Den „Untaten“ von vier gängigen Sagengestalten unermüdlich auf der Spur:...

Peter Stelzl ist wieder in die Sagenwelt abgetaucht, seiner Leserschaft freut es offensichtlich sehr. Das Buch enthält Sagen aus alten Beständen und neue Geschichten.
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  • Peter Stelzl ist wieder in die Sagenwelt abgetaucht, seiner Leserschaft freut es offensichtlich sehr. Das Buch enthält Sagen aus alten Beständen und neue Geschichten.
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Lahnwaberl, Hobergoaß, Schratl und Wilde Jagd

Nachdem Peter Stelzl aus Arnfels zuletzt genau darauf geachtet hat, „wia den Steirerinnen und Steirern der Schnobl gwochsn is“, hat er sich in seinem Erstlingswerk im neuen Jahr ganz auf sein Kerngebiet konzentriert und ist in die Sagenwelt „abgetaucht“. Meisterhafte Zeichnungen von Franz Schwarz beleben das Buch, das von Simadruck in Deutschlandsberg hergestellt wurde. Stelzl beschäftigt sich – mit Zugang zu verschiedenen Archiven – seit 40 Jahren mit steirischen Sagen und Volksbräuchen.

(jf). Vom Lahnwaberl bis zur Hobergoaß, vom Schratl bis zur Wilden Jagd hat Stelzl die wichtigsten Sagengestalten der Süd- und Weststeiermark in (s)einem Werk vereinigt. Klassiker aus diversen Arbeiten von 20 Jahren haben dabei ebenso Einzug in das über 70 Seiten starke Buch gefunden wie neue Geschichten, „die dazu gekommen sind.“ Der Sammler und Autor lässt mit dem vorliegenden Werk keinen Zweifel daran, „dass die Südweststeiermark zu den sagenreichsten Regionen zählt.“
Und so liest man im soeben erschienenen Buch etwa vom Oberhaager Schatzsucher, von der Lahnwaberl-Watsch’n und vom immerweißen Hemd. Man erfährt jedoch auch wie das Lahnwaberl zum Lebensretter wurde, wie es einen Bauern bestrafte, wie ein Kohlenstück zu Gold wurde, wie der Schratl einen Bauern narrte oder wie der Kürbislotter ins Weststeirische kam. Letzteres soll sich folgendermaßen abgespielt haben: Das „Ölmachen gehen“ war für die Kürbisbauern der Lohn für ihre Arbeit. Einst brachte ein Bauern aus Rassach seine Kürbiskerne in Säcken zu einer Ölmühle. Dort mussten die Kerne über Nacht noch einmal so richtig nachtrocknen. Am nächsten Tag bemerkte der Mann, dass viele Kerne fehlten. Auch der Ölmühler war ratlos. „Das ist in letzter Zeit schon öfter passiert, obwohl die Mühle gut versperrt ist“, schüttelte er verständnislos den Kopf. In der folgenden Nacht legten sich die beiden Männer auf die Lauer. Um Mitternacht fuhr innen der Schrecken in die Glieder, als eine weiße Frau zur Tür herein kam, an den Kürbiskernen knabberte und mit einem ganzen Sack davon wieder verschwand. Es war das Lahnwaberl! Tags darauf gingen der Bauern und der Ölmühler zum Herrn Pfarrer nach Stainz um Rat. „Schnitzt in einen Kürbis ein wildes Gesicht, stellt eine Kerze hinein, und mit diesem Kürbislotter vertreibt ihr bestimmt diesen Geist“, empfahl er. Die Männer beherzigten seinen Tipp und schnitzten gleich in mehrere ausgehöhlte Kürbisse furchterregende Fratzen mit riesigen, spitzen Zählen. Als das Lahnwaberl wieder kam, erschrak es, flog rücklings durch ein Fenster und flüchtet in den Teich. Von da an wurde es bei dieser Ölmühle nicht mehr gesehen.

„Wenn man am Hexenwaldweg wohnt, ist man von Haus aus verpflichtet, sich mit sagenhaften Gestalten zu beschäftigen.“

Autor Peter Stelzl

Stelzl hat sich bereits als junger Lehrer eingehend mit altem Erzählgut befasst und es sich zur Aufgabe gemacht, dieses für die Nachwelt zu erhalten. In Zusammenarbeit mit Kurt Hemmer aus Leutschach ist nun das Sagenbuch „Lahnwaberl, Hobergoaß, Schratl und Wilde Jagd“ – hergestellt von Simadruck Deutschlandsberg – entstanden. „Diese Sammlung macht aufmerksam, wie ausdrucksstark unsere Vorfahren dabei waren, mit pädagogischen Hinweisen zu (be-)lehren“, so Peter Stelzl.
Der Künstler Franz Schwarz aus St. Johann im Saggautal hat dem Buch mit seinen gekonnten und einfühlsamen Illustrationen zusätzlich Strahlkraft verliehen. Stelzl wird wieder immer wieder in Schulen und Seniorenheime eingeladen, wo er das gedruckte Wort gerne erzählend weitergibt. Während die Jugend neugierig lauscht, regt sich bei den Älteren der Erinnerungswert. Nicht selten huscht bei der Feststellung „Das hat mir meine Mutter schon erzählt“ ein Lächeln übers Gesicht der betagten Zuhörer.
Stelzl ist zuversichtlich, dass Sagen auch in Zukunft Groß und Klein begeistern werden. Dem pflichtet Kurt Hemmer in seinem Vorwort bei: „Der Untergang der Sagen droht also nicht. Wenn auch Internet, Smartphone und Videospiels unsere jüngere und junggebliebene Generation faszinieren, so hat doch das geschriebene Wort seinen beständigen Wert. Die ‚Untaten’ von Lahnwaberl, Hobergoaß, Schratl und der Wilden Jagd werden also wohl auch in Zukunft ein gewisses Gruseln bei den interessierten Lesern verursachen dürfen.“
Sein neues Buch widmet Peter Stelzl allen Freunden der steirischen Sagenwelt, ganz besondere aber Anna Neumeister, Ricarda Resch, Christina Reinisch und Selina Ravnik, die – wie berichtet – das Thema Sagen sogar als Maturaprojekt in Angriff genommen haben. Für seine volkskulturelle Arbeit wurde Stelzl vom Land Steiermark und seiner Heimatgemeinde ausgezeichnet.
„Lahnwaberl, Hobergoaß, Schratl und Wilde Jagd“ ist im gutsortierten Buchhandel oder unter 03455/596 direkt beim Autor erhältlich.

Fotos: Josef Fürbass

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