Trotz Forderung
Sozialleistungen werden wohl nicht an Inflation angepasst

Das WIFO erhöhte seine Inflationsprognose für 2022 zuletzt von 5,8 auf 6,5 Prozent. | Foto: grafikplusfoto/fotolia
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  • Das WIFO erhöhte seine Inflationsprognose für 2022 zuletzt von 5,8 auf 6,5 Prozent.
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Während alles teurer wird, bleiben die Sozialleistungen auf vorinflationärem Niveau. Am Sonntag forderte daher Gabriel Felbermayr, Chef des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO), eine Anpassung von Familienbeihilfe, Arbeitslosengeld und Mindestsicherung an die steigenden Preise. Hilfsorganisationen befürworten den Vorschlag, vonseiten der Regierung zeigt man wenig Interesse. 

ÖSTERREICH. Nachdem das WIFO seine Inflationsprognose für 2022 zuletzt von 5,8 auf 6,5 Prozent erhöhte, sprach Felbermayr am Sonntag in der ORF-Pressestunde von einer "absolut" ernsten Lage. Es müsse nun "dringend" darüber nachgedacht werden, Sozialleistungen anzupassen, auch unterjährig, sonst sei das System "nicht haltbar", betonte der WIFO-Chef. Familienbeihilfe, Mindestsicherung und Pflegegeld sollten laut Felbermayr am besten indexiert werden, also automatisch und laufend an die Inflation angepasst werden.

Sollten Sozialleistungen laufend an die Inflation angepasst werden?

Sozialleistungen immer weniger Wert

Joel Tölgyes, Ökonom vom Momentum Institut, begrüßt eine solche automatische Wertanpassung am Montag im "Ö1-Mittagsjournal". Laut dem Wirtschaftsexperten hat die Familienbeihilfe seit dem Jahr 2000 etwa 30 Prozent an Wert verloren. Man kann sich mit dieser Sozialleistung heute also deutlich weniger leisten als noch vor 20 Jahren. "Wenn man die Teuerung ausgleichen wollen würde, dann müsste die Familienbeihilfe nun etwa 166 Euro für ein Kind unter drei Jahren betragen" – de facto liege sie aber bei 114 Euro, also 50 Euro unter dem veranschlagten Wert, rechnet der Ökonom vor. 

Pflegegeld müsste um 70 Euro steigen

Ähnlich verhält es sich beim seit 1993 bestehenden Pflegegeld. Seit 2020 wird es jährlich angepasst, wobei es sich an den Pensionen orientiert. Für heuer bedeutet das ein Plus von 1,8 Prozent. Gleichzeitig ergibt sich laut Tölgyes ein Wertverlust seit 2000 von rund 28 Prozent: "Auch beim Pflegegeld ist es so, dass hier die Erhöhungen zu gering waren, um die Teuerungen auszugleichen." Für ein dasselbe Kaufkraftniveau wie 2000, müsste das Pflegegeld auf 230 Euro ansteigen, erklärt der Experte – derzeit liege es bei 160 Euro.

WIFO-Chef Felbermayr forderte aufgrund der steigenden Preise eine Indexierung der Sozialleistungen – Pflegegeld, Familienbeihilfe und Co. sollen also laufend und stetig wertangepasst werden. | Foto: Christian Dubovan/Unsplash
  • WIFO-Chef Felbermayr forderte aufgrund der steigenden Preise eine Indexierung der Sozialleistungen – Pflegegeld, Familienbeihilfe und Co. sollen also laufend und stetig wertangepasst werden.
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Erst Anhebung, dann Indexierung

Auch das Arbeitslosengeld wurde in den letzten Jahren zwar immer wieder erhöht, allerdings unter der Inflationsrate und nicht automatisch. Für den Ökonomen wäre das aber nötig, um die Kaufkraft zu erhalten. Zunächst müssten die Sozialleistungen deutlich angehoben werden, "um den Kaufkraftverlust der letzten 20 Jahre auszugleichen". In einem nächsten Schritt sei eine Indexierung vorzunehmen, damit die Sozialleistungen künftig mit der Inflation mitwachsen, so Tölgyes.

Regierung plant keine Indexierung

Auf Ö1-Anfrage räumt Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) zwar ein, dass aufgrund der Preissteigerungen vor allem Menschen mit geringerem Einkommen entlastet werden müssten, meint aber auch: "Hier ist mit dem bisherigen Maßnahmenpaket der Bundesregierung schon viel erreicht worden. Aktuell liegen zahlreiche Vorschläge auf dem Tisch, wie man die Folgen der Teuerung abfedern könnte."

Nach einer raschen Indexierung klingt das nicht – vor allem nicht, zieht man die Stellungnahme von ÖVP-Klubobmann und Sozialsprecher August Wöginger hinzu. Auch dieser verweist auf bisherige Beschlüsse und geht auf den Vorschlag einer automatisierten Wertanpassung nicht weiter ein.

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