"Vertane Chance"
WIFO-Chef bedauert Platzen der Mietpreisbremse

WIFO-Chef Gabriel Felbermayr bedauert die vertane Chance für einen Ausstieg aus der hohen Inflation und befürchtet stattdessen eine zusätzliche Befeuerung. Von der Politik fordert der Ökonom einen dringenden "Regimewechsel" im Kampf gegen die Inflation. | Foto: WIFO/Alexander Mueller
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  • WIFO-Chef Gabriel Felbermayr bedauert die vertane Chance für einen Ausstieg aus der hohen Inflation und befürchtet stattdessen eine zusätzliche Befeuerung. Von der Politik fordert der Ökonom einen dringenden "Regimewechsel" im Kampf gegen die Inflation.
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Am Mittwoch scheiterte die von den Grünen forcierte Mietpreisbremse endgültig am Widerstand der ÖVP. Trotz wochenlanger Verhandlungen konnte sich die Regierungskoalition nicht einigen und verständigte sich stattdessen mit der Wohnkostenbeihilfe auf eine Kompromisslösung. Wie bereits berichtet, löste das heftige Kritik aus. Nun meldete sich auch WIFO-Chef Gabriel Felbermayr zu Wort. Er bedauert die vertane Chance für einen Ausstieg aus der hohen Inflation und befürchtet stattdessen eine zusätzliche Preisantrieb. Von der Politik fordert der Ökonom einen dringenden "Regimewechsel" im Kampf gegen die Inflation.

ÖSTERREICH. Statt auf eine Deckelung der anstehenden Mieterhöhungen verständigte sich die Bundesregierung auf eine 250 Millionen schwere Wohnkostenbeihilfe. Damit sollen "Haushalte im unteren Einkommensviertel" einen Zuschuss in Form einer Einmalzahlung bekommen, die Erhöhung der Richtwertmieten für 400.000 Menschen mit 1. April um 8,6 Prozent bleibt allerdings nicht aus – auch die Kategorie- und die freien Mieten werden in weitere Folge wieder deutlich anziehen. Damit müssen Vermieter und Vermieterinnen nicht auf Einnahmen verzichten, das war der ÖVP bis zuletzt ein besonderes Anliegen. Der Zuschuss selbst speist sich stattdessen aus Steuergeld.

Damit Vermieterinnen und Vermieter nicht auf Einkommen verzichten müssen, wird eine 250 Millionen schwere Beihilfe aus Steuergeld finanziert. | Foto: Walter G.
  • Damit Vermieterinnen und Vermieter nicht auf Einkommen verzichten müssen, wird eine 250 Millionen schwere Beihilfe aus Steuergeld finanziert.
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Aufschrei nach Aus für Preisbremse

Bereits am Mittwoch sorgte das definitive Aus der Mietpreisbremse für einen Aufschrei. Sowohl SPÖ und FPÖ als auch Gewerkschaft (ÖGB) und Arbeiterkammer (AK) waren erbost – AK-Präsidentin Renate Anderl sprach gar von einer "Riesensauerei". Auch der Chef des Österreichisches Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) bedauert das Platzen der Mietpreisbremse. Auf Twitter schrieb Felbermayr am Mittwoch:

"Ich dachte, mittlerweile wäre verstanden, dass immer neue Cash-Transfers zwar soziale Härten abfedern können, aber die Inflation nicht dämpfen, sondern sogar befeuern. Wir brauchen dringend den Ausstieg aus der Preisspirale. Die Mietpreisbremse wäre ein erster Einstieg gewesen."

"Vertane Chance"

Am Donnerstag führte Felbermayr im "Ö1-Morgenjournal" dann nochmals konkreter aus, weshalb er das Aus der Mietpreisbremse bedauert. Irgendwo müsse man bei dem Ausstieg aus der hohen Inflation anfangen, bei den Richtwertmieten wäre hierfür eine gute Chance gewesen, erklärte der Ökonom und plädiert für ein dringendes Gegensteuern gegen die Inflation. "Sonst droht uns am Ende auch aus der Krise heraus ein Verlust der preislichen Wettbewerbsfähigkeit. Es steht sehr viel auf dem Spiel", so Felbermayr.

