Finanzstaatssekretärin Eibinger-Miedl
"Wir setzen auf Arbeit im Alter"

Barbara Eibinger-Miedl: Wir stellen den Gemeinden das Geld künftig unbürokratischer und einfacher in einer wirklich herausfordernden Situation zur Verfügung. | Foto: Martin Baumgartner
11Bilder
  • Barbara Eibinger-Miedl: Wir stellen den Gemeinden das Geld künftig unbürokratischer und einfacher in einer wirklich herausfordernden Situation zur Verfügung.
  • Foto: Martin Baumgartner
  • hochgeladen von Mag. Maria Jelenko-Benedikt

Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl, früher Finanz- und Wirtschaftslandesrätin in der Steiermark und Klubobfrau der steirischen ÖVP, im Gespräch mit MeinBezirk über Einsparungsmaßnahmen der Regierung.

ÖSTERREICH. Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl erklärt im Gespräch mit MeinBezirk unter anderem die neuen Rahmenbedingungen für das "Kommunale Investitionsprogramm" (KIP).

MeinBezirk: Die Bundesregierung wandelt rund 900 Mio. Euro an Investitionszuschüssen in direkte Finanzzuweisungen um und streicht die Eigenanteile, damit Gemeinden die Mittel flexibler einsetzen können – etwa für Kinderbetreuung oder erneuerbare Energien. Expert:innen kritisieren, dass dadurch wohlhabende Gemeinden an noch mehr Zuschüsse kommen können. Sind diese Bedenken gerechtfertigt?
Barbara Eibinger Miedl: Grundsätzlich geht es um das Kommunalinvestitionsprogramm, das es ja schon länger gibt. In diesem laufenden Programm ändern wir jetzt die Rahmenbedingungen, und zwar zugunsten der Gemeinden, weil wir gesehen haben, dass sich gerade viele kleinere Gemeinden die Kofinanzierung nicht leisten können. Das heißt, es zielt darauf ab, dass wir den Gemeinden das Geld künftig unbürokratischer und einfacher in einer wirklich herausfordernden Situation zur Verfügung stellen und gleichzeitig, und das ist der zweite positive Effekt, ist es auch eine Unterstützung für die regionale Wirtschaft, weil dadurch Investitionen ausgelöst werden und die Gemeinden gerade für die regionale Wirtschaft sehr gute Auftraggeber sind.

Aber bekommen größere Gemeinden damit nicht größere Chancen, zu noch mehr Zuschüssen zu kommen?

Ich würde die Gemeinden nicht auseinanderdividieren wollen, denn größere Gemeinden haben oft auch die Funktion eines zentralen Ortes und verfügen über Infrastruktur, die für kleinere Gemeinden nützlich sein kann. Es gibt einen genau ausgeklügelten Verteilungsschlüssel, der schon bei den vorherigen Programmen erstellt wurde. Insofern denke ich, dass es ein guter Schritt ist, dass man im bestehenden Programm den Zugang erleichtert.

Das KDZ merkt an, dass das zusätzliche Geld an den finanziellen Schwierigkeiten der Gemeinden wegen der laufenden Kosten wenig ändern werde, und fordert dagegen, sowie der Gemeindebund auch, eine Reform der Grundsteuer oder eine Abschaffung der Transferzahlungen der Gemeinden an die Länder, etwa für Krankenanstalten und Pflege. Also eine grundlegende Reform der Gemeindefinanzen. Realistische Forderungen?
Nach dem Doppelbudget und dieser ersten Hilfestellung mit dem KIP-Programm (Kommunalen Investitionsprogramm, Anm.) geht es nun darum, mit den Ländern und Gemeinden einen neuen Stabilitätspakt zu verhandeln und Reformen anzugehen. Und ja, erst wenn Reformen gemacht sind, wird man auch mittel- bis langfristig in den Gemeindehaushalten nachhaltige Erfolge erzielen können. Man muss aber auch festhalten, dass wir im Rahmen des Doppelbudgets auch einnahmenseitig etwas auf den Weg gebracht haben, das auch auf die Gemeinden durchschlägt. Allein aus unseren ersten Maßnahmen werden heuer voraussichtlich über 200 Millionen Euro an Ertragsanteilen und nächstes Jahr rund 600 Millionen Euro an die Länder und Gemeinden weitergegeben. Das hilft nachhaltig. Zur Grundsteuer: Da handeln Gemeinde- und Städtebund gerade einen Vorschlag aus, den das Finanzministerium prüfen wird. 

