12-Stunden-Tag: "Finger weg von der Freiwilligkeit"
Geht es nach den aktuellen Regierungsplänen, geht am Stundenzettel der österreichischen Arbeiter noch ein bisschen mehr. Und das sorgt im Moment für Diskussionsstoff.
Karl Schneeberger, Leiter der Abteilung für Arbeitnehmerschutz der Arbeiterkammer Steiermark, warnt im Gespräch mit der WOCHE vor einer Flexibilisierung der Arbeitszeitgesetze, die auf die leichte Schulter genommen werden.
Ausgleich verhandeln
Laut Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, arbeitet der Vollzeitangestellte in Österreich im Durchschnitt 41,4 Stunden pro Woche und liegt damit im Gesamt-Europavergleich auf Platz drei. Vor dem Hintergrund, die Wirtschaft anzukurbeln und die Work-Life-Balance umzustrukturieren, hat schon GUs Wirtschaftsbund-Bezirksgruppenobmann Michael Hohl im April gesagt (die WOCHE hat berichtet), dass ein bewegliches Arbeitszeitmodell sowohl der Wunsch von Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern ist.
Genau für Letztere aber, so Schneeberger, würden mit der Umsetzung der Regierungspläne unterm Strich mehr Vorteile herauskommen. "Wer als Arbeitnehmer glaubt, von Montag bis Donnerstag dann genug gearbeitet zu haben, um am Freitag seinen ‚Ausgleich‘ reinzuholen, der täuscht sich", sagt er. "Wer wann seine Freizeit genießen kann, diese Bestimmung geht vom Arbeitgeber aus. Wünsche kann der Arbeitgeber berücksichtigen, er muss es aber nicht" – und nicht erbrachte Pflichten können sogar ein Entlassungsgrund sein.
Ruhezeiten einhalten
Besonders heikel an den 12-Stunden-Tag-Plänen ist für den Arbeitsmarktexperten das Thema Ruhezeiten oder Arbeiten an Sonn- und Feiertagen. "Darunter können der Wert ‚Arbeit‘ und das Arbeitsverhältnis leiden." Auch Familienleben, Kinderbetreuung und die eigene Gesundheit dürfen nicht, so der Experte, bei der ganzen Diskussion untergehen. "Die Freiwilligkeit, die es jetzt gibt, fällt weg. Deshalb sage ich: Hände weg von der Freiwilligkeit. Wer traut sich auch schon, Nein zum Chef zu sagen?"
30 Prozent mehr
Bislang war eine freiwillige Überstundenleistung von 320 Überstunden jährlich zugelassen. "Das ist nichts Neues, das gibt es schon seit 20 Jahren. Damit das möglich ist, gibt es aber gewisse Regelungen und Vorgaben." Bedingungen dafür sind zum Beispiel wirtschaftliche Nachteile, die entstehen, wenn bei einem dringenden Auftrag mehr Arbeit anfällt, diese aber nicht geleistet wird.
"Kommen künftig mehr Stunden dazu, wird die Überstundenarbeit um rund 30 Prozent erhöht werden", so Schneeberger vor allem in Hinblick auf Überstundenpauschalvereinbarungen bei All-inclusive-Verträgen. Wenn es eine vertragliche Vereinbarung zur Abgeltung sämtlicher geleisteten Überstunden gibt, so könnten All-inclusive-Vertragsarbeiter das Nachsehen haben. "Die Arbeit wird nur anders verteilt, heißt es. Das kann so nicht stimmen."
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