"Inflationsbekämpfung muss Priorität werden"

In den Anfangsphasen der Inflationsentwicklung, sei es richtig gewesen mit Einmalzahlungen zu arbeiten und nicht zu stark in die Preisentwicklung der Energiemärkte einzugreifen. Dabei ging es laut dem WIFO-Chef darum, dass die Preissignale bei den Menschen ankommen und Anreize zum Energiesparen bestehen bleiben. Das habe auch funktioniert, Gas sei auch tatsächlich eingespart worden. 

Bei den Mieten gehe es nun allerdings nicht mehr darum, Preissignale zu erhalten. Es gehe vielmehr um Stabilitätspolitik – "darum, dass wir diese Inflation nicht von einem Jahr ins nächste weiterschleppen. Das muss jetzt zu einer politischen Priorität werden", so Felbermayr.

"Erneute Gießkanne"

Zwar profitieren von der Wohnkostenbeihilfe nun mehr Menschen – eine Mietpreisbremse hätte zunächst einmal "nur" 400.000 Mieterinnen und Mietern mit Richtwertmieten betroffen –, allerdings sei auch hier wieder die "Gießkanne" im Spiel. Denn der Zuschuss werde auch an die ausgezahlt, die gar keine höheren Mieten zu bestreiten hätten – "die zwar geringe Einkommen haben, aber beispielsweise im Eigenheim wohnen, wo möglicherweise alles schon abbezahlt ist", erklärte der Experte.

Die Maßnahme folgt erneut dem Gießkannenprinzip, weil auch Menschen eine Beihilfe bekommen, die eventuell gar keine steigenden Mieten zu tragen haben oder womöglich gar nicht zur Miete wohnen.  | Foto: Pixabay
  • Die Maßnahme folgt erneut dem Gießkannenprinzip, weil auch Menschen eine Beihilfe bekommen, die eventuell gar keine steigenden Mieten zu tragen haben oder womöglich gar nicht zur Miete wohnen.
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"Treiben die Inflation nach oben"

Ganz zentral sei für ihn zudem: "Die 250 Millionen Euro, die jetzt hier ausgegeben werden, die hat der Staat nicht. Die müssen also auf den Kapitalmärkten aufgenommen werden. Und wenn man neues Geld von den Märkten holt und in die Wirtschaft bringt, wirkt das sicher nicht inflationsdämpfend." Stattdessen werde damit mehr Geld der Nachfrage zugeführt, was die Preise am Ende wiederum nach oben treibt, so Felbermayr.

Abschließend fordert der WIFO-Chef einen "Regimewechsel" von der Politik. "Wir müssen stärker makroökonomisch nachdenken: Wie bekommen wir die Inflation wieder herunter?" Es sei ein Problem für ein Land, wenn es dauerhaft zweistellige Inflationsraten hat. Zum Erreichen des eigentlichen Zwei-Prozent-Zieles dürften weder die Preise der Mieten noch andere Güter stärker als zwei Prozent steigen. "Wenn sie das doch tun, ist dieses Inflationsziel weg und die negativen Konsequenzen machen uns zu schaffen", so Felbermayr abschließend. 

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WIFO-Chef Gabriel Felbermayr bedauert die vertane Chance für einen Ausstieg aus der hohen Inflation und befürchtet stattdessen eine zusätzliche Befeuerung. Von der Politik fordert der Ökonom einen dringenden "Regimewechsel" im Kampf gegen die Inflation. | Foto: WIFO/Alexander Mueller
Die Maßnahme folgt erneut dem Gießkannenprinzip, weil auch Menschen eine Beihilfe bekommen, die eventuell gar keine steigenden Mieten zu tragen haben oder womöglich gar nicht zur Miete wohnen.  | Foto: Pixabay
Damit Vermieterinnen und Vermieter nicht auf Einkommen verzichten müssen, wird eine 250 Millionen schwere Beihilfe aus Steuergeld finanziert. | Foto: Walter G.
Statt einer Mietpreisbremse hat die Regierung am Mittwoch eine "Wohnkostenhilfe" in Form einer Einmalzahlung präsentiert. | Foto: sergio monti (YAYMicro)/panthermedia.net
Den Koalitionspartnern sei es wichtig gewesen, eine "zielgerichtete und sozial gerechte" Hilfe einzuführen, so ÖVP-Klubobmann August Wöginger (links am Bild). | Foto: Screenshot

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