Männerdomäne
Diese Frau prägte Gastronomie- und Nachtclubszene

In Österreich gibt es wenige Gastronomiebetriebe, die jahrzehntelang von einer Frau allein gestemmt werden – noch weniger gibt es Nachtclubs mit einem weiblichen Boss an der Spitze. Mit dem Aux Gazelles hat Wien seit nunmehr 21 Jahren eine Institution, die Gastro, Nachtclub und sogar Wellnesbetrieb in einem Haus vereint – und von einer Frau betrieben wird.

ÖSTERREICH. In den prachtvollen, marokkanischen Vasen prangen stets frische, duftende Blumengebinde. Das Restaurant ist auch mittags gut besucht – Linsensuppe und Lamm stehen auf der Mittagskarte. Und auch im Hamam herrscht schon am Vormittag reger Betrieb. Abends wird das Aux Gazelles mitten im Herzen Wiens dann zum Szene-Treffpunkt für Gäste aus aller Welt.

Christine Ruckendorfer empfängt ihre Gäste herzlich. Da und dort zupft sie an einem Tischtuch, ruft der Kellnerin ein paar Worte zu, ordnet die orientalischen Patschen, die in einer Vitrine ausgestellt sind. Die Gastronomin, die in ihrem früheren Leben Immobilienentwicklerin war, hat die Räumlichkeiten, in denen sie seit 21 Jahren ihre Gäste empfängt, ursprünglich für den Markt renoviert. Dann hat sie, erzählt sie immer noch verträumt, sich so in diese 1.400 Quadratmeter große Immobilie verliebt, dass sie sich entschlossen hat, sie selbst zu betreiben. Außerdem hätte sich damals ohnehin niemand über ein Projekt dieser Dimension drüber getraut, ergänzt die Wirtin.

Männerdomäne

Wie das am Anfang war? "Natürlich wahnsinnig schwierig, weil du hattest auch damals nur mit Männern zu tun, ganz egal, ob anfangs am Bau, im Management, im Hamam oder als Barkeeper." Ruckendorfer musste sich in dieser Männerwelt, die sie für Frauen konzipiert hat, durchsetzen. Und hat das auch geschafft. Wenn auch mit "wahnsinnigen Schwierigkeiten" verbunden.

Linsensuppe oder 1.000 Euro-Champagner

Wie das Publikum geprägt ist? Kommen mehr Frauen herein, oder ist es gemischt? Im Nachtclub, sagt Ruckendorfer, bleibt das Publikum ja immer relativ statisch, zwischen 20 und 30 Jahre,beim Hamam waren es immer ältere, zwischen 40- und 60-Jährige. Und im Restaurant ist es sehr durchmischt. Auch der Konsum variiert stark: "Ich möchte, dass jemand um 5 Uhr eine Linsensuppe bekommt, und happy ist. Und der kann aber auch 1.000 Euro hier lassen, indem er den teuersten Champagner trinktund sich im Hamam verwöhnen lässt." Man köne in der Gastronomie nicht jeden Betrieb über den Kamm scheren, ist die erfahrene Gastronomin überzeugt.

"Wenn sich Kellner besser als die Gäste fühlen, habe ich ein Problem damit"

Nach Corona haben sich viele Leute umschulen lassen. "Da haben sich MitarbeiterInnen beworben, die noch nie wirklich Kellner oder Kellnerinnen waren, das waren einfach Zwischenstationen. Die müssen lernen, wie man am Gast arbeitet, dann auch eine gewisse Demut dem Job gegenüber haben. Aber wenn sich die Kellner und Kellnerinnen besser fühlen als die Gäste, habe ich halt ein Problem damit. Und das war immer ein Thema, mit dem ich schwer zu kämpfen hatte, weil für mich war Dienstleistung immer ein ganz wichtiger Faktor."
 

Selbstvertrauen als wichtige Eigenschaft

Was Ruckendorfer Frauen, die ihr eigenes Lokal aufsperren wollen mitgibt? "Man muss an sein Projekt glauben. Und sich bewusst die Frage stellen: 'Traue ich mir das zu, oder traue ich mir das nicht zu?' Und man muss sich gegen Männer durchsetzen." Für die Gastronomin war die Zusammenarbeit mit Frauen auf jeden Fall immer einfacher als mit Männern.

Neues Interieur steht für die Wintersaison bereit

Im Sommer hat Ruckendorfer das Lokal wieder einmal einem Facelifting unterzogen - Pastellfarben an den Wänden, das Restaurant im hinteren Bereich hat sie von Möbeln befreit – der lange Esstisch in der Mitte kommt jetzt reduziert besser zur Geltung. Ein kleiner Bazar voller kleiner, marokkanischer Gegenstände flankiert den Raum, der jetzt an ein gemütliches, großzügiges Wohnzimmer erinnert. Auch der Innenhof ist frisch begrünt – das gibt dem Raum einen zusätzlichen, charmanten Anstrich. Und der Raum im ersten Stock mit Blick auf die historische Rahlstiege ist neu dekoriert und wartet schon auf die ersten Weihnachtsfeiern.

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