Barbara Eibinger-Miedl:  In manchen Bundesländern zahlen die Gemeinden beispielsweise bei den Krankenhäusern mit, in anderen gar nicht. Da vergleicht man manchmal Äpfel mit Birnen. | Foto: Martin Baumgartner
  • Barbara Eibinger-Miedl: In manchen Bundesländern zahlen die Gemeinden beispielsweise bei den Krankenhäusern mit, in anderen gar nicht. Da vergleicht man manchmal Äpfel mit Birnen.
  • Foto: Martin Baumgartner
  • hochgeladen von Mag. Maria Jelenko-Benedikt

Oberösterreich liegt mit einer Schuldenquote von 12,62 Prozent deutlich unter den anderen Bundesländern (50%). 2018 wurde dort eine gesetzliche Schuldenbremse eingeführt und in den letzten Krisenjahren zu einem Schuldendeckel weiterentwickelt. Landeshauptmann Stelzer regt an, diesen Weg auch für das Bundesbudget anzudenken. Was halten Sie davon?
Wir haben einen klaren Pfad aufgezeigt, den es einzuhalten gilt. Wir arbeiten jetzt am Stabilitätspakt und für weitere Instrumente und Maßnahmen bin ich sicherlich gesprächsbereit. Ich denke, dass wir uns gerade in dieser herausfordernden Zeit ohne Denkverbote der Sache nähern müssen, und in Oberösterreich funktioniert es sehr gut, also warum nicht auch eine Prüfung andenken? Auf der anderen Seite muss ich auch darauf hinweisen, man muss auch in den einzelnen Bundesländern analysieren, wie es dem Land und den Gemeinden geht. Das sind kommunizierende Gefäße. In manchen Bundesländern zahlen die Gemeinden beispielsweise bei den Krankenhäusern mit, in anderen gar nicht. Da vergleicht man manchmal Äpfel mit Birnen.

Sie haben es angesprochen: Am 5. Juni spricht das Finanzministerium mit Ländern und Gemeinden über die Zukunft des Stabilitätspaktes. Dazu fordert Stelzer genauso wie der Gemeindebund, dass ausreichend Gelder für die Daseinsvorsorge an Länder und Gemeinden übertragen werden, und dass mehr Investitionen in Österreichs Wettbewerbsfähigkeit und Zukunfts-Projekte fließen. Ist eine Umsetzung dieser Forderungen realistisch?

Unser Ansatz muss sein, dass wir zuerst das Budget konsolidieren, damit wir wieder Spielraum haben für Zukunftsinvestitionen. Und ich bin auch dafür, dass man Reformen in gewissen Bereichen auf den Weg bringt, wo ja auch die Ausgabendynamik enorm ist. Im Bildungs- und Energiebereich müssen wir sicher genauer hinschauen. Denn, da bin ich ganz beim Landeshauptmann, wir müssen uns für die nächsten Jahre in Österreich entsprechend gut aufstellen, was die Wettbewerbsfähigkeit und was Zukunftsinvestitionen betrifft.

Warum hält der Preisauftrieb in Österreich hartnäckig um die drei Prozent (April 3,1%), während die Teuerung im Euroraum nur noch 2,2 Prozent beträgt?
Wegen zwei Sondereffekten: Mit Jahresende 2024 sind im Energiebereich zwei Unterstützungsmaßnahmen ausgelaufen. Die Energiepreise haben angezogen, und das spüren wir. Der zweite Sondereffekt waren die Pauschalreisen. Würde man diese rausrechnen, wären wir bei 2,8 Prozent und nicht bei 3,1.

Das liegt aber immer noch über dem Durchschnitt…

Ja, aber wir haben auch unterschiedliche Prognosen vom WIFO und von der Nationalbank, wo wir sehen, dass sich die Inflation in den nächsten Jahren wieder Richtung zwei Prozent bewegen wird. Ich bin da guter Dinge.

Für die Wirtschaft sind die hohen Strompreise eine Zerreißprobe. Was unternimmt die Regierung, um die Betriebe zu stützen?
Das Wirtschaftsministerium arbeitet aktuell auf Hochtouren, um neue Energiegesetze auf den Weg zu bringen, etwa den Ausbau der Erneuerbaren durch schnellere Verfahren zu beschleunigen. Das langfristige Ziel muss aber sein, dass wir die Preise drücken. Daran wird gearbeitet.

Warum steht Österreich bei Ländern in Europa vergleichbarer Größenordnung schlechter dar, sowohl was die Anzahl der Gründungen von Start-ups betrifft als auch deren Finanzierung (business angels)?
Grundsätzlich haben wir ein sehr gutes Umfeld mit breiter Unterstützung im Bereich Unternehmensgründungen. Wo wir besser werden wollen, ist bei der Finanzierung von Start-ups etwa über einen neuen Fonds. 

