Doppelt historische Abfahrt vor 40 Jahren
"Bleibende Erinnerung" an Anton Steiners spezielle Olympia-Bronzemedaille

Vor 40 Jahren holte Anton "Jimmy" Steiner in der Abfahrt Österreichs einzige Medaille bei den Olympischen Winterspielen in Sarajewo, heute ist auch im Pensionsalter noch unternehmerisch aktiv.  | Foto: Foto: privat
  • Vor 40 Jahren holte Anton "Jimmy" Steiner in der Abfahrt Österreichs einzige Medaille bei den Olympischen Winterspielen in Sarajewo, heute ist auch im Pensionsalter noch unternehmerisch aktiv.
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"Ich bin nach wie vor aktiv." Als Unternehmer für Leitschienenmontage ist Anton Steiner weiter im Einsatz, auch wenn er im September des Vorjahres 65 geworden ist und damit das Pensionsalter erreicht hat. Vor genau 40 Jahren, am 16. Februar 1984, hat der aus Prägraten stammende Osttiroler, der nun bereits seit Jahrzehnten in Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich daheim ist, Ski-Geschichte geschrieben. Bei den Olympischen Spielen in Sarajewo hat Anton Steiner, den sie "Jimmy" nannten, in der Abfahrt mit dem dritten Platz die einzige Medaille überhaupt bei den Winterspielen 1984 geholt. Deswegen ist er wohl mehr Skibegeisterten im Gedächtnis als mancher Goldmedaillen-Gewinner bei erfolgreicheren Olympischen Spielen wie in Albertville 1992 oder Turin 2006. 

"Es ist eine bleibende Erinnerung", sagt auch Steiner, der früh am Vormittag gerade auf dem Sprung zu einem geschäftlichen Termin ist, sich aber noch Zeit für ein Gespräch nimmt. Kein Wunder, dass es eine bleibende Erinnerung ist: für die im Skisport seinerzeit erfolgsverwöhnten Österreicher ist die Ausbeute mit einer Bronzenen der Tiefpunkt in der Geschichte der Olympischen Spiele im Winter. Für Steiner ist es dagegen eine späte Genugtuung acht Jahre nach der Olympia-Abfahrt 1976, bei der er als blutjunger 17jähriger beim Zielsprung auf dem Patscherkofel an einer sensationellen Medaille vorbeigestürzt ist. Die Olympia-Abfahrt 1984 in Sarajewo ist auch aus einem zweiten Grund historisch: Mit Bill Johnson holte überraschend erstmals ein Amerikaner eine - noch dazu von ihm sogar angekündigte - Goldmedaille in dieser Disziplin. 

Dritter hinter Sensationsmann Johnson und Peter Müller

In Sarajewo ist die Abfahrtsstrecke auf der Bjelasnica an diesem 16. Februar 1984 nach einwöchiger wetterbedingter Verschiebung im oberen Teil nach dem Start in dicken Nebel gehüllt. Der hindert den Draufgänger "Jimmy" Steiner aber nicht daran, dass er mit der Startnummer 13 nach gut einer Minute die beste Zwischenzeit markiert. Auf dem unteren Teil der Strecke sind jedoch die guten Gleiter Bill Johnson und der Schweizer Medaillen-Sammler bei Großereignissen, Peter Müller, noch ein bisschen schneller, während Steiner bei einem Sprung einen Sturz nur mit Mühe vermeidet. Jedenfalls streckt Steiner nach der Zieldurchfahrt als Dritter beim Abschwingen beide Hände mit dem Victory-Zeichen nach oben.

Denn trotz seiner wenige Wochen vor den Olympischen Spielen völlig überraschenden Spitzenplatzierungen mit Startnummern jenseits der 50 - Platz 2 in Wengen und Platz 3 in Kitzbühel - musste der Bronze-Medaillengewinner vor der Olympia-Abfahrt 1984 in Sarajewo in die Qualifikation, bei der er sich nach Trainingsbestzeit nur um wenige Hundertstelsekunden gegen den regierenden Abfahrtsweltmeister von Schladming, Harti Weirather, durchsetzt. Erst daraufhin wird er von Trainer Karl Kahr als vierter Mann für die Abfahrt nominiert. Von einer solchen beinharten internen Konkurrenz im Abfahrtsteam kann der ÖSV jetzt, 40 Jahre später, nur träumen.

Nach vier Olympia-Teilnahmen erfolgt Umstieg in Firma

Nach der historischen Goldenen für Johnson und der Solo-Bronzemedaille für Steiner in Sarajewo geht es für die beiden Medaillengewinner aber ganz unterschiedlich weiter. Der stets spitzbübisch wirkende, aber bescheidene Osttiroler holt nach drei Weltcupsiegen in der Kombination, nach einer Kombi-Bronzemedaille in Schladming 1982 und zwei schweren Verletzungen in Gröden und später in Kitzbühel schließlich im Jahr 1986 noch zwei Abfahrtsweltcup-Siege - in Morzine in Frankreich sowie in Whistler Mountain in Kanada. Nach seinen immerhin vierten Olympischen Spielen 1988 in Calgary ist für Steiner schon mit 29 Jahren Schluss mit dem Skirennsport.

Er steigt praktisch nahtlos in Waidhofen an der Ybbs in die auf Leitschienenmontage spezialisierte Firma ein, die vom Gründer der Skihandelsschule, Franz Forster geführt wird. Weil er als Osttiroler auch am Wochenende im Internat bleibt, ist es zu dem über das Schulische hinausgehende unternehmerische Engagement Steiners bei seinem Förderer Forster gekommen. Außerdem gibt es intensive private Bande: Steiners Frau kommt aus Amstetten. 

Für Bill Johnson geht es hingegen bald fast ebenso schnell bergab wie seinerzeit bei der Abfahrt in Sarajewo, die ihm die Goldmedaille gebracht hat. Gebeutelt von privaten Schicksalsschlägen wie dem Tod seines Sohnes 1992 und einem unvernünftigen Comebackversuch 2001, der mit einem furchterregenden Sturz bei einem Abfahrtstrainings-Trainingslauf bei nationalen Skimeisterschaften endet, bringt ihn ein Schlaganfall 2010 in ein  Pflegeheim. Dort stirbt er 2016 mit nur 55 Jahren. 

"Irgendwer muss ja arbeiten"

Die Frage an Steiner, warum er auch im Pensionsalter noch in der Firma aktiv ist, beantwortet dieser mit einer ein bisschen kritischen Bestandsaufnahme seiner Generation zur Situation am Arbeitsmarkt in Österreich: "Irgendwer muss ja arbeiten."  Für ein bisschen Nostalgie und Treffen mit einstigen Kollegen im ÖSV-Team oder etwa den früheren deutschen Abfahrern Michael Veith und Sepp Ferstl nimmt sich der Sarajewo-Bronzemedaillengewinner freilich schon Zeit. Vorgesehen ist das auch für 2026, ein halbes Jahrhundert nach dem legendären Abfahrtsrennen in Innsbruck, Steiners ersten olympischen Spielen noch als Teenie.

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