen
Wir können´s ja nur gemeinsam meistern!

Foto: Carina Karlovits/HBF
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Bundespräsident Alexander Van der Bellen rund um den Nationalfeiertag über die Einigung der österreichischen Gesellschaft, über das, was Österreich groß macht, und seine Sorgen hinsichtlich Umwelt.

ÖSTERREICH. Gegenüber den RegionalMedien Austria appelliert der Bundespräsident an alle Österreicherinnen und Österreicher, miteinander zu reden, einander zuzuhören, anstatt aufs "Recht haben" zu beharren. Was Alexander Van der Bellen sonst noch rund um den Nationalfeiertag den Österreicherinnen und Österreichern zu sagen hat, liest du hier.

RegionalMedien Austria: Herr Bundespräsident, auf was können wir Österreicherinnen und Österreicher aktuell stolz sein?
Alexander Van der Bellen: Wir können auf so Vieles in Österreich stolz sein, aber eines macht uns besonders aus: Wir können uns, wie man so schön sagt z’sammreden. Oder anders gesagt „Durchs Reden kommen die Leut z’samm“.
Die Fähigkeit zum Kompromiss, das Finden gemeinsamer Lösungen, das ist schon ein österreichisches Erfolgsrezept. Und auf das sollten wir uns gerade jetzt besinnen, in einer Zeit, in der wir eine besorgniserregende Spaltung unserer Gesellschaft bemerken.

Was hat Österreich in der Vergangenheit groß gemacht?
Da gibt es Vieles, aber blicken wir doch lieber in die Zukunft! Was soll uns denn in Zukunft groß machen? Worauf werden unsere Kinder stolz sein können? Österreich als Vorbild in Sachen Klimaschutz? Als lebendige Demokratie? Als Gastland von internationalen Organisationen? Wie wollen wir als Land sein? Wie wollen wir gesehen werden? Was soll uns ausmachen? Ich bin dafür, dass wir uns auf diese Fragen der Zukunft konzentrieren, anstatt nur in die Vergangenheit zu schauen.

Auf welche größten Herausforderungen müssen wir uns für die Zukunft vorbereiten?
Im Moment schauen wir tief betroffen und in Sorge auf Israel und den Nahen Osten. Die Bilder, die uns seit dem 7. Oktober von dort erreichen, sind einfach nur erschütternd. Wir als internationale Staatengemeinschaft müssen jetzt alles Erdenkliche tun, um einen Flächenbrand in der Region zu vermeiden.
Und dann ist natürlich der Klimanotstand die große Herausforderung unserer Zeit. Wir haben weltweit gerade den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt. Wir sehen, welche Auswirkungen die Erderhitzung auch in Österreich und bei unseren direkten Nachbarn hat. Die Wetterextreme nehmen rasant zu. Wir müssen handeln, und zwar rasch. Und da müssen wir alle, quer durch die politischen Gruppierungen, anpacken und gemeinsam an einem Strang ziehen.

Und welche Chancen sehen Sie dabei?
Wir können beim Kampf gegen die Klimakrise so viel gewinnen. Unsere Städte werden grüner und damit auch kühler werden, die Luft wird besser werden, weil sie weniger durch Feinstaub belastet ist. Wenn wir durch Wälder gehen, blicken wir auf eine bunte Artenvielfalt, weil wir das große Aussterben bekämpft haben. Nicht zuletzt bringt die so genannte Green Economy mit all den möglichen Zukunftstechnologien auch Chancen für die heimische Wirtschaft. All das sollten wir uns immer vor Augen halten.

Sie kritisierten im Sommer bei einer Rede im Hinblick auf eine Spaltung unserer Gesellschaft, die Politik hätte die Ernsthaftigkeit aus den Augen verloren und nur die nächste Wahl im Blick. Was ist Ihrer Meinung nach zu tun, um die Gesellschaft wieder zu einen und welchen Beitrag sollen die Parteien, welchen die Gemeinden und welchen jede/r Einzelne dabei leisten?
Egal ob Partei, Gemeinde, Unternehmen oder Privatleben. Gewöhnen wir uns doch wieder an, einander zuzuhören. Mit aufrichtigem Wohlwollen und Interesse an der Meinung des Anderen zuhören. Den Anderen ausreden lassen. Und nicht voller Ungeduld schon im Kopf die Gegenrede vorbereiten. Denn es geht im Leben doch nicht ums „Recht haben“.
Versuchen wir doch, unsere Mitmenschen nicht ihrer Meinung oder Ansichten wegen zu verurteilen, zu verunglimpfen oder gar lächerlich zu machen. Weder persönlich noch auf den verschiedenen Plattformen der sozialen Medien.

In Ihrer Rede haben Sie bewusst nicht Bezug darauf genommen, was unsere Heimat so schön macht. Was macht unser Land schön?
Unter anderem auch die Menschen in unserem Land. Wenn es hart auf hart kommt, helfen wir doch im Grunde genommen zusammen, oder? Das haben wir schon so oft gesehen. Etwa auch im letzten Sommer, als es zu Überflutungen in vielen Teilen Österreichs gekommen ist. Wieviel freiwillige Hilfe und Nachbarschaftshilfe es da gab. Ich finde, wir haben da viel Grund zum Optimismus.

Sie haben von Lösungen gesprochen, die wir brauchen – im Hinblick auf Umwelt, Soziales, Bildung, Österreichs Platz in Europa. Wo ist unser Platz?
Österreich hat eine große Tradition als Verbinder, als Brückenbauer. Wien ist Heimat von vielen internationalen Organisationen, etwa der UNO. Diese verbindende Rolle kann Österreich auch innerhalb der Europäischen Union übernehmen.
Hinsichtlich des Kampfes gegen die Klimakrise sollte aus meiner Sicht unser Platz ganz vorne sein. Wir müssen mit den anderen Staaten gegen die drohende Klimakatastrophe ankämpfen. Das schulden wir vor allem den nachfolgenden Generationen.

Auf welchen Anlass konkret nehmen Sie Bezug, bzw. was bereitet Ihnen Sorgen, wenn Sie sagen, Österreich müsse die liberale Demokratie achten, sonst steuern wir auf eine Autokratie zu?
Es bereitet mir Sorgen, dass in der öffentlichen Diskussion zunehmend ausgegrenzt wird. „Wir gegen die Anderen“, diesen Eindruck habe ich immer öfter. Ganz ehrlich: Was soll uns das bringen? Bringt uns das voran? Verschafft es uns langfristig einen Vorteil, wenn wir immer den jeweils Anderen schlecht machen? Können wir so die vielen Herausforderungen, vor denen wir stehen, bewältigen? Nein. Wir können‘s nur gemeinsam meistern, alle zusammen.

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