Barbara Eibinger-Miedl: "Allein aus unseren ersten Maßnahmen werden heuer voraussichtlich über 200 Millionen Euro an Ertragsanteilen und nächstes Jahr rund 600 Millionen Euro an die Länder und Gemeinden weitergegeben. " | Foto: Martin Baumgartner
  • Barbara Eibinger-Miedl: "Allein aus unseren ersten Maßnahmen werden heuer voraussichtlich über 200 Millionen Euro an Ertragsanteilen und nächstes Jahr rund 600 Millionen Euro an die Länder und Gemeinden weitergegeben. "
  • Foto: Martin Baumgartner
  • hochgeladen von Mag. Maria Jelenko-Benedikt

Durch Kürzungen sollen die Ministerien heuer insgesamt 1,1 Milliarden Euro zum Sanierungspaket beitragen. Die Grünen sprechen von einem Marketing-Schmäh, weil z. B. das Bundeskanzleramt bei Förderungen für Integration und Volksgruppen statt bei Verwaltung oder Bürokratie spart. Ist das ein Marketing-Schmäh?
Also, das sehe ich ganz anders. Ich kann Ihnen sagen, es waren intensive Verhandlungen und jedes Ministerium hat sich wirklich anstrengen müssen, damit wir auf diese Gesamtsumme von 1,1 Milliarden an Einsparungen kommen, die 2026 noch ansteigen wird. Jeder Minister und jede Ministerin kann die Einzelmaßnahmen darlegen, wo wirklich eingespart wird.

Umweltschützer bedauern Kürzungen im Umweltschutz-Kapitel, den fehlenden Abbau umweltschädlicher Subventionen sowie die finanzielle Vernachlässigung des Naturschutzes. Wie wichtig ist Klimaschutz in Zeiten der budgetären Notlage?
Klimaschutz hat bei uns weiterhin eine hohe Priorität. Aber wir müssen hier treffsicherer unterstützen. Man hat hier in den letzten Jahren sehr viele Förderungen mit der Gießkanne vergeben. Beispielsweise die PV-Förderungen, wo der Mehrwertsteuersatz auf null war. Und wir müssen jetzt eine Bestandsaufnahme machen, was wir mit den bisherigen Förderungen bewirkt haben und wie wir das in Zukunft treffsicherer machen können. Dazu setzen wir auch eine Förder-Taskforce bei uns im Finanzministerium ein.

Wann wird die von der ÖVP ständig geforderte Senkung der Lohnnebenkosten kommen? Die Industrie kritisiert, dass zu wenig für die Wettbewerbsfähigkeit getan wurde…
Das ist im Regierungsübereinkommen unter Budgetvorbehalt geplant und für 2027 angedacht. Wir werden uns anstrengen, dass wir das einhalten.

Trotz vieler Maßnahmen bei den Ausgaben für die Pensionen klettern die Kosten 2026 weiter auf 34,1 Milliarden. Braucht es da nicht richtige Strukturreformen?
Das gesetzliche Frauenpensionsantrittsalter ist gerade im Steigen. Das wird uns helfen. Wir haben auch Verschärfungen bei der Korridorpension (Pension ab 63 statt 62 Jahren nach 42 statt 40 Versicherungsjahren, Anm.) und ein neues Instrument der Teilpension vorgenommen. Und wir werden generell auf Arbeiten im Alter setzen. Bis zum Sommer wollen wir einen sogenannten Nachhaltigkeitsmechanismus installieren und nach einer Bestandsaufnahme überlegen, wo man eventuell noch nachschärfen muss.

Finanziellen Spielraum für die öffentliche Hand sieht WIFO-Direktor Felbermeyer bei der Valorisierung der Mineralölsteuer und einer Pendlerpauschale sowie einer Dieselprivilegreform. Ist da noch Luft drin?

Wir haben jetzt einmal viele Maßnahmen innerhalb von zehn Wochen auf den Tisch gelegt und dieses Doppelbudget wirklich unter großen Anstrengungen verhandelt. Für mich ist klar, das war ein erster Schritt und wir haben in den nächsten viereinhalb Jahren noch sehr viel zu tun: Förderungen überprüfen, Reformen starten… . Das wird sicher ein Thema sein, wo man auch noch einmal hinschauen wird.

Auch interessant:

"Pensionssystem muss mehr auf Kapitalmärkte setzen"

Pensionen sind keine Sozialleistungen
Ende für Förderungen bei PV-Anlagen
So lebt es sich in Österreichs Gemeinden

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

W S T St K V B

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Foto des Tages einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.